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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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Anhänger!«
    »Jetzt lassen Sie den Quatsch, und verraten Sie mir, was hier los ist!«
    Von Rittenberg verharrte einen Augenblick und dachte nach.
    »Geduld ist eine sehr wichtige Sache im Leben«, sagte er schließlich belehrend und rieb sich bedächtig über sein glattrasiertes Kinn. »Wenn man lange genug wartet, kommen die Dinge von selbst zu einem ... ganz von selbst, ohne daß man ihnen vorher nachjagen mußte!«
    »Nun sagen Sie schon, was los ist! Sonst stehen wir hier bald im Wasser!« Er deutete auf Marie, die immer noch herzzerreißend schluchzte und den Strohsack mindestens schon zur Hälfte mit ihren Tränen gefüllt haben dürfte.
    »Ein Scherz! Köstlich!« Von Rittenberg stand stocksteif vor ihm, ohne irgendeine Regung im Gesicht. Dann ein plötzliches Zucken und ein helles, hysterisches Gekreische, das kein Ende nehmen wollte. Dieses kranke, gekünstelte Gelächter war nicht von dieser Welt.
    Der Kerl gehört in eine Anstalt!
    Zack! Plötzlich war alles vorbei. So, als hätte man einen Schalter umgelegt, so verstarb dieses Gekreische von einem Augenblick auf den anderen. »Aber bitte, lesen Sie selbst!« Er reichte Pierre eine Blattseite von seinem Schreibtisch, die Pistole im Anschlag.
    Da Marie immer noch traurig und es allmählich Zeit für ein paar Antworten war ... besah er sich das Schriftstück.
    »›Meine liebste Tochter!‹« Er sah auf.
    »Bitte, lesen Sie nur weiter!« Von Rittenberg ging langsam zu seinem Schreibtisch hinüber und setzte sich.
    »›Ich weiß nicht, ob Du diese Zeilen jemals lesen wirst, aber Deine Mutter bestand darauf, daß wir vor unserem Tode die Wahrheit niederschreiben sollten. Sie sitzt in diesem Augenblick neben mir und hält meine zitternde Hand.
    Meine liebe Marie, wir konnten es Dir einfach nicht sagen. Wir hätten dadurch nicht nur unser Leben den schlimmsten Stürmen ausgesetzt, sondern auch das Deinige. Die Welt hätte uns alle drei mit Verachtung gestraft. Den katholischen Pfarrer, seine Haushälterin und das Kind der Sünde! Es gab keinen anderen Ausweg für uns alle. Unsere gemeinsame Freundin Pauline hat Dich damals als ihr eigenes Kind angenommen. Für die Leute hier in Rennes war Deine Mutter auf einer langen Reise und kam erst nach vielen Monaten zurück zu mir ins Pfarrhaus. Ich habe nächtelang gemeinsam mit ihr geweint, weil Du nicht bei uns sein konntest. Erst als Du mit Pauline endlich nach Rennes gezogen bist, weil ich ihr die Pension auf der anderen Straßenseite gekauft habe, da warst Du schließlich in unserer Nähe. Und obwohl es uns unsagbar schwer gefallen ist, Dir die Wahrheit zu verheimlichen, so waren wir doch überglücklich, daß Du von nun an so dicht bei uns warst. Wir konnten jeden Tag zusehen, wie Du wächst. Vielleicht erinnerst Du Dich, daß Deine Mutter sooft in der Pension war, wie es ging. Sie wollte bei Dir sein. Wie oft hast Du bei uns am Brunnen im Garten des Pfarrhauses gespielt. Dazu gab es immer Limonade. Es hat uns das Herz gebrochen, wenn wir Dich so ansahen. Aber Du warst für uns unerreichbar weit entfernt. Meine liebe Tochter, wir haben große Schuld auf uns geladen. Wir hatten nicht den Mut, uns offen zu Dir, unserem geliebten Kind, zu bekennen. Möge uns der Herr unsere Feigheit vergeben! Aber viel wichtiger ist es uns – für unseren Seelenfrieden – Deine Mutter sitzt neben mir und kämpft mit ihren Tränen ... daß Du uns irgendwann verzeihen kannst.
    Für Deine Zukunft ist gesorgt. Pauline verwahrt in meinem Auftrag eine große Summe Geld für Dich. Wenn der Tag gekommen ist, wird sie Dir alles aushändigen. Da sie von Gesetzes wegen jetzt Deine Mutter ist, wollen wir ihr den Zeitpunkt überlassen, an dem sie Dir die Wahrheit über Dich erzählt. Wir wissen von ihr, daß es ihr unendlich schwerfällt, etwas so Wichtiges vor Dir zu verbergen. Aber sei ihr nicht böse. Wenn es sie nicht gegeben hätte ... ich wüßte nicht, was wir getan hätten.
    In diesem Brief findest Du mein Amulett. Das Gegenstück dazu trägst Du schon seit Deiner Kindheit um den Hals. Deine Mutter hat es Dir gegeben, es gehörte ihr. Und jetzt, da Du das meinige in Deinen Händen hältst, sind wir alle drei wieder vereint.
    Verzeih uns mein liebes Kind und denke nicht im Zorn an Deine Eltern zurück. Wir lieben Dich bis in alle Ewigkeit.‹«
    Pierre wischte sich mit dem Ärmel die Tränen ab.
    »Unterschrift: ›Bérenger Saunière‹ ... und hier steht noch etwas: ... ›In Liebe, Deine Mutter. ‹ «
    Stille. Nur das Weinen von

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