Seelenbrand (German Edition)
nicht für immer beim Ziegenbruder wohnen. Und außerdem ...« Pierre war schon fast vorbei, als er ihm noch schnell das riesige Loch in seiner Hose zeigte. »Ich hatte ja keine Ahnung, wie aufdringlich diese Viecher als Bettgenossen sein können!«
Pierre lachte und hob die Hand zum Gruß. »Wir sehen uns noch!« Wenn der Rolls-Royce um diese Zeit immer noch vor derSchenke stand, bedeutete das ja wohl nichts Gutes. Er hatte ja nichts dagegen, wenn sie hier jeden Hasen und Igel bekehrten, aber bitte ... so weit weg wie möglich. Er bog auf den Pfarrhof ab und kramte schon nach dem Schlüssel für die Tür des Pfarrhauses.
»He! Was machen Sie da?« Wenn man vom Teufel spricht, dann ...
Da stand doch dieser Rodrigues auf den Stufen vor seiner Tür. Auf seinen Zuruf hin zuckte der Widerling erschrocken zusammen. Was hängt denn da an der Tür? Dieser ekelige Kerl hatte wohl gerade erst seine Haare eingeölt und seinen Musketierbart in Form gebracht. »Da sind wir ja heute wieder richtig hübsch gewiegelt und gestriegelt!« höhnte Pierre, als ihm der Dominikaner mit funkelnden Augen entgegenkam. »Sie wollen uns doch nicht etwa schon verlassen? Aber nach der peinlichen Vorstellung gestern gegen diesen Flohboxer ... unsere liebe Hornisse ... könnte ich es ja verstehen!«
Rodrigues blieb wortlos vor ihm stehen und seine dunklen Augen sprühten Funken. Aber ... er sagte keinen Ton. Na gut, dann wollte Pierre noch schnell etwas nachlegen.
»Oh weh!« Mitleidig verzog er das Gesicht. »Was haben wir denn da für einen häßlichen Bluterguß am Kinn? Ich hätte Sie ja fast nicht erkannt ... mit dem Ding da ... es ist wirklich sehr entstellend ... und es ruiniert leider völlig Ihre Optik!«
So, das reicht! Gleich gab es bestimmt die erste Schlägerei in seinem Leben, die schon vor dem Frühstück anfiel. Aber wenn es so sein sollte ... dann bitte!
Rodrigues sah ihm mit seinem tollwütigen Blick tief in die Augen, während er ihm mit seinem Gesicht ganz nahe kam. »Wir rechnen später ab!« zischte er, als sich ihre Nasen fast berührten. »Aber vorher hab’ ich noch etwas Besseres zu tun!« Arrogant hob er seine Nase und schritt in Richtung Kirche davon.
Erstaunlich, daß dieser Kerl seine Giftzähne so einfach eingezogen hat. Dafür muß es doch einen guten Grund geben ...
Als dieser Dominikaner schließlich aus seinem Blickfeld verschwunden war, wandte er sich der Pfarrtür zu. »Ein Zettel?« Er nahm die beiden Stufen auf einmal. »Was ist denn das für eine Schweinerei?« Das Stück Papier war unübersehbar mit einem Messer von außen an die Tür gespießt worden. »Dieser verdammteRodrigues!« Er sah zur Kirche hinüber, aber die Giftnatter war weg.
Wütend riß er den Dolch aus dem Holz und drehte den Zettel. »Habe Ihre kleine Freundin! Um 12 Uhr am Friedhof! Ich will das Pergament!«
Er traute seinen Augen nicht. »Du verdammter Schweinehund!« entfuhr es ihm. Seine Fäuste ballten sich ... »Rodrigues, du Schwein!« schrie er quer über den Pfarrhof, während er zur Kirche hinüberjagte. Die Tür war verschlossen. Von diesem Dominikaner ... keine Spur. Unschlüssig und wutschnaubend sah er sich um. Wo steckt dieser Dreckskerl? Vielleicht am Friedhof ...
Er hastete an der Kirchenmauer entlang und bog hinter dem Gotteshaus zum Friedhof ab. Das bewachsene Tor stand offen. »Komm raus! Du feiges Schwein!« schrie er außer sich vor Wut, als er auf das umgepflügte Gräberfeld stürmte. Aber nirgendwo war diese Schlange in ihrer Mönchskutte auszumachen. Wieder und wieder blickte er sich schnaufend um. Er muß doch hier sein! Und Marie auch! Ich bring’ ihn um ... wenn er ihr etwas angetan hat!
Aber, so lange er auch dastand, dieser Hund ließ sich nicht blicken!
Hektisch zupfte er noch einmal den zusammengeknüllten Zettel auseinander. »Habe Ihre kleinen Freundin! Um 12 Uhr am Friedhof! Ich will das Pergament!« Nervös fischte er nach seiner Taschenuhr. Halb zwölf! Aber welches verdammte Pergament meint er? Nervös sah er sich um. Pergament ... Pergament ... Plötzlich durchzuckte es ihn wie ein Stromschlag. Er meint doch nicht etwa dieses Ding ... Irgendwo tief unten in seiner Hosentasche ... Da! ... hatte er doch noch dieses kleine Pergamentstück, das sie unten in der Außenwand des Sarkophags entdeckt hatten. Es war total zerknüllt. Kein Wunder, er hatte ja auch die ganze Nacht darauf gelegen. Ist denn dieses hebräische Gekritzel – er strich das Schriftstück auf seinem Oberschenkel so weit
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