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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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wie möglich wieder glatt – so wichtig, daß dieser Rodrigues dafür Marie entführt?
    »Geben Sie es mir!« sagte unvermittelt eine hohe Stimme hinter ihm.
    Pierre warf sich herum und wollte diesem Schweinehund ohne langes Palaver den Hals umdrehen, aber ... er blickte mit weit aufgerissenen Augen in den Lauf einer Waffe.
    »Sie?« stotterte er wie vom Schlag gerührt. »Aber, Sie sind doch ... aus der Pension von Madame Pauline ... Sie sind doch ...« Ihm fiel der verdammte Name nicht ein.
    »Gestatten ...«, der Schwarzgekleidete lüftete galant seinen großen, schwarzen Schlapphut, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen, »... von Rittenberg!«
    »Sie machen also mit diesem Schwein Rodrigues gemeinsame Sache!« Pierres Wutpegel stieg gefährlich an.
    »Das muß ein Mißverständnis sein!« Diese hohe Stimme war absolut ohne Gefühl, oder jede Regung. Sie klang monoton und war gänzlich ohne jeden Ausdruck. Genau wie der Blick aus seinen Augen, die sich hinter der kleinen silbernen Brille versteckten. Sein großer, spärlich behaarter Schädel und diese fahle, gräuliche Gesichtshaut ... er sah eher aus wie ein Maulwurf ... aber ein Maulwurf mit einer Pistole!
    »Was soll das?« Pierre deutete auf den Lauf der Waffe.
    »Das ist eine Mauser C96!« Mit einem eiskalten Lächeln deutete dieser bleiche Fremde auf das Ding. »Ein fürchterlich präzises Werkzeug.« Seine Zähne blitzten, aber der Klang seiner Stimme war immer noch monoton und teilnahmslos. »Bitte zwingen Sie mich nicht, davon Gebrauch zu machen. Das hätte für mich einen fürchterlichen Papierkrieg zur Folge.«
    Die widerliche Höflichkeit, die dieser von Rittenberg an den Tag legte, machte ihn rasend. Aber Pierre riß sich zusammen. Irgendwo muß diese Ratte Marie versteckt haben! Ich darf jetzt nichts Unüberlegtes tun!
    »Was diesen unhöflichen Dominikanerpater anbetrifft«, der Blick des Fahlen war teilnahmslos, und nur seine Lippen bewegten sich, um die Worte klanglos aus seinem viel zu großen Schädel entweichen zu lassen, »so versichere ich Ihnen, daß ich diesen Herrn nur aus dem Etablissement von Madame Pauline kenne.«
    Sollte ihn das etwa beruhigen? Tausend Gedanken zischten ihm gleichzeitig durch den Kopf ... denn die Karten in diesem undurchsichtigen Spiel waren gerade völlig neu gemischt worden ...
    »Das Pergament, bitte!« Das fahle Wesen in seinem schwarzen Anzug streckte den Arm aus.
    »Nicht bevor ich Marie gesehen habe!« Pierre stopfte das Pergament in die Hosentasche und verschränkte seine Arme vor der Brust.
    »Ich könnte Sie gleich hier erschießen und das Dokument an mich nehmen!« Die leblose Stimme des schwarzen Männleins hatte absolut nichts Bedrohliches oder Gewalttätiges.
    Irgendwie klang alles nach ... ja ... nach eiskalter Logik.
    »Sie würden mich am hellichten Tage über den Haufen schießen?« Pierre wußte, daß er hoch pokerte, aber was hatte er denn noch zu verlieren? Er mußte Marie wiederhaben ... egal wie. Das war alles, was jetzt zählte. »Der Schuß wird die Leute aufmerksam machen ... und dann wird es hier von Schaulustigen nur so wimmeln.«
    Schweigen.
    Aha! War das eine kleine Regung im Gesicht seines Gegenübers?
    »Sie haben recht!« Das graue Männlein hatte einen Augenblick gezögert. Seine Stimme klang immer noch leblos. »Ich hatte meine Arbeit hier in Rennes beinahe beendet. Hätten Sie Ihre Nase nicht in Dinge gesteckt, die Sie nichts angingen, stünden wir jetzt nicht vor dieser überaus lästigen Situation. Bitte ...«, er deutete mit dem Lauf der Waffe auf den Friedhof, »... begeben Sie sich zum Grab von Abbé Saunière. Den Weg dorthin kennen Sie ja.«
    Diesen höflichen Umgangston kann er sich sparen. Sobald ich die Pistole habe, werde ich ihm das Ding in den Rachen stecken ...
    »Vorsicht«, leblos wehten die Worte aus dem Mund der grauen Maus, »fallen Sie nicht in diese Gräber. Denn wenn Sie da unten lägen, dann müßte ich mir das Pergament mühevoll wieder herausholen.«
    Pierre schwieg und wartete ab, was passierte. Solange dieser Kerl das Ding da auf mich richtet, ist es wohl besser, artig zu sein ... Marie zuliebe. Als sie vor dem Grab des Alten und seiner Haushälterin standen, bemerkte er aus seinem Augenwinkel, wie jemand am Friedhofstor entlanghuschte. Der kleine schwarze Mann hatte nichts davon gesehen, weil er gerade sein Bein ausstreckte und mit dem Fuß gegen die Grabstelle von Saunières Haushälterin trat.
    »Sie waren nahe dran ... wirklich sehr nahe!«

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