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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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tippelte er – wie barfuß auf einem Nagelbrett – über die kleinen, scharfkantigen Steinchen zu diesem Durchbruch hinüber und steckte langsam seinen Kopf und die Laterne durch die schwarze Öffnung. Sofort wehte ihm ein kalter Hauch um die Nase. Er hatte sich also nicht getäuscht. »Was ist denn das?« Er wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und sah noch mal hin. Nein, es war keine Täuschung! Wie hypnotisiert vergaß er sofort jede Vorsicht und machte mit hoch erhobener Lampe einen großen Schritt durch die Wand.
    »Was um Himmels willen ist denn das?« Nach zwei weiteren Schritten vergaß er auch diese lausigen, aber gemeinen Steinchen, die ihn an seinen Fußsohlen folterten. Er stand in der Mitte eines kreisrunden Raumes, mit einem ebenen, glattgeschliffenen, kalten Fußboden. Langsam drehte er sich um seine eigene Achse, um im Lampenschein die gesamte Ausdehnung der Halle feststellen zu können.
    Vielleicht wollte er aber auch nur wissen, ob jemand in der Dunkelheit hinter ihm stand. Angst? Ja, natürlich hatte er Angst! Und wie! Aber das brauchte diese naseweise Person da oben ja wohl nicht zu wissen. Andere Leute lagen jetzt friedlich schlafend im Bett oder wärmten sich an einem schönen Cognac ... was machte er überhaupt hier unten? Er war doch nicht zu retten! Nur um sich vor dieser neugierigen Person keine Blöße zu geben, war er so bereitwillig in den Schacht gerutscht ...
    Verdammt! Was war das? Er zuckte zusammen. Eigentlich hatte er sich ja schon vor längerem vorgenommen, endlich mit dieser Flucherei aufzuhören ... aber dieses gottverdammte Nest war wohl genau der falsche Ort, um damit anzufangen. Der Herr würde es ihm bestimmt verzeihen ... denn er war ja schließlich überhaupt nur seinetwegen hier.
    Von irgendwo rieselten wieder Sand und Steinchen herunter. Instinktiv duckte er sich, ohne gesehen zu haben, woher die Geräusche überhaupt kamen. Das Rieseln wurde lauter und einige größere Steine schlugen irgendwo auf dem Höhlenboden auf. Aber wo? Er konnte einfach nichts sehen. Besorgt blickte er zur Decke der Halle hinauf. »Sie wird doch nicht ... hoffentlich bleibt sie oben! Mist!« Er mochte gar nicht weiterdenken. »Es ist doch wirklich wie verhext hier!«
    Plötzlich ein letzter, lauter Schlag und ein Schwall aus Sandund Steinen. Dann herrschte wieder absolute Stille. Ein leichter Luftzug schlängelte sich durch die Halle. Er mußte irgendwo aus den zahlreichen Gängen gekrochen gekommen sein, die in diesen seltsamen, runden Raum mündeten. Die vielen schwarzen Felsdurchgänge waren ihm sofort aufgefallen.
    Stimmen!
    Er hielt den Atem an und lauschte. Ja, kein Zweifel!
    »Verdammt! Verdammt!« Hastig dämpfte er das Licht seiner Lampe. Nicht auszudenken, wenn er jemandem erklären müßte, was er hier unten zu suchen hätte. Sein Bischof wäre bestimmt entzückt, wenn man ihm berichtete, daß der von ihm geschickte Priester maßgeblich daran beteiligt war, den Wahnsinn der Leute hier abermals zum Kochen zu bringen, anstatt sie mit seelsorgerischer Führung wieder auf den rechten Weg zu leiten – so wie man es ihm aufgetragen hatte.
    »Verdammt! Verdammt!« Die Schritte kamen näher und im Geiste malte er sich schon die entwürdigende Szene aus, in der sein Onkel und seine liebe Familie – mit langen Gesichtern – kopfschüttelnd den Bericht des Bischofs über ihn lasen.
    »Au! Aua! Autsch!« tönte es aus der Dunkelheit.
    Er saß wie die Ratte in der Falle und nur deshalb, weil er Marie einen Gefallen tun wollte.
    »Hallo! Wo sind Sie?« flüsterte eine Stimme.
    »Abbé?« rief jemand, jetzt deutlich lauter.
    Aber das ist doch ...
    Sofort drehte er die Lampe wieder hoch ... und da stand sie in der Tür, auf völlig durchnäßten Socken und ohne Schuhe. Verlegen wischte sie sich ihre verschmierten Hände an ihrer weißen Hose ab, die vom Abstieg durch den Schacht kaum noch etwas von ihrer ursprünglichen Farbe behalten hatte.
    »Marie! Wir hatten doch abgesprochen, daß Sie da oben warten und das Seil bewachen!«
    »Abgesprochen?« Entrüstet stemmte sie ihre Hände in die Seite. »Sie haben sich einfach die Lampe geschnappt und mich da oben sitzen lassen.« Sichtlich wütend zeigte sie immer wieder an die Decke. »Wissen Sie eigentlich, wie dunkel es da oben ist?«
    Entnervt ließ er seinen Kopf nach vorn sinken. »Also gut! Also gut! Wenn Sie schon mal hier sind ... und wie ich sehe, haben Sie das Schlammloch unter dem Seilende auch schon gefunden!« Erdeutete auf

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