Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
kalte Augen. Das stählerne Blau wirkte so kühl und hart wie Eisen. Die dichten, schwarzen Wimpern, die sie krönten, erinnerten nun an spitzige lange Nadeln, jeden Moment bereit, zuzustechen.
»Nein! Ich meinte definitiv nicht Felix«, stieß sie erbost hervor.
»Ah, und ich dachte, du hättest endlich sein wahres Ich erkannt.«
»Sein wahres Ich ist, dass er durchweg zuvorkommend und charmant ist. Im Gegensatz zu dir.«
»Sieh mal einer an, die kleine Raubkatze fährt ihre Krallen aus. Süß!« Aleksanders Stimme troff vor Ironie und Sarkasmus.
»Weißt du was Le Vrai? Leck mich! Wäre Felix nicht gewesen, läge ich wahrscheinlich immer noch irgendwo im Dickicht. Und für dich zählen gegebene Versprechen scheinbar genauso wenig wie gutes Benehmen.«
Aleksander wirkte plötzlich gar nicht mehr so überheblich. Unsicher sah er sie an.
»Wie meinst du das?«, fragte er hart.
»Na, wie war das gestern, mit dieser Ich-beschütz-dich-Nummer? Vorhin als ich dich gebraucht hätte, warst aber nicht du zur Stelle, sondern er.« Mia deutete auf Felix, der gerade mit einigen anderen Jungs ein Zelt aufbaute und ab und an zu ihr herüberschielte.
»Das wusste ich nicht, Mia. Es … es tut mir leid. Ehrlich.«
Und wäre Aleksander nicht Aleksander gewesen, sie hätte ihm durchaus geglaubt. Denn seine Worte hörten sich ehrlich und zerknirscht an. Aber er war eben, wer er war und darum war es um seine Glaubwürdigkeit nicht gerade gut bestellt.
»Vergiss es einfach«, zischte sie und ließ ihn stehen.
Sie kletterte ins Untergehölz um ihren Beitrag zum Allgemeinwohl zu leisten und machte sich somit auf die Suche nach Holz fürs abendliche Holzfeuer.
Zweige piksten in ihre Waden und streiften ihr Gesicht. Dutzende Mücken schwirrten im Dickicht umher, um ihren Hunger an menschlichem Blut zu stillen. Grimmig schlug Mia nach den verhassten Blutsaugern.
Bescheuertes Camp! Bescheuerte Wanderung! Bescheuerte Le Vrais!
In der Ferne erklang Donnergrollen.
Nein, nicht auch noch ein Gewitter. Bei allen Göttern, warum tut ihr mir das an!
Mia schnappte sich im Vorbeigehen einen letzten Stock und beeilte sich, zurück zum Lagerplatz zu kommen.
Bitte lass die Jungs die Zelte schon fertig aufgebaut haben.
Wem auch immer diese Bitte gegolten hatte, sie schien erhört worden zu sein.
Klar und deutlich hoben sich die knallroten Zelte vor dem dunkler werdenden Himmel ab. Wind kam auf und ließ die Baumwipfel rauschen. Ein Käuzchen schrie und ein gleißend heller Blitz zuckte am Himmel.
Alles in allem eine düstere Atmosphäre, der irgendwie etwas … Unechtes anhaftete.
Dr. Psycho trommelte seine Schäfchen zusammen und scharrte sie um das bereits lodernde Feuer. Mia warf ihre gesammelten Zweige neben die Feuerstelle und ließ sich auf einem Baumstumpf nieder. Es war kalt.
Sie mummelte sich tiefer in ihr Sweatshirt und überlegte gerade, ob sie sich die Mühe machen sollte, ihre Jacke aus dem Rucksack zu holen, als Felix neben sie trat. Er drückte ihr einen Ast mit aufgespießtem Würstchen in die Hand.
»Danke«, nuschelte Mia durch ihren Pullover.
»Kein Problem. Schließlich wurde ich zum Retter in allen Lebenslagen ernannt.«
»Und das nicht ohne Grund«, sagte Mia und biss herzhaft in das gegrillte Würstchen.
»Komm, lass uns näher ans Feuer ran. Der Wind ist ganz schön frisch.«
Doch am Feuer saßen, unschwer zu erkennen, die Zwillinge. Wunderschön und überirdisch wirkten sie im flackernden Schein. Das Feuer malte gelb-orange Ornamente in ihr tiefschwarzes Haar und spiegelte sich in ihren Augen. Nathan hielt Hanna in seinen Armen, die gerade spielerisch an seinem Kinn knabberte. Und Aleksander …
Mia schrak zusammen, als sie sah, wie sich auch an ihn ein Mädchen schmiegte. Bei genauerem Hinsehen entpuppte es sich als jene mit dem kurzem Bob, um die Felix heute Morgen noch lässig seinen Arm geschlungen hatte.
Ein Rachefeldzug, um ihm eins auszuwischen?
Das Mädchen kletterte auf Aleksanders Schoß und lehnte den Kopf an seine Brust. Normalerweise nichts Ungewöhnliches für ein Pärchen. Doch das Unheimliche an der Sache war, dass die beiden Le Vrais völlig abwesend wirkten. So als nähmen sie gar nicht war, was die beiden Mädchen da gerade mit ihnen anstellten. Beide hielten die Augen auf ein Ziel gerichtet und fixierten es, als hinge ihr Leben davon ab. Mia fröstelte. Das Ziel war sie!
Irgendwann hielt Mia diese mysteriöse Betrachtung nicht mehr aus. Sie
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