Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
sie auch. Sie rannte, als ginge es um ihr Dasein. Und wahrscheinlich tat es das sogar.
Mit fliegenden Schritten erreichte sie die Waldlichtung. Neugierige Blicke trafen sie. Doch Mia scherte sich nichts darum. In Windeseile überquerte sie den Platz und rannte den schmalen Waldweg entlang, den sie während des Aufstiegs benutzt hatten. Der Schweiß rann ihr von der Stirn und die Jeans klebte an ihren Beinen. Und bald musste sie ihr Tempo verlangsamen. Die vielen verzweigten Wurzeln und losen Steine erwiesen sich als potenzielle, äußerst tückische Stolperfallen.
Ich bin zu langsam. Ich bin viel zu langsam , schoss es Mia durch den Kopf.
Die Zwillinge werden mich bald eingeholt haben.
Gehetzt sah sie sich um. Es gab keine große Auswahl darin, was sie tun konnte.
Als sie hinter sich das feine Knacken von Ästen vernahm, handelte sie nur noch instinktiv. Kopflos rannte sie in den Wald hinein. Sie schlug sich durch Brombeerranken, Dornenzweige und Äste, bis sich schließlich die Bäume lichteten. Vor ihr erstreckte sich eine riesige Geröllhalde. Millionen loser Steine.
Ein falscher Tritt und es würde sich eine Art Dominoreaktion auslösen. Die Steine würden rutschen, sich zu einer gewaltigen Lawine manifestieren und sie unter sich begraben. Bis in alle Ewigkeit würde sie hier liegen. Eingeschlossen in einen steinernen Sarg. Unmöglich zu finden.
Ein kaltes, feuchtes Grab mitten im Wald.
Mia schüttelte sich vor Grauen. Doch welche Wahl blieb ihr schon. Nathan wollte sie töten, dessen war sie sich völlig sicher. Was Aleksander wollte, war ihr nach wie vor ein Rätsel, doch etwas Gutes führte auch er nicht im Schilde. Über das weiße Licht verbot sich Mia länger nachzudenken, denn dann müsste sie sich selbst eingestehen, am Rande eines Nervenkollaps, einhergehend mit starken Halluzinationen, zu stehen, ohne Aussicht auf baldige Heilung.
Krampfhaft versuchte Mia, ihre Angstzustände niederzukämpfen. Ohne Erfolg. Panisch suchten ihre Augen das Unterholz ab, bevor sie den ersten und vielleicht auch ihren letzten Schritt auf die Geröllhalde setzte. Zu ihrer Verwunderung fühlte sich der Untergrund relativ fest an. Mia schöpfte neue Hoffnung und machte sich vertrauensvoll an das schwierige Unterfangen. Tapfer setzte sie Fuß vor Fuß, dabei immer den Waldrand im Auge, der hoch über ihr aufragte. Mia schielte nach unten und atmete erleichtert auf. Noch etwa zwanzig Meter und der Teufelsritt war zu Ende. Vor Euphorie leichtsinnig geworden, setzte sie ihr Tritte rascher. Unüberlegter. Und genau das hatte verheerende Folgen. Die Steine gerieten unter ihren Füßen ins Rutschen. Mia fühlte sich wie auf einem Surfbrett. Sie versuchte das Gleichgewicht auf der steinernen Welle zu halten, doch die Steine waren durch den Regen der letzten Nacht glitschig wie Schneckenschleim. Mia rutschte aus. Sie fiel und wurde mit der steinernen Lawine talwärts gerissen. Sie schrie vor Entsetzten. Versuchte Halt zu finden. Doch da war nichts außer rollender Stein. Spitzen und Kanten bohrten sich schmerzhaft in ihre Haut. Kleinere Felsbröckchen kugelten über ihr Gesicht hinweg und hinterließen blutige Male. Sie schlug mit dem Kopf auf etwas Hartes. Ein dumpfer Schmerz. Warmes lief über ihre Schläfe. Dann schlug die Dunkelheit über ihr zusammen.
Verletzende Beschuldigungen
F lackernd öffneten sich Mias Lider. Im ersten Moment sah sie gar nichts. Erst nach und nach stellte sich die Sehschärfe wieder ein. Und die Umgebung wandelte sich von einem abstrakten grünen Kunstwerk in ein detailgetreues Aquarell.
»Ah«, stöhnte Mia und fasste sich an den Kopf. Ihre Finger glitten in etwas Klebriges. Blut … stellte sie fest, als sie ihre Hand betrachtete.
Keuchend stemmte sie sich hoch. Sofort stellte sich schwerer Schwindel ein. Mia fiel abrupt nach hinten. Doch, wie sie erstaunt feststellte, relativ weich.
Überrascht tasteten ihre Hände auf das, was da hinter ihr war und hielten inne.
Sie fühlte ganz deutlich einen menschlichen Körper. Es bedurfte keinerlei Mutmaßungen, wem dieser zuzuordnen war.
»Okay«, hauchte sie mit heiserer Stimme. »Du hast mich, dann bring es endlich hinter dich und töte mich.«
»Warum sollte ich dich umbringen, nachdem ich mir die Mühe gemacht habe, dir das Leben zu retten?«
Mia drehte den Kopf, was umgehend mit starken Kopfschmerzen bestraft wurde.
»Du?«
Erschöpft sackte sie zusammen.
»Ja ich.«
Aleksander lächelte.
»Wie bist du nur
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