Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
mündlichen Vertrages, den ich aus Gier nach Reichtum mit ihm geschlossen habe.«
Aleksander starrte mit steinerner Miene auf das schwebende Wesen vor ihm.
Grazil landete der Schutzengel vor Aleksander und stand nun genau vor ihm.
»Glaub mir, ich habe versucht, dieses Mädchen zu schützen. Doch ich war hin- und hergerissen in meiner Entscheidung.«
Sie griff nach Aleksanders Hand und nahm diese in die ihre.
Engel und Teufel, Seite an Seite.
»Erzähl mir alles«, sagte Aleksander und schaute seiner Mutter ins Gesicht.
Die grauen Farbkleckse verschwanden vom Himmel. Es versprach, ein heißer, sonniger Tag zu werden, denn kein Wölkchen trübte das azurfarbene Blau.
Ein verirrter Sonnenstrahl fiel auf die himmlische Erscheinung und verwandelte den Nebel um den Engel in fluoreszierendes, flüssiges Gold.
»Du bist schön, Aleksander. Genau wie dein Bruder. Und ihr seid groß geworden. Junge Männer, die für ihre Ziele kämpfen, genau, wie ich es mir immer für euch gewünscht habe.«
»Pfft«, Aleksander stieß verächtlich die Luft aus.
»Und hast du dir auch gewünscht, dass unser Zuhause die Hölle ist. Dass wir niemals erfahren, was es heißt, zu lieben, geschweige denn, geliebt zu werden.
Wolltest du, dass Rache, Selbstsucht, Hass und Intrigen unseren Alltag bestimmen?«
»Nein«, sagte Aleksanders Mutter. »Das wollte ich selbstverständlich nicht. Und ich verfluche mich jeden Tag aufs Neue dafür, was ich euch angetan habe.«
»Warum, Mutter, warum hast du für uns dieses Dasein gewählt?«
Der Engel senkte den Kopf.
»Ich war jung. Um genau zu sein, dreißig. Mein Leben war eine einzige Katastrophe. Ich nahm Drogen, trank Alkohol und wohnte in einem heruntergekommenen Altbau. Ich habe mich und mein Leben gehasst. Sogar verflucht. Meine einzige Befriedigung fand ich in den Drogenräuschen. Doch dies war nur ein vorgegaukelter Zustand kurzen Glücks. Und danach ging es mir meist noch schlechter.«
Der Engel machte eine kurze Pause, fuhr sich über die Lippen. Dann redete Sandrine weiter.
»Eines Tages trat ein charmanter, junger Mann in mein Leben und veränderte es auf wundersame Weise. Er lud mich zum Essen ein, kaufte mir schicke Kleidung und ein teures Auto. Ich kam mir vor wie in einem Traum. Und ehe ich mich versah, bewegte ich mich in den oberen Kreisen der Gesellschaft.«
Aleksander unterbrach seine Mutter. »Du hast dich kaufen lassen«, stellte er fest.
Sandrine nickte.
»Ja, doch eines Tages drohte er mir damit, diesem Leben ein Ende zu bereiten. Er offenbarte mir seine wahre Identität und erpresste mich. Für ein Leben in Luxus sollte ich ihm einen Sohn gebären. Die Menschen haben sich in den letzten Jahrhunderten verändert. Sie werden gieriger, rachsüchtiger und selbstsüchtiger in ihrem Streben nach Reichtum und Macht.«
Aleksander verzog das Gesicht.
»Dann haben die ja einiges gemein mit dir.«
Und hätten Engel erröten können, so hätte Aleksander schwören können, dass er es tat.
»Jedenfalls wollte dein Vater einen Gehilfen, denn er konnte der Überwachung des Limbus und den Bestrafungen und Foltern in der Hölle auf Dauer nicht mehr gerecht werden.«
Sandrine stockte kurz. Aleksander sah, dass es ihr schwerfiel, weiter zu sprechen. Doch er wollte die Wahrheit wissen. Hier und jetzt. Schon oft hatte er seine Herkunft und die seines Bruders hinterfragt, doch sein Vater blieb ihm die Antwort darauf jedes Mal schuldig.
»Ich bin, wie du dir denken kannst, auf den Deal eingegangen. Meine Angst davor, in mein altes Leben zurückkehren zu müssen, war übermächtig. Ich hatte keine andere Wahl als zu akzeptieren.«
»Nein«, brauste Aleksander auf. »Man hat immer eine Wahl, verstehst du.«
Aleksander zuckte kurz zusammen, denn genau diese Worte hatte ihm vor nicht allzu langer Zeit Mia an den Kopf geworfen.
»Vielleicht hast du recht, doch damals kam es mir nicht so vor.«
»Was ist dann passiert?«
»Ich wurde schwanger. Doch zu meinem Entsetzen und dem deines Vaters gebar ich ihm nicht einen Sohn, sondern zwei. Direkt nach meiner Niederkunft nahm er euch an sich und verschwand fluchend und Schwefel speiend auf Nimmerwiedersehen.«
Aleksander nickte. »Er wollte von Anfang an nur einen Sohn und darum stellt er uns jetzt diese Aufgabe.«
»So ist es, mein Sohn.«
Sie wollte ihre Hand auf die Wange ihres Kindes legen, doch er wich ihr aus.
»Wieso bist du gestorben? Hat dich jemand erledigt, weil du zu hoch gepokert
Weitere Kostenlose Bücher