Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
Augen. Tränen der Freude und des Glücks.
»Du und Nathan, ihr seid beide meine Kinder. Ich werde euch immer lieben, auch wenn ihr zwei völlig unterschiedliche Charaktere seid. Nathan ist seinem Vater sehr ähnlich. Sein Herz besiedeln Hass, Gier und Neid.
Dein Herz hingegen ist menschlich geblieben. Der Teufel konnte es in all den Jahren nicht versteinern. Doch ich bin eine Mutter und mein Herz gehört euch beiden zu gleichen Teilen. Ich kann niemandem von euch beiden schaden. Auch nicht deinem Bruder. Es tut mir leid, Aleksander. Ich kann das Mädchen nicht retten. Nathan will dich übertrumpfen und ich werde ihm dabei keine Steine in den Weg legen. Ihr müsst das alleine klären.«
»Nachdem ich nun das Gefühl wahrer Liebe erfahren durfte, wäre es für mich genauso schlimm, über den Limbus zu herrschen als ein Leben als Sklave zu führen. Doch Nathan wird Mias Seele nicht bekommen. Das Mädchen, das mein Herz erwärmt hat und durch das ich gefunden habe, nach was ich in all den Jahren gesucht habe, wird nicht verflucht werden. Niemals!«
Die letzten Worte schrie Aleksander voller Inbrunst und Schmerz.
»Dann geh, mein Kind. Mache nicht den gleichen Fehler, wie ich einst. Höre auf dein Herz. Es wird dich leiten!«
Sandrine drückte ihrem Sohn einen Kuss auf die Stirn und schwebte davon.
Aleksander fackelte nicht lange. Mit weitausholenden Schritten raste er davon, mit dem einen Ziel vor Augen. Den Eingang zur Hölle. Das Haus von Mias Eltern.
In der Unterwelt
Z iel- und trittsicher schritt Nathan mit seiner kostbaren Fracht durch den 10. Kreis, der Vorhölle. Er ging gemächlich. Denn Zeit spielte an diesem Ort keine Rolle. Sie war bedeutungslos. Überflüssig. Die Hölle ist ewig. Und in der Ewigkeit braucht es keine Hast, keine Eile und keine Grenzen.
Was du tust, das tust du und das nicht nur für die Dauer eines weltlichen Augenblicks. Hier währt ein Augenblick unendlich.
Als sie den Höllenfluss Acheron durchschritten hatten, die Grenze zum ersten Höllenkreis, blieb der Sohn des Teufels stehen.
Die lebende Last auf seinen Schultern begann sich langsam zu regen.
Stöhnend öffnete Mia die Augen und richtete sich auf.
Nathan ließ sie fallen.
Sie hob die Hand an die Schläfe. Eine dicke Beule in den Ausmaßen eines Hühnereis zierte ihren Kopf.
Sie schloss noch einmal die Augen, sammelte sich und versuchte den Schmerz zu verdrängen, der sich bis in die Windungen ihres Gehirns zog.
Langsam hob sie die Lider.
Grau. Alles grau und dämmrig. Steine. Überall riesige, pechschwarze Felsen. Mia sah sich um. Dies alles erinnerte sie an das Innere eines Vulkans. Nicht, dass sie so etwas schon einmal live gesehen hätte. Aber genauso stellte sie es sich vor. Und es herrschte Stille. Eine alles umfassende Ruhe.
Totenstille.
Und plötzlich traf Mia die Erinnerung mit voller Wucht.
Nathan, er will mich in die Unterwelt schaffen.
»Willkommen in meinem Zuhause, kleine Mia. Dies ist der erste Kreis der Hölle«, begrüßte sie Nathan und trat aus dem Dunkel.
»Dies ist meine Welt. Mach dich schon mal mit ihr vertraut. Du wirst sie nicht mehr verlassen. Und jetzt vorwärts. Wir haben noch einen langen Weg vor uns bis zu IHM.«
»Ddddu mmmeinst…«, begann sie stotternd, bebend vor Angst.
Nathan lachte. Doch es war eines jener Lachen, die einen frösteln ließen.
»Du darfst ihn ruhig beim Namen nennen, kleine Mia. Oder muss ich dir auf die Sprünge helfen?« Nathan lachte erneut boshaft.
»Ihr Menschen habt ihm viele Namen gegeben und jeden von ihnen trägt er mit Stolz. Da wäre Teufel, Luzifer, Höllenfürst, Beelzebub, Mephisto, Satan oder Diabolus. Um nur einige wenige zu nennen.«
Nathan trat näher.
»Welchen davon du dir aussuchst, um ihn beim Namen zu nennen, bleibt ganz alleine dir überlassen«, zischelte er schlangengleich in ihr Ohr.
Die Furcht brachte Mias Herz zum Rasen. Kalter Schweiß brach aus ihr heraus und durchnässte ihre Kleidung.
Wie in Trance lief sie neben Nathan her, der sie fest am Oberarm gepackt hielt. Ein abgehacktes Schnaufen drang an ihr Ohr und sie wunderte sich, woher es kam, bis ihr auffiel, dass es ihr eigener Atem war, der da von den Felswänden widerhallte.
Je weiter sie in das Schattenreich des Höllenfürsten eindrangen, desto dunkler wurde es. Doch nicht nur das änderte sich. Die Felslandschaft verdichtete sich und bald mussten sie über viele spitzige Steine klettern, die sich tief in Mias Schuhsohlen
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