Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Haller
Vom Netzwerk:
Tisch stand. Sie hoffte, ihr geschäftiges Tun würde ihren Onkel davon abhalten, ihr zum hundertsten Male seine Sicht der Dinge anzutragen. Himmel, wie Luzia diesen Vortrag hasste!
    »Zu jung bist du sicher nicht, allenfalls zu störrisch! Dabei solltest du dich freuen, einen wie Matthias zu haben.« Großer Gott, wenn er doch nur schweigen würde, dachte Luzia, während sie den Kohlkopf auf den Tisch warf und in die kleine Vorratskammer neben der Küche stürmte.
    »Jakob«, mischte sich Elisabeth mahnend ein, während sie den verbeulten Kessel auf den Haken über dem Feuer hängte.
»Ja, ja, ich meine es ja nur gut«, brummte Jakob.
    Diese Unterhaltung hatten sie schon oft geführt. Jakob ärgerte sich über Luzias Starrsinn. Die wenigsten Mädchen wurden gefragt, wen sie heiraten wollten.
    Obwohl Luzia in der Vorratskammer rumorte und mehr Lärm erzeugte, als nötig gewesen wäre, redete Jakob unbeirrt weiter: »Im Gegensatz zu manch anderem würde Matthias dich auf Händen tragen. Einen Besseren wirst du nicht finden.«
    »Ich weiß ja, dass du recht hast«, lenkte Luzia ein, während sie die Tür zur Kammer wieder schloss. Sie wusste, dass Jakob sonst keine Ruhe geben würde. »Aber einen Grobian würde ich ohnehin nicht nehmen. Und sicher auch keinen Dummen. Zudem habe ich noch so viel zu lernen, frag Pater Wendelin, wenn du mir nicht glaubst! Wie gerne würde ich einmal den Kanon der Medizin von Avicenna lesen. Oder die Physica sowie die Causae et curae , welche beide von der großartigen Hildegard von Bingen verfasst wurden«, schwärmte Luzia, während ihre Hände den Kohlkopf zerteilten.
    Jakob nickte. »Ich weiß, und ich wünsche es dir auch von ganzem Herzen, dass du Gelegenheit zum Studium dieser Bücher bekommst. Aber ich kann dir versichern, Matthias würde dir keinen Stein in den Weg legen.«
    »Wahrscheinlich nicht, aber Matthias ist eben fast wie ein großer Bruder für mich. Ich mag ihn – aber heiraten könnte ich ihn nicht«, entgegnete Luzia beharrlich. »Außerdem ist er einfach ein Kindskopf.«
    Elisabeth knuffte Jakob in die Seite. »Jetzt lass es gut sein! Wir wissen doch, wie Luzia über eine Heirat denkt, oder etwa nicht?«

    Jakob gab sich geschlagen und nickte. Der Gedanke, seine starrköpfige Nichte könnte einmal einen Mann heiraten, der sie schlug oder ihr gar noch Schlimmeres antat, erfüllte Jakob mit Grauen. Natürlich gab er Luzia recht: Matthias hatte immer irgendwelche Grillen im Kopf, aber bei ihm hätte sie es gut. Und seine Nichte war auch nicht ohne. Im Gegensatz zu ihr war ein Esel geradezu einsichtig. Und was war eigentlich so falsch daran, dass er ihr einen geeigneten Mann wünschte? Einen, der bereit sein würde, ihre stürmische Natur allenfalls ein wenig zu bändigen. Und es war doch wichtig, dass sie heiratete. Eine unverheiratete Frau besaß keinerlei Rechte und war völlig schutzlos. Sie durfte weder etwas kaufen, was über Lebensmittel oder Haushaltswaren hinausging, noch etwas anderes verkaufen. Was sollte denn aus Luzia werden, wenn er und Elisabeth eines Tages nicht mehr sein würden?
     
    Der Duft der Sommernacht war überwältigend. Süß und fruchtig brachte er die Kunde schwerer, reifer Sommerfrüchte. Jetzt bot die Natur alles im Überfluss und die Menschen schwelgten in dieser Fülle. Sie feierten den Sommer und mit ihm das Licht, das schon bald wieder sterben würde.
    Ein sanfter Wind streifte Luzias warme Haut. Nepomuk strich um ihre Röcke und tat seine Ungeduld mit einem lauten Maunzen kund.
    Mit wiegenden Schritten verließ Luzia die schmale Fischergasse und bog landeinwärts in die Schilfgasse ein. Hier standen die Häuser dicht an dicht. Am Ende der schmalen Gasse wohnte ihre Freundin Magdalena.
    Luzia war froh, sich für das leichte Kleid aus moosgrünem Flachs entschieden zu haben. Es bildete einen lebhaften Kontrast
zu ihrem feurigen Haar. Noch froher war sie allerdings über den glimpflichen Ausgang des Disputs mit ihrem Onkel. Luzia wusste, dass er sich im Grunde nur Sorgen um ihre Zukunft machte, aber trotzdem … Sie atmete seufzend aus.
    »Luzia, na endlich, ich dachte schon, die Schäferin hätte dich im letzten Augenblick doch noch gerufen.« Das war die Stimme von Magdalena, die vor dem Haus auf sie wartete.
    Luzia schüttelte den Kopf.
    »Als ich heute Morgen bei ihr war, sah es nicht danach aus, als habe es das Kleine sonderlich eilig.«
    Arm in Arm machten sie sich auf den Weg Richtung Seeufer. Die Freundinnen erreichten schon

Weitere Kostenlose Bücher