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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Gras rings um sie stand in Flammen, als Selene wieder zu Bewußtsein kam. Sie hustete krampfhaft. Ihre Augen tränten. Sie wollte ihr Gesicht zudecken, aber ihre Palla hatte es fortgeweht. Schwankend stand sie auf und sah sich benommen um.
    »Hilfe!« rief sie.
    Dann schaute sie auf. Die Venusstatue hoch über dem Portal drohte herabzustürzen.
    »Hilfe!« schrie Selene.
    Andreas hörte sie, als er über die Brücke kam. Er sah sie in dem Flammenring stehen und sah auch, direkt über ihr, das Standbild, das jeden Moment bersten würde.
    »Hilfe!« schrie Selene wieder.
    Andreas sah eine Toga, die sich an einem Busch verfangen hatte, von einem Flüchtenden zurückgelassen. Er packte sie, tauchte sie in einen Weiher und rannte mit dem nassen Tuch auf Selene zu. Er warf sich die Toga über den Kopf und stürzte sich in das Flammenmeer, packte Selene beim Arm, warf ihr das andere Ende des nassen Kleidungsstücks über den Kopf und die Schultern und riß sie mit sich.
    Im selben Moment stürzte krachend das Standbild der Venus herunter.
    An der Brücke riß Selene Andreas zurück. »Julius!« rief sie laut weinend. »Wir müssen Julius finden.«
    Andreas sah sich um. Alle Gebäude standen in Flammen. Die Insel war verloren.
    »Es hat keinen Sinn, Selene«, rief er. »Wir müssen uns selber retten.«
    Er faßte ihre Hand fester und zog sie hinter sich her auf die Brücke und ans Ufer hinüber.
     
    Sie liefen durch dunkle, rauchverhangene Straßen. Zu ihrer Linken erhoben sich in Qualmschleier gehüllt die gewaltigen Mauern des Circus Maximus, dessen Torbögen und Säulen im Feuerschein erglühten. Andreas hielt Selene, die mehrmals gestürzt war, fest um die Mitte, um sie zu stützen. Er wußte, daß die Soldaten, nachdem sie sein Haus leer vorgefunden hatten, nun auf der Insel und in der Stadt nach ihnen fahnden würden. Er konnte nur hoffen, daß sich ihre Suche zuerst auf die Ausfallstraßen konzentrieren würde.
    Sie gelangten zu einem kleinen Park, in dessen Mitte ein weißer Rundtempel stand – das Heiligtum des göttlichen Julius. Im Vorübereilen hörten sie das Bellen eines Hundes und drehten sich um.
    Fido, Pindars Hund, sprang aus dem Park. Und ihm folgte Pindar mit dem Kind im Arm.
    »Pindar!« rief Selene und rannte zu ihm. Schluchzend vor Erleichterung nahm sie Julius in die Arme und drückte ihn an sich, während Pindar erzählte, daß der Hund den Rauch des Feuers vor allen anderen gewittert und Alarm geschlagen hatte.
    Und über Pindars Schulter hing der Medizinkasten. Mit ihrem freien Arm umschlang Selene Pindars Hals und küßte seine tränennassen Wangen.
    »Kommt«, sagte Andreas. »Wir müssen uns beeilen.«
    Der Hafen war beinahe menschenleer, da alle flußaufwärts geeilt waren, um den großen Brand zu sehen. Die
Bellerophon
war zu Andreas’ Erleichterung noch da. Während sie in aller Eile an Bord gingen, brummte Naso unwirsch, er sei zu alt, um sich von einer verrückten Kaiserin in die Flucht schlagen zu lassen. Dann gab er Befehl, die Anker zu lichten.
    Selene und Paulina fielen sich in die Arme. Fido sprang über das Deck zu Valerius und leckte ihm freudig das Gesicht. Andreas stand an der Reling und blickte zum Hafen zurück, der sich langsam entfernte.
     
    Stunden später, kurz vor Sonnenaufgang, gelangten sie endlich aufs offene Meer. Das Schiff, das Wein nach Mauretanien an der fernen nordafrikanischen Küste trug, war eines der letzten, die vor Wintereinbruch noch das Mittelmeer überquerten. Naso versicherte seinen Passagieren, daß sie jetzt, im Reich Poseidons, in Sicherheit wären.
    Während die anderen am Heck standen und zum rötlich leuchtenden Himmel über Rom zurückblickten, stand Selene ganz vorn am Bug, den Blick voraus gerichtet. Sie hielt Julius in den Armen, und die Kette, die um ihren Hals lag, streifte seinen kleinen Körper; die Kette, an der der goldene Ring ihres Großvaters hing und die Elfenbeinrose mit der Haarlocke Cäsarions und dem kleinen Fetzchen Leinen von der Geburtsdecke des Zwillingsbruders, den Selene, wie sie meinte, nie gefunden hatte.
    Nach einer Weile kam Andreas zu ihr und dann auch Pindar. Valerius lag, den Kopf auf Fidos weichem Fell und schlief. Paulina trat zu ihm und strich ihm über das Haar, dann gesellte auch sie sich zu der kleinen Gruppe am Bug.
    Erschöpft und erschüttert von den Ereignissen der Nacht starrten sie stumm in die schwarze Weite der Nacht und des Meeres. Sie hörten das Knarren der Schiffswände und das Rauschen des

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