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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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der Kuß leidenschaftlicher und sehr sicher. Andreas bettete Selene sachte ins feuchte Gras, und seine Toga schützte sie vor dem Regen.
    Lange küßten und streichelten sie einander, doch als Selene sich stöhnend an ihn drängte, fuhr Andreas zurück.
    »Nicht jetzt«, sagte er rauh.
    Sie setzte sich auf. »Andreas –«
    Er berührte ihren Mund mit den Fingerspitzen. »Wir haben Zeit, Selene. Viel Zeit. Wir haben die ganze Zukunft vor uns.«
    »Ich liebe dich, Andreas.«
    Er strich ihr lächelnd über das Haar. »Wir sind von weither gekommen, Selene. Wir sind aus weiten Fernen gekommen, du und ich, aus Welten, die weiter voneinander entfernt sind als selbst die Sterne. Wir sind wie zwei Wanderer auf Erden, gerade erst geboren, allein zusammen, du und ich.« Er sah ihr forschend ins Gesicht. »Ich liebe dich, Selene«, sagte er. »Es ist eine Liebe, die mehr umfaßt, als das Begehren des Mannes nach der Frau, obwohl ich gestehen muß, daß ich dich leidenschaftlich begehre. Du bist in mein Leben getreten und hast mich erweckt. Ich lebte nicht, Selene, ich war einfach nur da. Aber du hast mir einen Sinn gegeben. Ich möchte dich lehren, Selene. Zuerst dich. Und dann möchte ich andere lehren.« Er sprach leidenschaftlich, mit brennendem Blick. »Wir sind jetzt zusammen, und nichts wird uns je trennen. Ich werde nicht mehr zur See fahren. All diese Reisen, das ewige Suchen. Ich weiß nicht, was ich gesucht habe, ich wußte nur, daß ich mich mit der Härte des Lebens auf See bestrafen mußte. Aber ich weiß, daß das jetzt vorbei ist. Mir ist verziehen worden. Du wurdest mir gegeben und mit dir eine zweite Chance. Selene, du bist mein Leben, meine Seele.«
    Er hob die Hände zu der goldenen Kette, die um seinen Hals lag und an der das Auge des Horus hing, das er an dem Tag erhalten hatte, als er den Eid des Hippokrates geleistet hatte. Er zog die Kette über seinen Kopf und legte sie Selene um den Hals.
    »Das ist mein wertvollster Besitz. Damit binde ich mich an dich.«
    »Und ich mich an dich, Andreas«, sagte Selene und nahm ihre eigene Halskette ab, die, an der die Elfenbeinrose hing. Als sie sie ihm umlegte, sagte sie: »Meine Mutter hat mir gesagt, daß diese Rose alles enthält, was ich bin. Darum gebe ich sie dir, Andreas, wie ich selbst mich dir geben möchte.«
    Er zog sie in seine Arme und hielt sie fest an sich gedrückt. Und sie sahen in den sanften Regen hinaus.

11
    »Palmyra! Mutter, das kann nicht dein Ernst sein!«
    Mera antwortete nicht. Sie eilte im Haus hin und her, um die letzten Stücke in den einen Korb zu legen, den sie auf die Reise mit der Karawane mitnehmen durften.
    »Sag etwas!« rief Selene.
    Als sie von Daphne gekommen war, hatte sie ihre Mutter beim Packen vorgefunden. Zuerst hatte sie geglaubt, Mera packe den Korb für den zweitägigen Aufenthalt in den Bergen, aber als sie die Schriftrollen mit den Rezepturen sah, Brot und Käse in einer Menge, die leicht für eine ganze Woche reichte, hatte sie ihre Mutter erschrocken gefragt, was sie vorhätte.
    »Wir gehen fort«, hatte Mera gesagt. »Noch heute. Wir reisen mit einer Karawane nach Palmyra.«
    »Mutter!« rief Selene und packte ihre Mutter am Arm, um sie zu zwingen, endlich stillzustehen. »Warum reisen wir nach Palmyra?«
    »Es ist der Befehl der Göttin. Das Orakel hat es mir heute nachmittag gesagt.«
    »Aber warum, Mutter? Warum nach Palmyra? Es ist Hunderte von Meilen von hier entfernt. Wir müssen durch die Wüste. Wir wären ja wochenlang weg.«
    Ich werde schon in wenigen Tagen nicht mehr da sein, dachte Mera. Und du, meine Tochter, wirst nie hierher zurückkehren.
    »Ich habe es dir doch gesagt. Die Göttin hat es befohlen.«
    Selene war wie vor den Kopf geschlagen. Sie ließ Mera los und schüttelte langsam den Kopf. »Nein, ich gehe nicht fort.«
    »Du hast keine Wahl.«
    »Ich heirate Andreas.«
    »Du wirst Andreas
nicht
heiraten«, entgegnete Mera mit solchem Grimm, daß Selene erschrocken zurückwich. Mit blitzenden Augen wiederholte Mera: »Du wirst nach Palmyra reisen, wie die Göttin es befiehlt. Du wirst gehorchen.«
    »Aber – Palmyra, Mutter! Warum gerade Palmyra?«
    Mera kehrte zu ihrem Korb zurück, klappte den Deckel zu und band den Strick. »Weil in Palmyra deine Bestimmung auf dich wartet.«
    »Meine Bestimmung ist Andreas.«
    Mera wirbelte herum und sah ihre Tochter mit herausforderndem Blick an. »Hör mir zu, Selene«, sagte sie ruhig. »Ich habe nicht geglaubt, daß du mit Freuden gehen würdest.

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