Seelenflüstern (German Edition)
hatte ich das Gefühl, mich wieder so bewegen zu können, wie ich es wollte. Dann hatte Smith mich erneut unter Kontrolle. Er schob meinen Arm unter meiner Brust hervor.
»Ich bin bei dir. Du musst mich nur reinlassen«, flüsterte Alden mir ins Ohr. Dabei drückte er meinen Arm wieder unter mich. »Du musst stark genug sein, dich gegen ihn zu wehren, wenn ich reinkomme. Stärker als er.«
Blut von Aldens Bisswunde tropfte in mein Haar. Ich konnte die Beine ein klein wenig bewegen. Vielleicht wurde Smith tatsächlich schwächer.
Siehst du, wie er blutet? Er wird sterben. Du solltest aufgeben, Seelenflüsterin, denn er braucht dringend einen Arzt. Meine Seele ist viel mächtiger als deine. Ich werde nicht gehen. Aber du kannst es tun.
Ich konnte nicht aufgeben. »Alden«, sagte ich matt. »Alden …«
»Kämpf weiter, Lilian!«
Gegen mich? Du hast keine Chance. Du bist nur ein schwaches, ahnungsloses kleines Mädchen.
Dass Smith mit seinem beißenden Spott nur versuchte, mich weichzukochen, wusste ich. Ich musste stark sein. Stark wie Rose. »Vergiss es. Ich gebe nicht auf.«
Ich bitte dich. Was willst du gegen mich denn schon ausrichten? Eigentlich tue ich dir doch einen Gefallen, indem ich dein armseliges Leben beende. Du kannst es genauso wenig mit mir aufnehmen wie das Kind, in dem ich vor dir war. Und falls du doch noch einmal zurückkommen möchtest, dann vielleicht mit der inneren Stärke und Ausstrahlung, die du früher hattest. Du warst eine faszinierende Frau. Was für eine Enttäuschung musst du diesmal für deinen Wächter sein.
Smith hatte recht. Ich hatte keinen Schimmer, wie ich ihn loswerden sollte. Und vermutlich war Alden tatsächlich enttäuscht von mir. Alden, der inzwischen mehr keuchte als atmete. Sicher machte ihm der Blutverlust zu schaffen. Wenn ich aufgab, musste er mich nicht mehr beschützen und konnte sich um sich selbst kümmern. Das bisschen Kontrolle, das ich mir erkämpft hatte, schwand. Ich konnte mich nicht mehr bewegen.
Siehst du? So ist es besser. Sag ihm, dass ich weg bin. Dann lässt er dich aufstehen, und wir können es zu Ende bringen. Um dich jetzt noch vom Springen abzuhalten, fehlt ihm die Kraft. Es wird schnell gehen und ganz leicht sein. Sag ihm, es ist vorbei.
»Alden«, presste ich hervor. Selbst das Sprechen bedeutete eine fast übermenschliche Anstrengung. »Es tut mir so leid.«
Alden vergrub das Gesicht in meinem Haar. »Lass ihn nicht gewinnen, Lilian. Bleib in dir und halte ihn in Schach. Er ist ein Dämon und wird alles tun, um dich zubesiegen. Kämpf weiter, damit ich ihn aus dir raustreiben kann.«
Dein Wächter stirbt. Ich bin stärker als er, und das weißt du auch. Sag ihm, ich sei weg, damit er dich aufstehen lässt. Bringen wir’s hinter uns. Los jetzt.
Wie verlockend, einfach alles enden zu lassen. Besessen zu sein, fühlte sich an, als würde ich von innen heraus lebendig gekocht. Wenn ich sprang, waren alle Qualen vorbei, und Alden konnte endlich zu einem Arzt. Ich würde zurückkehren und wir konnten im nächsten Leben zusammen sein. Wenn ich nun weiterkämpfte, wurde Smith vielleicht schwächer. Aber womöglich kam für Alden dann jede Hilfe zu spät.
»Bitte, Lilian. Er darf nicht gewinnen. Ich brauche dich. Wehr dich. Du kannst das.«
Aldens Worte hallten wie ein Echo durch meinen Kopf. »Ich brauche dich«, hatte er gesagt. Meinte er das ernst?
Tu es jetzt. Mach schon. Sonst überlege ich es mir noch einmal anders und bringe ihn auch um. Er ist schon so schwach, dass das beinahe unsportlich wäre. Sag ihm, er soll dich aufstehen lassen. Oder willst du mich zwingen, deine Seele aus deinem Körper zu treiben? Wenn ich das tue, ist es endgültig vorbei mit dir. Und du willst doch in einem anderen Leben noch mal mit ihm zusammen sein. Also tu, was ich dir sage!
Ich atmete tief durch. Ein kurzer heftiger Schmerz. Nur eine Sekunde, und Alden wäre gerettet.
Alden verlagerte sein Gewicht und strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Verlass mich nicht noch einmal. Bleib bei mir. Ich liebe dich, Lilian.«
Nein. Dieser Dämon musste endlich weg. Ich war stärker als er. Alden liebte mich. Smith durfte nicht siegen.
Meine Arme und Beine kribbelten; ich hatte wieder ein wenig Kontrolle über meine Muskeln. Und ich war nichtdas hilflose kleine Mädchen, von dem Smith gesprochen hatte. In meinen früheren Leben war ich Rose gewesen. Ich musste Smith ins Jenseits befördern … für Alden.
Das Sprechen ging plötzlich etwas leichter – so
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