Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
Entsetzen die Stirn geboten, und er war höflich. Nicht viele der Erwachsenen behandelten Genevieve so höflich, die meisten schienen niemals Zeit für eine Unterhaltung zu haben. Und dieser Titreano war ausgesprochen wortgewandt.
    »Kesteveen?« fragte er. »Das ist nun wieder ein Name, den ich kenne. Ich glaube, das ist ein Ort in Lincolnshire, wenn ich mich nicht irre?«
    »Auf der Erde, ja«, sagte Louise.
    »Auf der Erde?« wiederholte Titreano ungläubig. Er blickte zu Duke, dann zu Duchess. »Sind wir denn nicht auf der Erde?«
    »Das hier ist Norfolk. Eine englisch-ethnische Welt«, erklärte Louise.
    »Jedenfalls ist die Bevölkerungsmehrheit englisch-ethnisch«, sagte Carmitha.
    Louise runzelte erneut die Stirn. Irgend etwas stimmte nicht mit dieser Zigeunerin, aber was?
    Titreano schloß die Augen, als spürte er einen tiefen Schmerz. »Ich bin über die Ozeane gesegelt, und ich dachte, keine Herausforderung der Welt könnte größer sein«, sagte er leise. »Und jetzt befahren die Menschen den Abgrund zwischen den Sternen. Oh, ich erinnere mich genau an sie. Die Sternbilder, die des Nachts so hell gestrahlt haben. Wie hätte ich das wissen sollen? Gottes Schöpfung besitzt eine Größe, die den Menschen zu einem baren Nichts unter seinen Füßen macht.«
    »Sie waren ein Seemann?« fragte Louise unsicher.
    »Jawohl, das war ich, Mylady Louise. Ich hatte die Ehre, auf diese Weise meinem König zu dienen.«
    »König? Im England auf der Erde gibt es schon lange keinen König mehr.«
    Titreano öffnete langsam die Augen, und darin stand nichts als Traurigkeit zu lesen. »Keinen König mehr?«
    »Nein. Aber unsere Mountbatten-Familie stammt direkt von der englischen Königsfamilie ab. Der Prinz wacht über unsere Verfassung.«
    »Also wurde der Adel doch noch nicht von der Finsternis gestürzt. Ah nun, das sollte reichen. Ich muß zufrieden sein.«
    »Wie kommt es, daß Sie nichts über das alte England wissen?« fragte Genevieve. »Ich meine, immerhin wußten Sie genau, in welcher Grafschaft Kesteveen liegt.«
    »Welches Jahr haben wir, kleine Lady?«
    Genevieve überlegte, ob sie gegen die ›kleine Lady‹ protestieren sollte, doch er schien es nicht böse zu meinen. »Wir schreiben das Jahr 102 seit der Besiedlung. Aber das sind Norfolk-Jahre, und sie dauern vier irdische Jahre. Auf der Erde schreibt man das Jahr 2611.«
    »Zweitausendsechshundert Jahre, seit unser Herr Jesus Christus geboren wurde!« sagte Titreano ehrfürchtig. »Lieber Himmel! So lange? Obgleich mir die Qualen vorkamen, als hätten sie ewig gedauert.«
    »Welche Qualen?« fragte Genevieve voll unschuldiger Neugier.
    »Die Qualen, die uns verdammte Seelen alle nach dem Tod erwarten, meine kleine Lady«, sagte Titreano.
    Genevieves Unterkiefer sank herab, und ihr Mund formte ein weites O.
    »Sie waren tot?« fragte Louise. Sie glaubte kein einziges Wort von dieser Geschichte.
    »Jawohl, Lady Louise. Ich war tot. Mehr als achthundert Jahre lang.«
    »Ist es das, was Sie mit ›Possession‹ gemeint haben?« fragte Carmitha.
    »Genau das, Mylady«, antwortete Titreano in tiefstem Ernst.
    Carmitha zog die Augenbrauen zusammen und runzelte die Stirn. »Und wie genau sind Sie zurückgekommen?« erkundigte sie sich.
    »Das weiß ich nicht; nur, daß plötzlich ein Weg mitten in diesen Körper geöffnet wurde.«
    »Sie meinen, das ist nicht Ihr Körper?«
    »Nein. Dieser Körper gehört einem Sterblichen namens Eamon Goodwin, obwohl ich nun meine Form darübergelegt habe. Ich höre ihn, wie er in mir weint.« Er fixierte Carmitha mit festem Blick. »Das ist der Grund, aus dem die anderen Euch verfolgen. Es gibt Millionen verlorener Seelen in der Hölle des Jenseits. Alle suchen sie nach lebendigen Körpern, damit sie endlich wieder atmen können.«
    »Uns?« quiekte Genevieve.
    »Ja, kleine Lady. Euch. Es tut mir leid.«
    »Sehen Sie, das klingt ja alles sehr interessant«, sagte Carmitha. »Vollkommen durchgeknallt, aber interessant. Aber im Augenblick – nur für den Fall, daß es Ihnen noch nicht aufgefallen ist – stecken wir bis zum Hals im Dreck. Ich weiß nicht, was ihr Freaks wirklich seid, besessene Zombies oder irgend etwas Nettes, Freundliches wie beispielsweise Xenos mit paranormalen Fähigkeiten, aber wenn dieser grüne Bastard Colsterworth erreicht, kommt er mit einer Menge Freunden zurück. Ich muß mein Pferd ausschirren, und wir drei …« sie deutete auf die beiden Schwestern und sich, »… wir müssen schnellstmöglich von

Weitere Kostenlose Bücher