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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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hier verschwinden.« Sie blickte zu Louise und hob eine fragende Augenbraue. »Stimmt’s, Mrs. Kavanagh?«
    Louise nickte. »Ja.«
    Titreanos Blick streifte den passiv dastehenden Kaltblüter, dann den Hengst. »Falls Ihr die ernsthafte Absicht hegt zu fliehen, solltet Ihr zusammen in Eurem Wagen reisen. Keine von Euch besitzt einen Sattel, und dieses gewaltige Tier scheint ein echter Herkules zu sein. Ich schätze, es kann viele Stunden lang einen anständigen Trab aufrecht erhalten.«
    »Brillanter Gedanke!« schnaubte Carmitha. Sie sprang hinunter auf den harten Boden der Straße und klatschte mit der Hand auf die Seite ihres ruinierten Wagens. »Wir bleiben einfach hier und warten, bis ein Stellmacher vorbeikommt, wie?«
    Titreano lächelte nur. Er wandte sich um und ging zum Graben, wo das Vorderrad lag.
    Carmithas nächste bissige Bemerkung blieb ihr im Hals stecken, als sie sah, wie er das Rad aufrichtete und es (mit einer Hand!) aus dem Graben schob wie einen leichten Kinderreifen. Das Rad maß gut fünf Fuß im Durchmesser und bestand aus massivem, schwerem Tythorn-Holz. Drei kräftige Männer waren nötig, um es zu tragen.
    »Mein Gott!« Sie war nicht sicher, ob sie dankbar oder entsetzt sein sollte angesichts dieser Demonstration von übernatürlicher Kraft. Wenn alle Besessenen waren wie er, dann war sämtliche Hoffnung für diesen Planeten längst Vergangenheit.
    Titreano schob das Rad bis zum Wagen, dann bückte er sich.
    »Sie werden doch wohl nicht …?!«
    Er hob den Wagen an der vorderen Kante an; zwei, drei Fuß hoch. Carmitha beobachtete ungläubig, wie sich die gebrochene Achse wie von Geisterhand richtete. Die gezackte Bruchstelle in der Mitte verschwamm für einen Augenblick, und dann sah es aus, als würde das Holz wie eine Flüssigkeit fließen. Es wurde fest – und die Achse war wieder ganz. Die Bruchstelle war nicht mehr zu sehen.
    Titreano schob das Rad auf die Nabe.
    »Was sind Sie?« fragte Carmitha schwach.
    »Das habe ich Euch bereits erklärt, gute Lady«, erwiderte Titreano. »Ich kann Euch nicht dazu bringen, mir zu glauben, das müßt Ihr schon selbst tun, bei allem, was recht ist.«
    Er ging zu dem schwarzen Hengst und hielt die Arme hoch. »Kommt, kleine Lady, steigt ab.«
    Genevieve zögerte.
    »Geh schon«, sagte Louise leise. Hätte Titreano ihnen etwas antun wollen, hätte er längst jede Gelegenheit dazu gehabt. Je mehr sie von diesen merkwürdigen Wesen sah, desto mehr verließ sie aller Mut. Wie sollte man gegen eine solche Macht kämpfen?
    Genevieve lächelte spitzbübisch und schwang ein Bein über den Hengst.
    Dann ließ sie sich hinuntergleiten und landete in Titreanos Armen.
    »Danke sehr«, sagte sie, als der Mann in dem altertümlichen blauen Aufzug sie auf dem Boden abgesetzt hatte. »Und vielen Dank nochmals, daß Sie uns geholfen haben.«
    »Wie hätte ich die Augen vor Eurer Lage verschließen können? Ich mag eine verdammte Seele sein, doch deswegen bin ich noch lange kein Mann ohne Ehre.«
    Louise stieg fast ganz ohne Hilfe ab, bevor sie seine stützende Hand nahm. Sie lächelte verlegen.
    »Mir tut alles weh!« beschwerte sich Genevieve und rieb sich den Hintern.
    »Wohin jetzt?« wandte sich Louise fragend an Carmitha.
    »Ich weiß nicht so genau«, antwortete die Zigeunerin. »In den Höhlen über Holbeach haben gewöhnlich viele von meinem Volk ihr Lager aufgeschlagen. Dort sammeln wir uns immer, wenn Schwierigkeiten in der Luft liegen. Die Höhlen sind leicht zu verteidigen; sie liegen hoch in den Klippen und sind nicht leicht zu erreichen.«
    »Ich fürchte, diesmal wird die Belagerung nicht lange dauern«, sagte Titreano.
    »Haben Sie vielleicht eine bessere Idee?« giftete Carmitha ihn an.
    »Ihr könnt jedenfalls nicht auf dieser Insel bleiben, falls Ihr der Possession zu entgehen wünscht. Gibt es auf dieser Welt Schiffe?«
    »Ein paar«, sagte Louise.
    »Dann solltet Ihr versuchen, eine Passage an Bord zu kaufen.«
    »Und wohin?« fragte Carmitha. »Wenn euresgleichen wirklich hinter unseren Körpern her ist, wo wären wir dann vor euch sicher?«
    »Das hängt ganz davon ab, wie rasch Eure politischen Führer reagieren. Es wird Krieg geben, viele schreckliche Schlachten, das ist ganz unvermeidlich. Wir und Ihr, wir kämpfen beide um unsere Existenz.«
    »Dann müssen wir nach Norwich, in die Hauptstadt«, sagte Louise entschieden. »Wir müssen die Regierung warnen.«
    »Norwich liegt fünftausend Meilen weit entfernt«, entgegnete Carmitha.

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