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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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sei nichts als eine Wahnvorstellung von ihm«, fügte der großgewachsene Mann traurig hinzu.
    Die Neuigkeit dämpfte überall an Bord die Stimmung. Ihr erhoffter Zufluchtsort war also gar nicht so sicher; sie waren einer Schlacht entkommen, um sich inmitten eines heraufziehenden Krieges wiederzufinden. Nicht einmal die stabile Psyche eines Edeniten konnte soviel düstere Aussichten verdauen. Die Kinder von Lalonde ließen sich rasch anstecken (sofern sie nicht in Null-Tau ruhten) – ein weiterer emotionaler Querschläger, obwohl längst nicht so schwer wie das, was sie zuvor erlebt hatten. Die Glückseligkeit, die Vater Horst Elwes ihnen am Ende ihrer Reise versprochen hatte, stellte sich als ein Wunschtraum heraus. Nicht einmal die Tatsache, daß die Reise in dem engen Schiff zu Ende ging, half da viel.
    Die Schäden aus dem Kampf über Lalonde beeinträchtigten die Manövrierfähigkeit der Lady Macbeth nicht im geringsten, jedenfalls nicht mit Joshua als Pilot. Das Schiff näherte sich exakt auf dem vorgegebenen Annäherungsvektor seinem zugewiesenen Dock, CA 5-099, präzise im Zentrum der Raumhafenscheibe gelegen. Es war nicht zu erkennen, daß fünfzehn Korrekturtriebwerke nicht mehr funktionierten und aus Notventilen und mehreren gerissenen kryogenischen Leitungen ein stetiger Strom von Kältemittel entwich.
    Zu diesem Zeitpunkt saß nahezu ein Viertel der Habitat-Bevölkerung vor den Schirmen und beobachtete, wie die Lady Macbeth anlegte. Die Nachrichtenagenturen hatten ihre Programme unterbrochen und verkündet, daß nur ein einziges Schiff von Lalonde zurückgekehrt war. Reporter hatten rasch herausgefunden, daß sich Kinderärzte in der Landebucht sammelten. (Kellys Chef sandte dem ankommenden Schiff einen drängenden Datavis-Ruf nach dem anderen entgegen, ohne Ergebnis.)
    Die Mitarbeiter der Raumfahrtkonzerne, Schiffsbesatzungen und Spezialisten von den Industriestationen, die sich wegen der verhängten Quarantäne in den Bars auf die Füße traten, beobachteten den Landeanflug mit einem Gefühl von sorgenvoller Ehrfurcht. Natürlich, Joshua hatte es wieder einmal geschafft, aber der Zustand der guten alten Lady Macbeth … Verbrannter, abgebröckelter Nullthermschaum zeigte sich an zahllosen Stellen des Rumpfes, Unmengen von Rissen mit zerschmolzenen Rändern zogen sich über das Metall (ein sicheres Zeichen von Laserbeschuß), geschmolzene Sensorbündel, nur noch zwei der drei Fusionsantriebe funktionsfähig. Es mußte ein höllischer Kampf gewesen sein. Sie alle wußten, daß niemand sonst zurückkehren würde. Und die Erkenntnis, daß jeder Freund, jeder Kollege oder jeder nur entfernte Bekannte, der Terrance Smith begleitet hatte, entweder radioaktiver Staub war oder ein Opfer der Besessenen, diese Erkenntnis war schwer zu schlucken. Diese Raumschiffe waren stark und schnell und gut bewaffnet.
    Die Ausschiffung verlief wie erwartet chaotisch. Menschen kamen aus der Luftschleuse der Lady Macbeth, als befände sich dahinter ein dimensionaler Riß, der den Innenraum weit größer machte, als der äußere Umriß vermuten ließ. Ein guter Prozentsatz der Aussteigenden waren Edeniten, zur größten Überraschung der herumstreifenden Reporter. Sie halfen einer Horde wunderbar telegener, verängstigt dreinblickender Flüchtlingskinder in abgerissenen Kleidern.
    Kinderschwestern nahmen sie in Empfang, nachdem die Tests abgeschlossen waren, und Reporter schossen wie Haie zwischen ihnen hindurch und löcherten die Kinder, wie es ihnen ging, was sie gesehen hatten. Einmal mehr flossen Tränen. – Wie zur Hölle sind diese Hyänen hereingekommen? fragte Ione die Habitat-Persönlichkeit. Serjeants sprangen vor und fingen die Reporter ab.
    Jay Hilton hatte die Knie an die Brust gezogen und die Arme darum geschlungen, als sie durch die Kammer schwebte. Sie bebte am ganzen Leib. Nichts von dem hier war so, wie sie es erwartet hatte, weder die Reise an Bord des Raumschiffs noch die Ankunft. Sie hatte versucht, Vater Horst in dem Gewirr von Menschen zu entdecken, das durch den Raum schwebte, doch sie hatte auch gewußt, daß er nach den anderen sehen mußte und wahrscheinlich nicht viel Zeit für sie hatte. Zum ersten Mal war sie nicht mehr unentbehrlich. Es gab genug Erwachsene, die sich um alles kümmern konnten. Vielleicht, wenn sie sich nur klein genug machte, würde man sie ignorieren, und sie würde eine Gelegenheit finden, sich den Park des Habitats anzusehen. Jay hatte Geschichten über edenitische Habitate

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