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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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annahm. Nein, keine neuen. Alte. So unendlich vertraute, alte Züge. »Loren!« krächzte er.

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15. Kapitel
     
    Nach fünf Jahrhunderten der erstaunlichsten technologischen Entwicklungen und harter ökonomischer Opfer seitens der Lunaren Nation war der Mars, der Gott des Krieges, endlich befriedet. Das lebensfeindliche rote Glühen, das den irdischen Nachthimmel für so viele Millennien beherrscht hatte, war erloschen. Heute besaß der Planet eine Atmosphäre, zusammen mit großen weißen und grauen Wolkenwirbeln; Vegetation dehnte sich über die großen Wüsten aus, und große Flickenteppiche aus Sepiabraun und Dunkelgrün überzogen den rostig roten Boden. Aus dem Weltraum betrachtet sah der Mars im ersten Augenblick wie irgendeine beliebige terrakompatible Welt innerhalb der Grenzen der Konföderation aus. Die Unterschiede wurden erst spürbar, wenn dem Betrachter die Ausdehnung der verbliebenen Wüstenflächen bewußt wurde. Sie überzogen noch immer drei Fünftel des Planeten, und es gab definitiv nur wenig freies Wasser. Zwar überzogen Tausende individueller Kraterseen die Oberfläche, doch es gab nur eine einzige größere Wasserfläche, die Lowell-See, ein sanft mäanderndes Band, das sich um den gesamten Äquator schlang. Wenn man den Maßstab bedachte, sah die Lowell-See aus wie ein breiter Fluß, der ununterbrochen rings um den Planeten floß. Bei näherer Betrachtung jedoch wurde deutlich, daß dies unmöglich war. Die Lowell-See war entstanden, als sich Wasser in den Hunderten von Asteroidenkratern gesammelt hatte, die den Äquator in einer nahezu geraden Linie übersäten.
    Auch die Bevölkerungsdichte war extrem gering; wer die Nachtseite des Planeten nach den üblichen hellen Lichtermeeren absuchte, die blühende menschliche Kolonien nach fünf Jahrhunderten Entwicklung kennzeichneten, erlebte eine Enttäuschung. Bisher waren auf dem Mars erst sechs größere Städte entstanden. Es gab zwar auch Dörfer und kleinere Orte in den hügeligen Steppen, doch insgesamt lebten auf dem Planeten nicht mehr als drei Millionen Menschen. Die beiden Monde, Phobos und Deimos, waren vollständig industrialisiert, und dort lebten weitere fünfhunderttausend Arbeiter mit ihren Familien. Wenigstens dort verlief die Entwicklung nach dem bekannten Standardschema.
    Abgesehen vielleicht von Koloniewelten der Stufe eins in den Gründungsjahren besaß der Mars die kleinste Bevölkerung von allen Planeten der Konföderation. Doch an diesem Punkt endeten die Ähnlichkeiten bereits. Die marsianische Technologie war hochentwickelt und garantierte den Bewohnern einen angenehmen Lebensstandard, obwohl er längst nicht mit dem sozioökonomischen Standard der Edeniten oder des Königreichs Kulu vergleichbar war.
    Ein weiterer Aspekt entwickelter konföderierter Gesellschaften, den man auf dem Mars vergeblich suchte, war ein ausgedehntes strategisches Verteidigungsnetzwerk. Die beiden kleinen Asteroidenmonde waren natürlich gesichert; beide waren wichtige SII-Zentren, und auf beiden gab es regen Schiffsverkehr. Doch der Planet lag ungeschützt und offen; auf seiner Oberfläche gab es nichts, das sich zu nehmen oder stehlen gelohnt hätte. Die Billionen Fuseodollars, die in das Terraform-Projekt geflossen waren, verteilten sich gleichmäßig in der neu geschaffenen Biosphäre. Sauerstoff und genetisch manipulierte Pflanzen waren nicht gerade die Sorte Beute, die Piraten anzog. Der Mars war das mit großem Abstand kostspieligste Projekt, das die menschliche Rasse je unternommen hatte – und doch war der innewohnende Wert nahezu Null. Der Mars war alles, wonach eine ganze Nation von Exilierten gestrebt hatte, und zumindest für sie war er zu einem modernen Paradies geworden.
    Nichts von alledem war für Louise, Genevieve oder Fletcher auf den ersten Blick ersichtlich, als sie auf dem Holoschirm in der Messe die Annäherung an den Planeten verfolgten. Der Unterschied zu Norfolk war offensichtlich (Genevieve meinte, der Mars sehe alt und abgenutzt aus und nicht wie brandneu besiedelt), doch keiner von ihnen wußte, wie alt der Mars in geologischen Maßstäben tatsächlich war. Ihnen reichte völlig aus, daß es auf dem Mars keine rote Wolke gab.
    »Können Sie von hier aus feststellen, ob es dort unten Besessene gibt?« fragte Louise.
    »Ich fürchte nicht, Lady Louise. Der Planet liegt weit außerhalb meines Zweiten Blickes. Ich kann nichts weiter spüren als die Umrisse dieses wackeren Schiffes. Nach dem, was ich sehe, könnten

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