Seelengesaenge
scheinen sich häuslich eingerichtet zu haben. Ich bin froh, das zu sehen.«
»Genaugenommen ist die Kaverne sogar nur fünfzehn Jahre alt. Ayacucho war der zweite Dorado-Asteroid, den wir nach Mapire besiedelt haben. Aber es stimmt; ich genieße die Aussicht.«
Alkad nickte und ließ Ikelas Büro auf sich einwirken: die Größe, das Mobiliar, die Kunstwerke, die weniger nach ästhetischen Gesichtspunkten ausgesucht worden waren, sondern die Position des Büroinhabers unterstreichen sollten. »Und Sie sind reich geworden, Captain. Aber das war schließlich Bestandteil Ihrer Mission, nicht wahr?«
Sie sah zu, wie er sich in den Sessel hinter dem wuchtigen Schreibtisch aus irdischer Eiche fallen ließ. Kaum die Sorte von dynamischem Magnat, der man zutraute, die T’Opingtu-Gesellschaft zu einem multistellaren Marktführer für die Herstellung exotischer Metallegierungen gemacht zu haben. Eher eine Hochstapler, dessen Bluff soeben aufgeflogen war.
»Ich besitze einige der Ressourcen, über die wir damals gesprochen haben«, begann er. »Selbstverständlich stehen sie komplett zu Ihrer Verfügung.«
Sie nahm in einem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz und starrte ihm in die Augen, bis er den Blick abwandte. »Sie weichen vom vorgegebenen Text ab, Captain. Ich will keine Ressourcen, ich will das kampftüchtige Raumschiff, das Sie mir zugesagt haben. Das Raumschiff, das Sie an dem Tag für mich bereithalten sollten, an dem die Sanktionen gegen Omuta zu Ende waren. Erinnern Sie sich?«
»Verdammt, das ist drei Jahrzehnte her, Dr. Mzu! Drei Jahrzehnte! Ich hatte keine Ahnung, wo zur Hölle Sie gesteckt haben, ob Sie überhaupt noch am Leben waren! Heilige Mutter Maria, die Dinge sehen heute anders aus. Verzeihen Sie, ich weiß, daß Sie jetzt um diese Zeit hier auftauchen sollten, es ist nur … ich hätte nie erwartet, Sie zu sehen. Ich dachte nicht …«
Kalte Wut brach in Alkad Mzus Gedanken aus. »Verfügen Sie nun über ein kampftüchtiges Schiff, das den Alchimisten abschießen kann, oder nicht?«
Er schüttelte den Kopf und vergrub das Gesicht in den Händen. »Nein.«
»Sie haben fünfundneunzig Millionen von uns ermordet, Ikela, sie haben unsere Heimatwelt zerstört, sie haben uns radioaktives Gas atmen lassen, bis unsere Lungen verfault sind. Genozid beschreibt nicht einmal annähernd die Verbrechen, die man uns zugefügt hat. Sie und ich und die anderen Überlebenden waren ein Versehen; man hat uns übersehen, weiter nichts. Für uns gibt es kein Leben mehr in diesem Universum. Wir haben nur noch eine Aufgabe, eine Pflicht. Rache, Vergeltung und Gerechtigkeit, das sind unsere drei Leitsterne. Mutter Maria hat uns diese eine Gunst erwiesen und uns eine zweite Chance gegeben. Wir werden nicht einmal versuchen, die Omutaner zu töten. Ich würde den Alchimisten niemals zu einer derartigen Schandtat einsetzen. Ich will nicht werden wie sie; das wäre ihr ultimativer Sieg. Aber wir werden sie leiden lassen. Wir werden ihnen einen Geschmack, eine winzige Kostprobe dessen geben, was wir an jedem einzelnen verdammten Tag in den vergangenen dreißig Jahren erleiden mußten.«
»Hören Sie auf!« brüllte er. »Ich habe mir hier ein neues Leben aufgebaut! Wir alle haben das. Diese Mission, dieser Rachefeldzug – was soll das nach so langer Zeit noch bewirken? Nichts! Wir wären diejenigen, auf die alle mit dem Finger zeigen würden. Sollen die Omutaner die Schuld tragen, die sie verdienen. Jeder Mensch, mit dem einer von ihnen redet, jede Welt, die einer von ihnen besucht – überall wird man sie verfluchen für das, was sie getan haben.«
»Genauso, wie wir überall auf Mitleid treffen, meinen Sie?«
»Heilige Mutter Maria! Kommen Sie doch endlich zur Vernunft!«
»Sie werden mir helfen, Ikela. Ich lasse Ihnen keine andere Wahl. Sie haben sich für den Augenblick vergessen, doch das hat jetzt ein Ende. Ich werde dafür sorgen, daß Sie sich wieder erinnern, aus welchem Grund Sie hier sind. Sie sind alt und fett und bequem geworden. Das war bei mir anders; diesen Luxus habe ich mir nie erlaubt. Man hat es nicht zugelassen. Ironie des Schicksals, dachte ich immer. Die anderen haben dafür gesorgt, daß meine Wut am Leben geblieben ist, zusammen mit der ständigen Erinnerung: ihre Agenten, ihre verdammte diskrete Überwachung. Und indem sie das getan haben, haben sie ihre eigene Nemesis am Leben erhalten.«
Er starrte sie verwundert an. »Wovon reden Sie da? Haben die Omutaner Sie etwa beobachtet?«
»Nein,
Weitere Kostenlose Bücher