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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Al schnippte seine dicke Zigarre achtlos auf den dicken Teppich. »Da hast du aber etwas ganz falsch verstanden, alter Junge. Die Antwort lautet ja. Die Antwort lautet immer ja, wenn du mit mir redest. Sie lautet verdammt noch mal ja, Mister Capone, Sir. Und ich werde nicht eher aufhören, als bis ich genau das von dir gehört habe.« Capones Zeigefinger bohrte sich schmerzhaft in Harwoods Brustkorb. »Heut ist der Tag, an dem du ja sagen wirst, Avvy.«
    Bürgermeister Avram Harwood starrte auf den fleckigen Baseballschläger, der aus dem Nichts in Al Capones Händen materialisiert war, und wußte, daß das nichts Gutes zu bedeuten hatte.
     
    Die Duke-Dämmerung kam nicht. Kein Zeichen, daß das strahlend weiße, beruhigende Licht der Primärsonne die kurze Nacht hinwegfegen wollte, als die helle Scheibe schließlich über den Horizont stieg. Statt dessen breitete sich vom östlichen Horizont her eine abscheuliche korallenrote Phosphoreszenz aus und ließ die Vegetation stumpf und beinahe schwarz erscheinen.
    Einen qualvollen verwirrten Augenblick lang dachte Louise, Duchess wäre zurückgekehrt, wäre unter der Erdkugel hindurch gerast, nachdem die kleine Zwergsonne erst wenige Minuten zuvor im Westen versunken war, um vor dem rumpelnden Zigeunerwagen wieder aufzutauchen. Doch nach genauerer Betrachtung erkannte sie, daß der Effekt von einer Art rötlichem Nebel in großer Höhe verursacht wurde. Es war wirklich Duke, die hinter dem Horizont aufgegangen war.
    »Was ist das?« erkundigte sich Genevieve mißgelaunt. »Was stimmt da nicht?«
    »Ich bin nicht sicher«, antwortete Louise. Sie stand auf dem Kutschbock und lugte um den Aufbau des Wagens herum nach hinten, auf den Horizont. »Sieht aus wie Hochnebel, aber warum hat er diese merkwürdige Farbe? So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen.«
    »Nun, es gefällt mir nicht«, verkündete Genevieve und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie starrte düster nach vorn.
    »Wissen Sie, was dahintersteckt?« wandte sich Carmitha an Titreano.
    »Nicht genau, werte Lady«, erwiderte der Besessene und zeigte ein sorgenvolles Gesicht. »Und doch spüre ich, daß es richtig ist. Fühlt Ihr euch durch seine Nähe denn nicht ein wenig beruhigt?«
    »Nein, verdammt! Ganz im Gegenteil!« schnappte Carmitha. »Dieses Licht ist unnatürlich, und das wissen Sie ganz genau!«
    »Ja, Lady.«
    Sein gedämpftes Eingeständnis war nicht geeignet, ihre Nerven zu beruhigen. Angst, Entsetzen, Unsicherheit, Schlafmangel, kein Essen seit dem vorhergegangenen Tag, Gewissensbisse – all das kam jetzt nach und nach zusammen.
    Der Wagen rumpelte eine weitere halbe Meile über die Straße, während das rote Licht langsam heller wurde. Sie fuhren über eine ausgefahrene Landstraße durch einen dichten Wald. Hier wurden die sanften Geländeformen nach und nach tiefer und bildeten richtige Täler und Hügel. Ausgetrocknete Bachbetten überzogen die Hänge und mündeten in die tieferen Gräben, die sich am Boden der Täler entlangzogen. Es gab sehr viel mehr Waldgebiete als draußen auf den Hochebenen, mehr Deckung vor – und für! – neugierigen Augen. Sie hatten nichts, um sich zu orientieren, außer Titreanos starkem, unheimlichem sechstem Sinn.
    Niemand sprach, entweder aus Müdigkeit oder aus Furcht. Louise wurde bewußt, daß die Vögel aufgehört hatten zu zwitschern. Vielleicht waren sie auch ganz verschwunden. Der dunkle, gleichförmige Wald ragte rechts und links des Wagens auf wie gezackte Klippen, schwarz und abstoßend und nur wenige Yards von ihnen entfernt.
    »So, da wären wir«, sagte Carmitha, nachdem sie eine Kurve umrundet hatten. Sie waren länger unterwegs gewesen als gedacht, mindestens acht Stunden. Nicht gut für den armen alten Olivier.
    Vor ihnen senkte sich das Land in ein breites Tal mit stark bewaldeten Hängen. Der Boden war Schwemmland, ein Schachbrett hübsch gepflegter Felder, eingerahmt von langen Trockenmauern und Hecken aus genetisch angepaßtem Hagedorn. Ein halbes Dutzend kleiner Bäche entsprang am oberen Ende des Tals und vereinigte sich zu einem schmalen Flußbett, das sich durch das Tal schlängelte und in der Ferne verschwand. In der Mitte des Flußbettes glänzte und glitzerte ein halb vertrockneter Wasserlauf, die Schlammbänke rechts und links waren eingetrocknet, von der Sonne verbrannt und von Rissen durchzogen.
    Bytham lag in der Mitte des Tals, in einer Entfernung von vielleicht drei Meilen: Eine Ansammlung von Steinhäusern, die vom

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