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Seelengesaenge

Seelengesaenge

Titel: Seelengesaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Flußlauf in zwei Hälften geteilt wurde. Die Gemeinde hatte sich im Verlauf der Jahrhunderte von der Stelle, wo eine Bogenbrücke aus Stein den Fluß überspannte, nach draußen ausgedehnt. Am anderen Ende erhob sich ein schmaler spitzer Kirchturm über die strohgedeckten Dächer.
    »Sieht alles ganz normal aus«, sagte Louise mißtrauisch. »Ich kann jedenfalls keine Feuer erkennen.«
    »Es scheint relativ ruhig zu sein, ja«, stimmte Carmitha ihr zu. Sie wagte kaum, Titreano zu fragen: »Gibt es Ihresgleichen dort unten?«
    Er hatte die Augen geschlossen, doch sein Kopf war nach vorn gereckt, als wolle er die Luft prüfen. »Ein paar«, sagte er schließlich bedauernd. »Noch wurde nicht das gesamte Dorf umgedreht. Noch nicht. Die Menschen werden allmählich wach. Sie begreifen, daß etwas Böses dieses Land heimgesucht hat.« Er warf einen Seitenblick auf Louise. »Wo ist Eure Fliegemaschine abgestellt?«
    Louise errötete. »Das weiß ich nicht. Ich war noch nie hier.« Es war ihr peinlich zuzugeben, daß sie mit Ausnahme der zweimal im Jahr stattfindenden Zugreisen nach Boston, wenn sie ihre Mutter beim Kleiderkauf begleitete, kaum jemals über die weiten Grenzen von Cricklade hinausgekommen war.
    Carmitha deutete auf eine kreisförmige Wiese mit zwei mittelgroßen Hangars an der Seite, eine halbe Meile außerhalb der Siedlung. »Dort ist das Aerodrom. Gott sei Dank, daß es auf dieser Seite des Dorfes liegt.«
    »Ich schlage vor, wir beeilen uns, Lady«, sagte Titreano.
    Carmitha nickte zögernd. Sie vertraute ihm immer noch nicht wirklich. »Einen Augenblick.« Sie stand auf und ging ins Innere ihres Wagens. Das Chaos war schrecklich. Sämtliche Besitztümer waren bei der irren Flucht aus Colsterworth durcheinandergefallen, Kleidung, Töpfe, Geschirr, Essen, Bücher. Sie seufzte, als sie die Scherben des blau-weißen Chinaporzellans am Boden sah. Ihre Mutter hatte stets behauptet, daß die Familie es noch von der Erde mit nach Norfolk gebracht hätte.
    Die Truhe unter ihrem Bett war eins der wenigen Dinge, die an Ort und Stelle geblieben waren. Zu schwer. Carmitha kniete nieder und drehte an den Stellrädern des Kombinationsschlosses.
    Louise warf der Zigeunerfrau einen erschrockenen Blick zu, als diese wieder aus dem Wageninnern zurückkehrte. Carmitha trug eine einläufige Schrotflinte und einen Patronengurt.
    »Ein Pumplader«, erklärte Carmitha. »Zehnschüssig. Ich hab’ ihn bereits geladen. Die Waffe ist gesichert. Nehmen Sie sie, damit Sie sich an das Gewicht gewöhnen.«
    »Ich?« ächzte Louise überrascht.
    »Sicher, Sie. Wer weiß, was uns dort unten erwartet. Sie haben doch sicher schon einmal mit einer Schrotflinte geschossen?«
    »Nun … ja, natürlich. Aber nur auf Vögel oder Baumratten und so was. Ich bin kein guter Schütze, fürchte ich.«
    »Keine Sorge. Halten Sie den Lauf einfach ungefähr in die richtige Richtung und drücken Sie ab.« Sie bedachte Titreano mit einem trockenen Grinsen. »Ich würde die Waffe ja Ihnen geben, doch sie ist relativ hoch entwickelt im Vergleich zu den Waffen, die Sie zu Ihrer Zeit hatten. Besser, wenn Louise sie trägt.«
    »Ganz wie Ihr wünscht, Lady.«
    Jetzt, da Duke höher am Himmel stand, tat die Primärsonne ihr Bestes, um den roten Nebel aufzulösen, der hartnäckig über dem Land schwebte. Hin und wieder fuhr der Wagen sogar durch einen breiten Strahl weißen Sonnenlichts, der alle vier ob seiner Helligkeit blinzeln ließ. Doch die meiste Zeit über herrschte ungebrochenes Dämmerlicht.
    Der Zigeunerwagen erreichte den Talboden, und Carmitha drängte das Kaltblut zu einer schnelleren Gangart.
    Olivier gab sein Bestes, doch seine Kraftreserven näherten sich eindeutig dem Ende.
    Als sie dem Dorf näher gekommen waren, hörten sie die Kirchturmglocke schlagen. Es war kein fröhliches Läuten, das die Gläubigen zum morgendlichen Gottesdienst rief, sondern ein monotoner Klang: eine Warnung.
    »Die Dorfbewohner wissen Bescheid«, sagte Titreano. »Meine Art rottet sich zusammen. Auf diese Weise sind sie stärker.«
    »Wenn Sie schon wissen, was die anderen gerade tun«, fragte Carmitha, »wissen die anderen dann auch, daß Sie hier sind?«
    »Ja, Lady. Ich fürchte ja.«
    »Na wunderbar!« Die Straße vor ihnen schwang weg aus der allgemeinen Richtung des Aerodroms. Carmitha stand auf ihrem Sitz und versuchte sich zu orientieren, eine geeignete Stelle zu finden, wo sie abbiegen konnte. Die Hecken und Trockenmauern der Felder waren wie ein riesiges

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