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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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womöglich unter widrigen Umständen dazu gezwungen gesehen hatten, einen Pakt mit Luzifer oder einem seiner Seelenfänger einzugehen. Diese Seelen waren jetzt frei und würden ihren Frieden finden, ebenso wie die Menschen, zu denen sie gehörten.
    Unzählige Menschen, die längst tot waren und von denen lediglich noch die leeren Hüllen existierten, gelenkt von Luzifer und seinen Schergen, fänden endlich ihre letzte Ruhe.
    Frieden.
    »Ihr seid frei«, flüsterte Jules unter Tränen. »So frei wie ich!«
    Mein Gott, bedeutete das, sie würde ihre Seele sehen? Würde Zeugin werden, wie sie in ihren Körper zurückkehrte und sich alles wieder fügte? Sie fragte sich, ob sie es spüren würde. Sie glaubte nicht, dass es schmerzhaft wäre. Wenn überhaupt, erwartete sie eher ein Gefühl des Glücks und der Vollständigkeit.
    Die Höhle war nun bis in den letzten Winkel in das Licht der tanzenden Seelen gehüllt. Jules’ Blick sprang von einer Seele zur nächsten. Sie beobachtete, wie die Lichter ausgelassen umherwirbelten, einander umkreisten und sich in rasanten Spiralen zur Decke emporschraubten, und wartete darauf, die eine Seele zu erblicken, die zu ihr gehörte. Das Licht, das sich seinen Weg auf sie zu und durch ihre Brust oder vielleicht auch ihren Mund in ihren Körper bahnen würde. Ihr eigener Seelenglanz. Doch die Lichter blieben auf Abstand. So wild und ausgelassen sie auch sein mochten, kamen sie ihr dabei niemals zu nah.
    Als würden sie die Leere in mir spüren.
    Der Tanz und die Bewegungen veränderten sich, die Kurven, Kreisel und Spiralen glätteten sich zu einer geraden Bahn nach oben. Je höher die Lichter stiegen, desto schneller wurden sie. Das letzte Stück schossen sie rasend schnellempor, ehe sie in einem Blitz unter der Höhlendecke vergingen. Erst einzelne, dann immer mehr und mehr. Das Singen wurde lauter und lauter, steigerte sich in seiner Euphorie im Takt der verglimmenden Seelen. Für einen Moment wurde es so hell, dass Jules die Augen zukneifen musste, als eine Seele nach der anderen sich im Nichts auflöste.
    In der Freiheit.
    Bald schon waren nur noch wenige übrig, und wieder veränderte sich das Licht, wurde immer dunkler und mit der letzten Seele erlosch auch der Silberglanz, der die Luft erfüllt hatte. Was blieb, war der Schein des Feuers – rot und auf eigenartige Weise dumpf und weit weniger hell.
    Wo war ihre Seele? Hatte sie sich mit den anderen aufgelöst und war dann in ihren Körper zurückgekehrt?
    Jules wischte sich die Tränen von den Wangen und horchte in sich hinein. Sie würde es spüren, wenn sie wieder Herrin über ihre Seele war, davon war sie überzeugt. Aber sie fühlte sich nicht anders als noch vor zehn Minuten. Zumindest nicht anders, als es an einem schrecklichen und verrückten Tag wie diesem sein konnte. Sie hatten Zehntausende von Seelen befreit, nur die ihre war nicht dabei gewesen.

35
    Meine Arme wurden allmählich müde vom ewigen Heben und Senken meines Schwertes. Eigentlich war es Akashiels Schwert, denn uns war keine Zeit geblieben, die Waffen zurückzutauschen, dafür drangen die Gefallenen zu heftig auf uns ein. Es war merkwürdig, gegen diejenigen zu kämpfen, die ich noch vor zwei Tagen als meine eigenen Leute bezeichnet hätte. Jetzt stand ich an Akashiels Seite, obwohlich auch dort nicht wirklich hingehörte, und kämpfte gegen meinesgleichen.
    Bis jetzt war es uns gelungen, unsere Gegner hinter der Schwelle zu halten, doch langsam ging uns beiden die Kraft aus, während die Gefallenen in einem steten Strom auf uns eindrangen und es dabei noch schafften, von Zeit zu Zeit die Positionen zu tauschen, sodass sich die müde werdenden Kämpfer zurückzogen und ihren Platz frischen Kriegern überließen. Sie kämpften unfair, und das war wirklich ärgerlich, denn eigentlich sollte das mein Spezialgebiet sein.
    Ich wischte mir den Schweiß aus den Augen und warf mich einem Angreifer entgegen, der sich vor mir durch das Portal schieben wollte. Mit drei schnell aufeinanderfolgenden Schlägen drängte ich ihn zurück und sah mich gleich darauf selbst zu einem Ausfallschritt gezwungen, um der Klinge seines Nebenmannes auszuweichen. Der Streich war auf Akashiel gerichtet gewesen, der war jedoch zur Seite gesprungen und hatte mir nur noch eine rasche Warnung zurufen können, als ich das Eisschwert auch schon auf mich zurasen sah.
    Der enge Raum vor der Tür mochte uns zwar unsere Gegner größtenteils vom Leib halten, allerdings kamen wir uns dabei auch

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