Seelenglanz
achten, was ich sagte und tat. Allerdings gab es etwas, worüber ich bedenkenlos mit Akashiel reden konnte.
»Weißt du, was ich mich frage?«, fing ich an und wartetegar nicht erst auf eine Antwort, ehe ich fortfuhr: »Ich frage mich, ob Japhael den Einsatzauftrag abgeändert hat.«
Akashiel erwiderte meinen Blick nachdenklich, dann schüttelte er den Kopf. »So etwas würde er niemals tun.«
»Und woher wusste er dann so schnell, was passiert ist? Es gab keinen Bericht und du warst nicht bei ihm, um es ihm zu erzählen. Es gab gar nichts. Er hätte keine Informationen haben dürfen. Woher wusste er, was schiefgegangen ist, wenn er nicht seine Finger im Spiel hatte?«
»Japhael ist das Leben heilig.«
»Ach ja?«, ätzte ich. »Genauso heilig wie das Leben der Nephilim?«
Als der Oberste Schutzengel erfahren hatte, dass Rachel eine Nephilim war, hatte er den Befehl gegeben, sie zu töten. Das sah mir nicht gerade nach »Alles Leben ist heilig« aus.
Akashiel runzelte die Stirn. Meine Worte gaben ihm zu denken, das sah ich ihm an. Trotzdem schüttelte er den Kopf. »Ich kann nicht gutheißen, was er getan hat«, sagte er. In seinen Worten schwang die Verachtung mit, mit der er seinem einstigen Mentor seit jenem Tag begegnete. »Trotzdem ist er ein Mann mit Prinzipien. Wenn er dich loswerden wollte, würde er dir wohl eher persönlich den Hals umdrehen, statt das Leben eines Unschuldigen deswegen aufs Spiel zu setzen.«
»Wie du meinst. Falls mich ein plötzlicher Tod ereilt, wäre es allerdings nett, wenn du Japhael nicht sofort von der Liste der Verdächtigen streichst.« Ich zuckte die Schultern und wechselte das Thema. »Okay, Romeo, mal davon abgesehen, dass du mich nur hierherbestellt hast, um meinen empfindlichen Geruchssinn zu strapazieren: Was für ein Auftrag führt dich an diesen gastlichen Ort?«
»Der Besitzer von …«
Er brach ab, als die Hintertür zu Joeys Grill geöffnet wurdeund zwei Männer, deren weite dunkelblaue T-Shirts den Schriftzug des Restaurants trugen, nach draußen traten. Der Größere der beiden, ein Kerl mit kurzem, grau meliertem Haar, zog eine Kippe hinter dem Ohr hervor, steckte sie sich in den Mund und zündete sie an. Wie ein winziges rotes Auge glomm die Glut im Halbdunkel.
Der andere war nicht nur kleiner, sondern auch deutlich jünger. Ein Milchgesicht, einer dieser Typen, der sein Haar zu lang trug und sich in der weiten Cargohose, die er zu seinen Schnürstiefeln trug, vermutlich ungemein cool vorkam. Ich hätte wetten können, dass er statt des T-Shirts lieber einen Sweater getragen hätte. Ganz sicher aber hätte er gerne auf die Schürze verzichtet, die jeden Anflug von Coolness zunichtemachte und ihn fast schon weibisch aussehen ließ.
»Das ist er.« Obwohl die beiden uns weder hören noch sehen konnten, hatte Akashiel seine Stimme gedämpft. Mit einer fast schon verstohlenen Geste deutete er auf den Großen mit der Zigarette. »Joe Fertucci, der Besitzer von …«
»Halt!«, fiel ich ihm ins Wort. »Nicht verraten! Ich wette, ich komme drauf. Joeys Grill , richtig?«
Akashiel stieß mich in die Seite. »Nervensäge.«
»Schutzengeltrottel«, gab ich grinsend zurück. »Was ist nun mit diesem Joe Fertucci von Joeys Grill ? Was wird ihm passieren?«
»Er wird bei einem Überfall getötet.«
»Was denn, jetzt? Am helllichten Tag?« Gut, helllicht war für diesen Ort vielleicht nicht ganz treffend, aber immerhin war es Tag. Jemand, der es auf einen Überfall anlegte, würde damit doch wohl bis zum Einbruch der Dunkelheit warten. Nicht zu vergessen, dass dann mehr Kohle in der Kasse sein würde als zu dieser frühen Stunde.
Da kam mir eine andere Idee. »Warte! Du meinst doch nicht etwa, dass der Kurze ihn umlegt, oder?«
»Wird sich zeigen.«
Er wusste es nicht. Großartig. Wir standen uns hier in dieser stinkenden Ecke die Beine in den Bauch und warteten darauf, dass sich der potenzielle Mörder zu erkennen gab. Verflucht, ich war suspendiert! Was wollte ich überhaupt noch hier? Die Antwort auf diese Frage war ebenso einfach wie niederschmetternd: Ich hatte tatsächlich nichts Besseres zu tun.
»Joe«, setzte der Kurze an, zog sich die Baseballkappe vom Kopf und fuhr sich durch das halblange, schwarze Haar, bis es ihm wild vom Kopf abstand. »Ich weiß, dass du das nicht gerne machst, aber ich brauche einen Vorschuss.«
»Das geht nicht, Jules.«
Jules? Wer nannte seinen Sohn heute noch so, wenn er nicht wollte, dass der Knabe in jeder Pause quer
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