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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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meiner Jeans trocken. »Du bist wirklich ein pflegeleichtes Date«, stellte ich kopfschüttelnd fest.
    Jules verdrehte die Augen. »Fängst du schon wieder mit dieser Date-Sache an? Du weißt doch, dass ich für so etwas keine Zeit habe.«
    »Ach ja?« Ich zog eine Augenbraue in die Höhe. »Das sieht mir aber gerade ganz anders aus.«
    »Du meinst, das hier ist ein Date? Du und ich?« Sie sah aus, als würde die bloße Vorstellung sie erschrecken.
    Bis eben war ich selbst nicht auf den Gedanken gekommen, dass dieser Abend mehr als ein Zeitvertreib sein könnte. Ich hatte sie nur aufziehen wollen. Wenn ich jedoch darüber nachdachte, hatte ich in den letzten Stunden mehr Spaß gehabt als bei jedem offiziellen Date, auf dem ich jegewesen war. Ich zuckte die Schultern. »Ist das denn so abwegig?«
    »Du scheinst mir nicht der Typ zu sein, der nach einer Beziehung sucht.«
    Das war ich auch nicht.
    »Ich glaube«, fuhr sie fort, bevor ich etwas erwidern konnte, »dass du dich einfach vom Augenblick mitreißen lässt. Das ist aber noch lange kein Grund, auf etwas zuzuschlittern, was du eigentlich gar nicht willst.«
    »Ach, und du weißt, was ich will und was nicht?«
    »Wie sollte ich, wenn du es selbst nicht weißt?« Sie schob sich an mir vorbei, legte ihren Ball auf und schlug ein weiteres Hole-in-one. »Ich denke aber, dass du es bereuen würdest, wenn du weitermachst.« Nach einer kurzen Pause fügte sie etwas leiser hinzu: »Und du würdest mir das Herz brechen.«
    »Deine Offenheit kann einen echt fertigmachen.«
    »Was bringt es mir, um den heißen Brei herumzureden?«
    Jules war mit Sicherheit die ungewöhnlichste Frau, der ich je begegnet war. In mancher Hinsicht sagte sie so offen, was sie dachte, dass es selbst mir die Sprache verschlug. Sie sprach unverblümt über Beziehungen und Sex – zumindest hatte sie mir sehr deutlich klargemacht, dass sie nicht mit mir ins Bett gehen würde –, doch für sie war das alles nur Theorie, weshalb es ihr leichtfiel, darüber zu sprechen. Ich fragte mich, ob sie immer noch so forsch reagieren würde, wenn die Theorie zur Praxis wurde.
    Auf dem Weg zur nächsten Bahn kamen wir durch eine künstliche Höhle. Der ideale Ort, um meine Vermutung zu überprüfen. »Weißt du, was ich glaube?« Schritt für Schritt kam ich ihr immer näher. Jules wich zurück, bis der künstliche Felsen ihrem Rückzug ein Ende setzte. »Ich glaube«, fuhr ich fort und senkte meinen Kopf, bis mein Gesicht demihren ganz nah war, »dass du gut bist, wenn es darum geht, über Dinge zu sprechen, die dich nicht unmittelbar betreffen.«
    Jules schluckte. Sie versuchte zur Seite auszuweichen, doch ich stemmte meine Arme neben ihren Schultern gegen den Fels und hinderte sie daran.
    »Ich glaube, dass du in Wirklichkeit Angst hast.« Sie wich meinem Blick aus, was mich nur in meiner Annahme bestärkte. »Du kompensierst deine fehlende Erfahrung, indem du frei von der Leber weg redest, aber sobald es ernst wird, ist es um deine Selbstsicherheit geschehen. Dann wirst du plötzlich ganz schüchtern.«
    Es wäre so leicht gewesen, auf ihren Geist einzuwirken und sie dazu zu bringen, sich mir an den Hals zu werfen. Aber ich tat es nicht. Das war selbst für mich zu billig. Abgesehen davon hatte ich bisher noch jede in mein Bett bekommen, die ich dort haben wollte – und das, ohne ihren Verstand zu manipulieren. Mit Jules würde es nicht anders sein. Ein paar freundliche Worte hier, eine nette Geste da und schon hätte ich sie so weit. Das Dumme war nur, dass mir plötzlich bewusst wurde, dass ich das gar nicht wollte. Ich wollte mich nicht verstellen und ihr etwas vorspielen, um sie dazu zu kriegen, mit mir zu schlafen. Wenn es passierte, dann, weil sie es wollte, und nicht, weil ich sie dazu brachte zu glauben, dass sie es wollte. Sie sollte mich wollen und nicht den Kerl, der ich vorgab zu sein, um an mein Ziel zu gelangen.
    Ich rückte noch ein wenig näher. Als sie ihren Blick erneut abwenden wollte, legte ich eine Hand unter ihr Kinn und zwang sie mich anzusehen.
    »Ich finde es eigentlich ganz schön, einmal zu sehen, dass du gar nicht so hart bist, wie du immer tust«, sagte ich.
    »Kauft dir dieses Süßholzgeraspel wirklich jemand ab?«Ihre Worte sollten forsch klingen, als hätte sie die Situation unter Kontrolle, doch dafür waren sie zu leise und auch zu atemlos.
    »Keine Ahnung«, sagte ich und küsste sie. Es war ein sanfter Kuss, ganz anders, als ich es gewohnt war, doch Jules war auch

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