SEELENGOLD - Die Chroniken der Akkadier (Gesamtausgabe)
Seele gestohlen.
Der Sonnenuntergang außerhalb der Fenster glühte Kerben in Rovens Gesicht, seinen Hals und die Brust. Die Hornhaut seiner Augen zitterte unter der Belastung des Lichtes. Rovens Lippen trockneten aus und rissen.
Und erst als er einen bleiernen Fuß in das Zimmer setzte, entdeckte er den Taryk, der in der anderen Ecke am Boden lag.
Reiß ihn in Stücke! , schrie Rovens Herz. Doch der Seelenreißer fing an zu wimmern, wand sich von einer auf die andere Seite, krallte die dunklen Finger in den Teppichboden und warf den Kopf gegen die Wand. Das dunkle Grau seiner Haut verfärbte sich in ein aschfahles Beige. Aus den aufgerissenen Augen strömte grüner Rauch, als würde Gift jegliche Essenz aus dem Körper ziehen. Er zerfiel zu schwarzer Asche. Goldene Funken brachen aus dem grünen Dunst hervor und flohen in die Freiheit.
Es war das erste Mal, dass Roven einen Taryk auf diese Weise sterben sah.
Der Giftnebel kroch in Selenes Richtung, bahnte sich einen Weg auf das Bett und waberte über ihren hellgrauen Körper hinweg, suchte den Mund und strömte hinein. Ein sanftes Beben ging durch Selenes Leib. Ihre silbrigen Augen wurden wieder dunkel, erhielten den warmen Glanz zurück. Sie nahm einen tiefen Atemzug und befreite sich aus der Starre.
Naham rüttelte ihn wach – Sie lebt! Roven sprang aufs Bett und zerriss die Fesseln und blickte noch immer entsetzt auf sie hinab. Selene blinzelte ein paar Mal und fand ihre Stimme wieder, wenn auch schwach. „Du bist da!“
Er zog sie in die Arme und versuchte, die kalte Haut zu wärmen. Ihr Herz schlug viel zu langsam. Das ist das letzte Mal gewesen. Nie wieder würde er sie allein lassen.
Und als Roven bewusst wurde, wofür er sich soeben entschied, fiel alle Last von seinen Schultern.
„Es tut mir so leid. Ich konnte nicht früher hier sein“, sagte er mit trockener Stimme und Selene erschrak angesichts der Verletzungen in seinem Antlitz.
„Was ist dir denn passiert?“
„Spielt keine Rolle! Ich muss dich etwas fragen, Selene.“
Er kennt meinen Namen? „Ja?“
„Vertraust du mir?“
Die Worte ihres dunklen Engels vibrierten wie ein tiefer Bass in ihren Adern und ließen keinen Platz für Zweifel. Wie könnte ich nicht? , dachte sie. „Ja.“
„Dann schließ deine Augen, Naiya !“
Es fiel ihr kein bisschen schwer.
Kapitel 10
Selene lag auf einem Kingsize Bett, das mit dunkelblauer Seide bezogen und seinem Geruch getränkt war. Goldene Stoffe schmückten die Bettpfosten, sie hörte ein Kaminfeuer knistern und der dunkle Ritter, der neben ihr auf der Bettkante saß, passte perfekt in dieses Bild. Seine strahlend blauen Augen schauten wie gebannt auf sie hinab.
„Hi.“ Selenes Stimme war noch etwas schwach, doch er lächelte erleichtert.
„Hey.“ Eine rauchige Antwort, die mehr versprach, als es Worte je gekonnt hätten. Er grinste – ein verlockender Anblick.
„Wo sind wir hier?“ Sie hörte sich die Worte sagen und konnte ihren Blick doch nicht von seinem lösen.
„In meiner Heimat – auf Avenstone, in Schottland.“ Seine Stimme streichelte über Selenes Körper hinweg und bereitete ihr eine Gänsehaut.
„Wie hast du das gemacht? Wie … sind wir hierhergekommen?“
Er kam mit jedem Atemzug ein Stück näher. Selene konnte seine Hitze überall um sich herum spüren. Und, Herr im Himmel , dieser Körper war einfach göttlich. Kein Gramm Fett, nur reine Muskelmasse, die sich bei jeder Bewegung unter der gebräunten Haut spannte.
„Das gehört zu meinen Kräften.“
Der Abstand zwischen ihnen verringerte sich wie von selbst. Selenes Herzschlag wurde schneller und hämmerte drängend durch die Venen, erschwerte ihren Lungen das Atmen. Der Raum hatte plötzlich viel zu wenig Sauerstoff für sie beide.
Als er seinen linken Arm neben ihrem Körper auf das Bett stützte, sank sie tiefer in die Laken und er ragte wie ein Raubtier über ihr auf. Ein Blitzen huschte durch die blauen Augen. Sein Kiefer spannte sich an und der Hunger in seinem Blick machte nur allzu deutlich, was er jetzt gern tun würde.
Schwerfällig hob Selene ihre Hand und führte sie an sein Gesicht. Er schien verwirrt ob dieser zarten Geste.
„Deine Haut … ist geheilt?“
Statt einer Antwort drehte er den Kopf und presste seinen Mund unerwartet auf die Pulsader an ihrem Handgelenk, ohne sie aus den Augen zu lassen. Selene keuchte. Mein Gott . Es war, als könnte sie das Pumpen ihres eigenen Blutes an seinen kräftigen Lippen spüren. Sie
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