Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
irgendjemanden um.“
„Also hast du eine gespaltene Persönlichkeit?“, fragte ich weiter.
„So in etwa! Aber ich habe keinerlei Kontrolle, und das macht mich so gefährlich!“
„Und sind Cassmira und Black auch so?“ Meine Neugier wollte nicht gestillt werden, ich musste einfach immer weiterfragen.
„Nein, sie sind anders! Sie sind wie Kopien, jede weitere Kopie ist schlechter. Obwohl man in diesem Fall eher sagen sollte, besser!“
„Darf ich dir noch eine Frage stellen?“
„Du fragst doch sowieso irgendwann!“, gab Alec zur Antwort.
Unsicher sah ich ihn an. Er hob eine Augenbraue.
„Warum hast du dich Chraz angeschlossen, wenn er doch deine Familie getötet hat?“
Schweigen war meine Antwort. Ein kühler Windhauch brachte mich zum Frösteln.
„Er hat mir die Möglichkeit gegeben, meine mörderische Seite auszuleben und auch manchmal zu beherrschen!“
Erstaunt darüber, dass Alec nun doch geantwortet hatte, schaute ich ihn an. In seinem Blick lagen Trauer, Wut und … der Ausdruck, den ich im Gesicht hatte, wenn ich eine glückliche Erinnerung an meine Eltern noch einmal durchlebte.
„Chraz ist ein Mörder und machtgieriges Monster, aber er hat mir etwas gegeben, was niemand anders mir geben konnte. Er hat mir gezeigt, wie ich mich vorübergehend selbst unter Kontrolle halten kann. Er hat mir eine andere Möglichkeit aufgezeigt, als immer nur auf der Flucht vor den anderen Völkern Samalias zu sein. Er hat mir ein Zuhause gegeben und mich in vielen verschiedenen Gebieten unterwiesen. Er war so eine Art Ersatzvater für mich.
Er war für mich da, als ich ihn am dringendsten gebraucht habe. Und das hat mich so verletzbar gemacht. Ich weiß nicht, ob ich ihn jemals wirklich töten könnte. Vielleicht, wenn ich an seine Gräueltaten denke und so viel Hass gegen ihn aufbringe wie irgend möglich. Aber er wird immer einen Teil von mir in der Hand halten. Zudem habe ich Angst, dass, wenn ich ihn töte, auch ein Teil von mir stirbt. Dass ich den Teil verliere, der die dunkle Seite kontrollieren könnte.“
Wir sahen uns in die Augen. Ich hatte Mitleid mit ihm. Er hatte viel mitmachen müssen und würde auch noch viel durchmachen müssen. Und ich hatte das Gefühl, dass er etwas in meinen Augen suchte.
Nach einer Weile runzelte er die Stirn und wandte sich ab. Auch ich blickte wieder auf das ruhige Meer.
Nach einiger Zeit kam Chaff und bestand darauf, dass ich mich schlafen legte. Da ich einer Diskussion entgehen wollte und tatsächlich müde war, folgte ich seiner Anweisung und legte mich neben das Feuer. Ich schloss die Augen und versuchte zu schlafen, doch Alecs Geschichte geisterte noch immer in meinem Kopf herum und ließ mich nicht zufrieden. Bis ich zu müde war und einfach wegdämmerte.
Am nächsten Morgen wachte ich recht früh auf. Ich hatte nicht besonders lange geschlafen und war immer noch etwas müde. Als ich die Augen aufschlug, war das gesamte Dorf, oder vielmehr dessen Überreste, von einem dichten Nebelschleier verhangen. Man konnte kaum einen Meter weit sehen und es war ungemütlich feucht und kalt. Da Chaff noch schlief und ich Alec nirgends entdecken konnte, lief ich zu dem Baum, unter dem meine Eltern begraben waren.
Dort fand ich Alec vor, angelehnt an den Baumstamm war er eingenickt. Ich musste lächeln bei dem Anblick. Wenn er schlief, wirkte er wie ein Junge, der all seine Sorgen vergessen hatte. Es war schön, ihn so zu sehen.
Vorsichtig und ganz leise, um ihn nicht zu wecken, setzte ich mich neben ihn. Ich war ihm so nahe, dass ich seinen gleichmäßigen Atem hörte. Ich lehnte mich ebenfalls an den Baumstamm und versuchte noch einmal einzuschlafen. Allerdings waren meine Kleider schon nach wenigen Minuten klamm und ich fror. Plötzlich strahlte Alec eine gewisse Wärme aus. Etwas erschrocken sah ich ihn von der Seite an. Ich dachte, ich hätte ihn geweckt, doch seine Augen waren geschlossen und sein Atem flach. Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Ich würde sein Wesen wohl nie verstehen.
Nach einer Weile war ich bis auf die Knochen durchgefroren. Ich dachte schon, die Gänsehaut ginge nie wieder weg, so kalt war mir. Ich unterdrückte lautes Zähnegeklapper, doch dadurch zitterte ich so heftig, bis ich beinahe vibrierte. Und das wiederum ließ Alec zusammenfahren. Er schreckte hoch und sprang sofort auf die Füße. Auf alles gefasst, stellte er sich in Verteidigungsstellung. Erst als er sah, dass nur ich da war, entspannte er sich etwas.
„Du hast mich
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