Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
mir vorzustellen, wie ich mich fühlen würde, wenn ich schon Jahrhunderte mit dem Wissen, dass meine Familie tot wäre, leben müsste. Es wäre sicherlich schrecklich. Und nun gab ich ihm die Gelegenheit, das zu ändern und den Tod zu bewältigen.
Aber was war, wenn er doch nicht so ehrliche Absichten hatte und die Seelen versklaven wollte? Dann könnte ich mir niemals verzeihen.
„Gedankenchaos, oder?“, riss mich Alecs Stimme aus meinen Gedanken.
Ich zuckte leicht zusammen und drehte mich um. Alec stand hinter mir und sah zum Himmel auf.
„Woher …?“, fing ich an.
Alec lächelte mich schief an.
„Glaub mir, ich weiß, wie du dich fühlst! Du bist nach Hause zurückgekehrt und findest deine Heimat in Trümmern vor. Deine Eltern sind tot und begraben. Das habe ich auch schon alles durchgemacht!“
Ich wandte mich wieder dem Meer zu und starrte auf die flachen Wellen. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Alec sich neben mich setzte. Es dauerte eine Weile, bis ich den Mund aufmachte.
„Und wie konntest du damit fertig werden?“
„Das konnte ich nicht! Jedenfalls nicht als Mensch!“
Verwirrt schaute ich ihn an.
„Weißt du, ich war nicht immer so! Ich war auch einst ein Mensch wie du und hatte eine Familie, die mich geliebt hatte. Ich hatte eine Kindheit, wenn auch eine kurze. Und eines Tages wurde alles zerstört. Und mir ist nichts geblieben außer Erinnerungen und ein Haufen Leichen!“ Alec starrte mit leerem Blick auf das Wasser.
Die traurige Stimmung und die Erinnerungen ließen mich eine Zeit lang zögern, bis ich ihm die eine Frage stellte, die ich mich schon lange fragte.
„Und wie wurdest du zu einem Seelenjäger?“
Alec sah mich mit unergründlichem Blick an. Sofort bereute ich die Frage. Doch Alec antwortete nach kurzem Schweigen.
„Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht! Nachdem meine Familie während eines Überfalls von Chraz’ Armeen starben, flüchtete ich als einziger Überlebender in den Wald. Ich fing an, mich zu verändern. Meine Sinne verschärften sich, ich wurde schneller und stärker. Ich verwandelte mich zum ersten Mal in einen Werwolf. Die Gene hatte ich wahrscheinlich von meinem Vater. Danach versuchte ich die Krieger, die in Chraz’ Diensten standen, aufzuspüren und zu eliminieren. Bei einem der Kämpfe mit einem Vampir, der loyal gegenüber Chraz war, wurde ich gebissen. Allerdings führt Vampirgift bei Werwölfen nicht zur Verwandlung, doch diesmal war etwas anders. Vielleicht lag es an dem Vampir, vielleicht auch an mir. Jedenfalls machte ich eine weitere Verwandlung durch. Aus mir wurde ein Hybrid, ein theoretisches Wesen, über das schon viele nachgedacht haben. Ich war der Einzige meiner Art und irrte umher. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich gehen sollte oder wo ich überhaupt noch erwünscht wäre. Die Werwölfe hätten mich niemals akzeptiert, ebenso wenig die Vampire.
Ich weiß nicht, wie lange ich auf der Flucht vor den Vampiren und Werwölfen und auf der Jagd auf Anhänger von Chraz war. Irgendwann merkte ich, dass ich Personen unglaublich schnell und effizient aufspüren und deren Seelen mir untertan machen kann.
Aber auch mein Charakter veränderte sich. Das Töten gefiel mir immer mehr, meine Lust auf Blut war unersättlich und je mehr Seelen sich in mir befanden, desto stärker und wohler fühlte ich mich. An mir war alles … kalt, brutal.
Anfangs war ich schockiert über die Veränderungen, doch ich gewöhnte mich daran und genoss es sogar. Jackie, ich wurde zum Mörder!“, beendete er seine Erzählung.
Ein Schauer lief mir den Rücken herunter. Ich war völlig starr und erschrocken vor dem eben Gehörten.
Alec schien es gemerkt zu haben, denn er wandte sich ab und verkrampfte sich.
„Tut mir leid, ich hätte nichts sagen sollen!“
Ich konnte mich noch immer nicht rühren. Zu viele Gedanken schwirrten mir im Kopf herum, die ich erst ordnen musste.
„Aber wieso hasst du dich dann so dafür?“, fragte ich, nachdem ich mich endlich wieder gefangen hatte.
Alec sah mich verständnislos an.
„Ich meine nur, wenn dir das Töten so viel … Freude bereit, wieso hasst du dich dann dafür?“, erklärte ich meine Frage.
Alec starrte mich noch immer an. Ich schlug die Augen nieder.
„Ich kann mich nicht kontrollieren! Ich kann nicht entscheiden, wann die kaltblütige Hälfte von mir die Oberhand gewinnt. Deswegen hielt ich mich so lange von anderen fern. Aber jedes Mal, wenn ich durstig bin, bricht der Mörder aus mir heraus und bringt
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