Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
auch ich. Dennoch war ich wütend. Er lebte in Ruhm und Prunk, während sein Volk nach und nach von Chraz ausgelöscht wurde.
„Eure Majestät, ich habe sie geholt, wie Ihr mir befohlen habt!“ Demütig verbeugte sich Lord Jared.
Ich konnte mich nicht rühren. Ich war überwältigt, dass ich vor dem König stand, aber trotz allem unglaublich wütend, weil er nicht der König war, den sein Volk jetzt brauchte.
„Ja, das sehe ich!“ Der König hustete ein paar Mal, bevor er weitersprechen konnte, „Sie ist so jung! Ich hatte sie mir älter vorgestellt.“
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Lord Jared schüttelte leicht den Kopf. Also schloss ich meinen Mund wieder. Der König musste lachen. Wenn man es so nennen konnte. Es war eher ein Husten, vermischt mit einem Grinsen.
„Sie hat jedenfalls keine Angst vor mir. Das ist gut! Und nun sage mir, wie heißt du, Mädchen?“, fragte er an mich gewandt.
Ich war noch überraschter als sowieso schon. Ich bekam erst keinen Ton heraus, bis ich endlich anfing zu stottern.
„J-Jaqueline ist mein Name … Euer Majestät!“, fügte ich schnell hinzu.
Der König lächelte mich freundlich an.
„Jaqueline … ich kannte bereits deine Mutter und deine Großmutter, Mina und Angelica. Sie beide waren sehr nett. Und wenn ich ehrlich bin, ich vermisse sie! Sie haben diesen Palast zum Leben erweckt wie auch mich!“, fing der König an zu erzählen.
„Mit allem Respekt, Ihr solltet Euch besser ausruhen, als Euch mit diesem Mädchen zu unterhalten! Ihr müsst bei Kräften bleiben, es gibt noch viel zu entscheiden und vorzubereiten! Das ist wichtiger!“, schob Lord Jared ein.
„Ich weiß, aber das hier ist auch wichtig! Also, würdet Ihr uns bitte allein lassen, Lord Jared?“, entgegnete ihm der König.
„Natürlich!“ Ein weiteres Mal verbeugte sich der Lord und verließ den Raum.
Die beiden Wachen, die ebenfalls im Raum waren, folgten ihm. Die Tür schloss sich hinter ihnen. Ich blickte zum König, der mich noch immer freundlich anlächelte.
„Was führt dich hierher nach Lyss? Doch nicht die Absicht, mir einen letzten Besuch abzustatten?“, fragte er neugierig.
Ich schüttelte zögerlich den Kopf.
„Ich brauche ein gutes Pferd, um nach Chrana zu gelangen!“, antwortete ich.
„Aha! Aber was treibt dich dorthin? Das ist ein Ort der Verdammnis und des Todes. Und du bist eine Wächterin!“
Ich rang mit mir, ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte oder lieber doch nicht.
„Chraz hält meinen Bruder gefangen und ich möchte ihn befreien!“, erklärte ich.
Der König legte den Kopf schief und runzelte die Stirn.
„Deinen Bruder? Ich habe die Nachricht erhalten, dass nur du den Angriff auf Sonah überlebt haben sollst!“
„Nun, das habe ich auch! Aber …“ Ich verstummte.
Sollte ich Alec verraten? Wie würde der König reagieren, wenn ich den Seelenjäger erwähnen würde?
„Ja?“, hakte der König nach.
Ich holte tief Luft.
„Entschuldigt, aber das kann ich Euch nicht sagen!“ Ich musste allen Mut aufbringen, um diese Worte auszusprechen.
Sofort blickte ich beschämt zu Boden und wartete auf den Befehl, mich abführen zu lassen. Doch er kam nicht. Stattdessen blieb es eine Weile still.
„Ich verstehe!“ Ich sah den König entgeistert an, „Du hast Geheimnisse! Jeder hat welche! Und ich werde nicht von dir verlangen, sie mir zu verraten, schließlich gehören deine Geheimnisse dir. Außerdem bin ich das auch von deiner Mutter und wiederum von deren Mutter gewöhnt!“ Er zwinkerte mir zu.
Im nächsten Moment hustete er wie bereits zuvor lauthals los. Er krümmte sich und klopfte sich auf die Brust. Doch das alles half nichts. Er bekam es nicht mehr unter Kontrolle, der Hustenanfall war zu heftig. Was Lord Jared und die Wachen natürlich gehört hatten.
Sie stürmten herein. Dicht gefolgt von einem weiteren Mann, der eine große Tasche mitschleppte. Er drängte sich an den Soldaten vorbei und versuchte dem König zur Ruhe zu verhelfen, doch der Hustenanfall wollte sich nicht bessern. Da packte der König Lord Jareds Arm und zog ihn zu sich. Er flüsterte ihm irgendetwas ins Ohr, dann sank er ins Kissen und blieb dort reglos liegen. Der Mann mit der Tasche, wahrscheinlich ein Arzt, beugte sich über ihn und untersuchte ihn. Aber es war zu spät, der König war tot.
Entsetzt darüber, was sie mit mir vorhaben könnten, wich ich zurück. Während der Arzt und die Soldaten die Leiche zurechtrückten und ein weiteres Mal
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