Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
untersuchten, kam Lord Jared auf mich zu. Ich starrte ihn an. Seine Miene war dunkel und bedrückt.
„Jaqueline, der König hat einen letzten Wunsch im Bezug auf dich geäußert.“ Ich war auf alles gefasst. „Er möchte, dass dir das beste Pferd am Hofe zur Verfügung gestellt wird sowie sämtliche Kleider, Speisen und Dienste. Er hat mich ausdrücklich angewiesen, dich wie seine Tochter zu behandeln.“
Ich war vollkommen erstarrt. Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Oder besser gesagt: wie ich generell reagieren sollte. Also blieb ich wie angewurzelt stehen. Lord Jared drehte sich um und flüsterte einem der Wachmänner etwas ins Ohr. Der Wachmann nickte und verließ den Raum. Wenig später kamen er und fünf weitere Soldaten mit einem Glassarg zurück. Sie stellten ihn neben dem Bett ab und alle Soldaten verließen den Raum. Der Arzt packte seine Tasche wieder zusammen und folgte ihnen. Lord Jared winkte mir zu, ich solle ihm folgen.
Er ging durch eine Tür in einen Nebenraum, ein Arbeitszimmer. Auf dem großen Tisch lagen viele Schriftrollen und Karten.
Lord Jared ging um den Tisch herum und schaute mich von der anderen Seite des Zimmers aus an.
„König John hat viel von deiner Mutter gesprochen. Er fand es bedauerlich, dass sie sich vom höfischen Leben verabschiedet hatte und aufs Land gezogen war“, fing er an zu erzählen.
„Meine Mutter hatte meinen Vater, deshalb wollte sie lieber mit ihm in Armut leben als ohne ihn in Reichtum!“, warf ich ein.
Lord Jared lächelte.
„Auch das weiß ich! Und ich konnte sie auch verstehen. Doch nun ist sie von uns geschieden und du bist da …“, er machte eine kurze Pause, „Ihre Majestät wusste seit deiner Geburt von dir, aber erst jetzt konnte er dich kennenlernen. Es ist bedauerlich, dass er an diesem Tag von uns gegangen ist. Aber das Leben geht weiter und er wollte, dass du am Hofe aufgenommen wirst.“
Ich schwieg.
Ich musste nach Chrana und würde wahrscheinlich nie wieder zurückkehren.
„Du willst nach Chrana! Erlaube mir die Frage, aber warum? Was sollte ein so junges Mädchen wie du an einem solchen Ort suchen?“
„Meinen Bruder! Chraz hält ihn dort gefangen und ich werde ihn retten!“, erklärte ich bestimmt.
Lord Jared nickte nachdenklich.
„Dir ist doch klar, dass du vielleicht niemals wieder zurückkehren wirst?“
Ich nickte zur Antwort.
„Dann solltest du Begleitschutz bekommen!“, stellte er klar.
Erstaunt starrte ich ihn an.
„Der letzte Wille des Königs war, dir alle Dienste zu gewähren, die du brauchst!“
„Aber …“
„Nichts aber! John war ein guter Freund von mir, ebenso deine Mutter, und ich will nicht für deinen Tod verantwortlich sein. Also stelle ich dir elf mutige Männer zur Seite, die dich auf deinem gefährlichen Weg begleiten sollen!“, beendete er das Gespräch und lief an mir vorbei zur Tür hinaus.
Ich war noch vollkommen benommen. Ich war nicht einmal zehn Minuten hier, und schon wurde ich behandelt wie eine wichtige Persönlichkeit. Das war ich nicht gewohnt.
Ich setzte mich in Bewegung und folgte Lord Jared. Der wartete geduldig vor der Tür des Schlafgemachs. Als ich auf den Gang hinaustrat, ging er allein durch den langen Gang zurück. Vor einem Torbogen machte er halt. Eine junge Frau trat heraus. Sie war größer als ich und wunderschön. Ihr langes braunes Haar wallte auf ihrem Rücken in eleganten Wellen und umrahmte ihr blasses Gesicht. Auf der Nase hatte sie braune Sommersprossen und sie sah mich mit ihren ebenfalls braunen Augen traurig an. Sie trug ein bodenlanges Kleid in den Farben Dunkelblau und Schwarz.
„Jaqueline, das ist Prinzessin Senna, König Johns Tochter! Eure Majestät, das ist Jaqueline …“
„Die Tochter der Wächterin Angelica!“, unterbrach Senna Lord Jared.
Sie rang sich ein freundliches Lächeln ab.
„Ich freue mich, dich endlich kennenzulernen! Auch wenn es zu solch einem traurigen Anlass ist!“, begrüßte sie mich.
„Ich kann Eure Gefühle verstehen, Prinzessin!“, entgegnete ich.
„Ich weiß!“ Sie schenkte mir ein letztes Lächeln, dann erlosch es und ihre Miene wurde wieder traurig.
Lord Jared bot ihr seinen Arm an, sie hakte sich dankbar bei ihm unter. Nebeneinander gingen sie weiter.
Vor einem zwei Mann hohen Tor blieben sie stehen. Die Wachen öffneten das Tor und gaben den Blick auf den riesigen Hof frei, auf dem sich Hunderte Menschen versammelt hatten. Lord Jared und Senna traten hinaus. Ich blieb stehen. Das
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