Seelenkälte: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)
von ihrem Gesicht hinunter, verweilte einen Moment in ihrem Ausschnitt und wanderte dann weiter zu ihren Beinen und wieder zurück. Sein Mund verzog sich zu einem anzüglichen Grinsen.
»Toller Body«, murmelte er anerkennend. »Biste scharf auf ‘ne schnelle Nummer?«
Suna hatte schon damit gerechnet, dass ein Spruch dieses Kalibers kommen würde.
»Wenn ich das wäre, hätte ich mir einen Ort ausgesucht, an dem mir nicht ganze Armeen von Ratten und Kakerlaken dabei zusehen würden«, gab sie lässig zurück. Vorsichtshalber zog sie auch noch den Reißverschluss ihrer Jacke hoch, um ihre Worte zu unterstreichen.
Svoboda lachte und breitete die Arme aus. »Okay, eins zu null für dich. Ich gebe ja zu, die Gegend ist nicht gerade nobel, aber dafür lassen einen die Nachbarn in Ruhe. Was man von dir nicht gerade behaupten kann. Also, was willst du von mir?«
»Ich würde gern mit dir über eine ehemalige Freundin von dir sprechen, Saskia Christensen.«
Bei der Erwähnung des Namens schossen Svobodas tiefschwarze Augenbrauen in die Höhe. Dann trat er einen Schritt zurück, kniff die Augen zusammen und starrte Suna misstrauisch an. Zusammen mit seiner ausgeprägten Hakennase verlieh es ihm das Aussehen eines Raubvogels auf Beutezug.
»Du meinst wohl Saskia Vossen«, knurrte er unwirsch.
Suna ließ sich nicht beirren. Sie behielt ihr unverbindliches Lächeln bei. »Richtig, das war ihr Mädchenname«, nickte sie.
Svoboda zögerte einige Sekunden. Dann seufzte er.
»Also gut, meinetwegen komm rein. Muss ja nicht sein, dass uns alle Nachbarn belauschen.« Er trat einen Schritt zur Seite und machte die Türöffnung für Suna frei, dann fügte er noch hinzu: »Aber sieh dich nicht genauer um. Die Putzfrau kommt erst morgen.«
Das heißt wahrscheinlich, sie kommt regelmäßig einmal pro Jahr, dachte Suna, als sie sich ihren Weg zum Esstisch bahnte, an den Svoboda sie führte. Sie sagte aber nichts. Mit Männern wie ihm hatte sie schon häufiger zu tun gehabt. Die meisten verstanden Spaß – bis zu einem gewissen Punkt. Wenn sie den jedoch überschritt, würde sie schneller wieder vor der Wohnungstür landen, als sie »Putzeimer« sagen konnte. Also versuchte sie das Chaos aus getragenen Klamotten, alten Pizzakartons und leeren Cola- und Bierflaschen so weit wie möglich zu ignorieren.
Mit einer vagen Handbewegung bedeutete Svoboda Suna, sich auf einen der Polsterstühle zu setzen. Zu trinken bot er ihr nichts an, aber angesichts des sich in der Spüle der offenen Kochzeile stapelnden schmutzigen Geschirrs – und vor allem des daraus aufsteigenden Dufts – war Suna ganz froh darüber. Sie hätte ohnehin dankend abgelehnt.
»Also, was willste wissen?«, fragte Svoboda, nachdem er sich Suna gegenüber hingesetzt hatte. Er lehnte sich zurück und spreizte die Beine etwas, während er sie erwartungsvoll anstarrte. Immerhin hatte er noch genug Anstand, sich nicht im Schritt zu kratzen.
»Hast du schon gehört, dass Saskia tot ist?«, erkundigte sich Suna. »Sie ist von der Fehmarnsundbrücke gestürzt.«
»Klar habe ich das mitgekriegt. Sie ist gesprungen, oder? War echt ‘ne tragische Sache.« Svoboda nickte, schien jedoch nicht sonderlich betroffen zu sein. »Aber ich hab’ echt keine Ahnung, was ich damit zu tun haben soll.«
»Ich will ganz ehrlich sein.« Suna bemühte sich um ein offenes, gewinnendes Lächeln, obwohl es ihr bei diesem Gegenüber nicht leicht fiel. »Ich bin Privatermittlerin. Saskias Schwester Linda glaubt nicht daran, dass sie freiwillig gesprungen ist. Sie befürchtet, dass jemand – na ja, sagen wir mal – nachgeholfen hat. Deshalb hat sie mich beauftragt, mich ein bisschen umzuhören.«
»Sie glaubt, es war Mord? Krass!«
Svobodas Augen leuchteten und er lehnte sich interessiert nach vorn. Er entwickelte plötzlich eine ungeahnte Begeisterungsfähigkeit.
»Es ist zumindest nicht ganz ausgeschlossen, wenn auch nicht unbedingt wahrscheinlich«, versuchte Suna seine Euphorie etwas zu bremsen. »Aber um das herauszufinden, muss ich so viel wie möglich über Saskia wissen.« Sie unterbrach für einen Augenblick und musterte Saskias Exfreund, der sie weiterhin erwartungsvoll anstarrte.
»Wie lange warst du mit Saskia zusammen?«, erkundigte sie sich dann.
Svoboda wippte auf seinem Stuhl hin und her, während er überlegte. »Na ja, zusammen sein klingt irgendwie so fest. So nach Heiraten und so. Nee, das war’s bei uns nicht, wir waren eher ...« – er machte eine Pause und
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