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Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Titel: Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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Ruder. Wenn er nämlich Moskau tatsächlich ein größeres Budget für seine Region aus dem Kreuz leiert, dann gibt es einen Volksaufstand in unserem Kramladen, und zwar vom Feinsten! Dann wollen alle was haben!«
    »Vielen Dank. Es ist bloß so, dass mir diese Reise gerade absolut nicht in den Kram passt. Ich stecke hier in Moskau bis zur Halskrause in Arbeit. Das ist echt stressig. Und jetzt kommst du mir noch mit deinen Problemen.«
    »Im Augenblick sind es noch meine Probleme. Aber es könnten ziemlich schnell deine werden. Guljakin ist ein ausgefuchster Bursche. So ein typischer rabiater, dickschädliger Bauer. Einer von der Sorte, die normalerweise Großindustrielle werden.«
    »Na gut, danke für die Information. Ich werde versuchen, ihm die Entwicklungsprobleme des Kapitalismus im Russland der Leibeigenschaft zu verklickern. Zum Glück bin ich gut in Geschichte.«
    »Streng dich an.«
    »Das werde ich, I swear!« Ich lege die Hand auf die Brust. »Scheiße schaufeln ist ja unser Beruf.«
    Als ich wieder in mein Büro komme, finde ich auf meinem Schreibtisch einen dicken Umschlag. Ich drehe ihn um,
sehe das Logo einer Zigarettenfirma und reiße ihn grinsend auf. Eine Sekunde später halte ich die Kopien der Gründungsdokumente in der Hand: »Geschlossene Aktiengesellschaft Jet Lounge«. Ich studiere die Liste der Gründungsmitglieder, finde darauf Mischa Selenow, seinen Freund Sascha, meinen Freund Vadim und mich selbst – mit einem bescheidenen Anteil von sechs Prozent. Ich lächele und wähle Vadims Nummer.
    »Hallo, Partner!«
    »Hallo, Partner! Hast du dir die Papiere angesehen, die ich dir geschickt habe? Ich habe die Kopien eigenhändig gezogen.«
    »Du bist ein fixer Bursche.«
    »Tja, fix bin ich, das stimmt. Was ist, wollen wir das heute Abend begießen?«
    »Ich fahre nach Petersburg.«
    »Ach! Da muss ich diese Woche auch noch hin. Wie lange bleibst du?«
    »Fast drei Tage.«
    »Dann sehen wir uns, wenn nichts dazwischenkommt.«
    »Hmhm. Ich gebe dir heute noch das Geld. Hast du es übrigens schon überwiesen?«
    »Noch am Freitag, sonst hätten sie wohl kaum die Papiere fertig gemacht.«
    »Okay. Ich fahre jetzt nach Hause. Kannst du um sechs bei mir vorbeikommen?«
    »Geld abholen kann ich immer, Alter. Immer.«
    »Vadim, bist du zufrieden?«
    »Hmhm. Ich habe die Nacht deswegen sogar schlecht geschlafen.«

    »Ich habe auch schlecht geschlafen, aber aus einem anderen Grund. Und ich bin auch zufrieden.«
    »Also, dann sehen wir uns.«
    »Tschau.«
    Ich lege auf, räkle mich in meinem Sessel und schaue aus dem Fenster auf die Stadt. Sie kommt mir jetzt gar nicht mehr so düster vor.
     
    Um Viertel vor sechs bin ich zu Hause und packe endlich meine Sachen für die Geschäftsreise. Ich prüfe die Tickets und die Kreditkarten, dann zünde ich mir eine Zigarette an und gehe ins Schlafzimmer, um das Geld zu holen. Ich öffne den Schrank, taste hinter meinen alten Klamotten herum und denke mal wieder, dass ich mir endlich einen richtigen Tresor zulegen sollte. Obwohl, wenn diese Sache schiefgeht, kann ich mir den auch sparen, rechnet mir mein Verstand nüchtern vor. Ich beschließe, diesen Einwand störend und uncool zu finden. Und da sind sie schon: fünf dicke Packen, in jedem zehntausend amerikanische Dollar. Ich werfe sie aufs Bett, zünde mir noch eine Zigarette an und betrachte die Päckchen so stolz, als ginge es darum, einen fetten Anteil an einer Ölfirma zu kaufen. Doch der Kauf von Erdölaktien ist in unserer Zeit eine heikle Sache, sogar politisch kurzsichtig. Nein, lieber tue ich so, als wollte ich Aktien von Microsoft kaufen.
    Weil ich nichts Besseres zum Verpacken finde, reiße ich ein paar Seiten aus einer alten Vogue, wickle die Bündel hinein und verschnüre das Ganze mit Gummiband. Auf einer der Seiten sind ein paar Rassehunde in einem superluxuriösen Interieur abgebildet. Ich erinnere mich an die Szene in der Kantine, grinse und sage leise »Wauwau!«

    Bis zur Abfahrt des Zuges bleiben noch sechs Stunden. Es klingelt an der Tür. Sicherheitshalber gucke ich durch den Spion, dann mache ich auf. Vadim sieht das dicke Bündel in meiner Hand an und fragt:
    »Willst du so nach Petersburg fahren? Ist das nicht ein bisschen viel für dich allein?«
    »Wie meinst du das?«, frage ich verdutzt.
    »Was ist das da in deiner Hand?«
    »Das Geld, Vadim, das Geld.«
    »Ahhh, und ich dachte, Schnee.«
    »Nein, das hier bringt das Hirn besser zum Drehen als Schnee, Alter.«

Zweiter

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