Seelenkuss / Roman
bekloppt bin ich nicht.«
Enttäuschend, aber nicht unerwartet.
»Und dennoch lassen Sie Reynard gehen. Wissen Sie denn nicht, dass jeder Wächter, der die Burg für länger als einen oder zwei Tage verlässt, unausweichlich dem Wahn verfällt? Haben Sie nie die betrübliche Geschichte vom Wächter Killion und seiner mörderischen Rage gehört? Sie liegt keine Handvoll Jahre zurück.«
Mac blinzelte nicht einmal. »Reynard ist kein Wahnsinniger.«
»Woher wissen Sie das? Die Wachen stehen in einem ziemlich zweifelhaften Ruf. Vergessen Sie nicht, dass Sie die Hälfte von ihnen töten mussten, als Sie die Zügel der Macht hier übernahmen.«
»Was meinen Sie?«
»Die Wächter sind Opferlämmer, jeder Einzelne von ihnen. Ihr Schicksal wurde vor Jahrtausenden von ihren Vorvätern besiegelt. Bei dem Orden handelt es sich um die Sorte grausamer Institution, wie sie einzig Menschen ersinnen. Schlimmer als alles, womit ich je zu tun hatte.«
»Spannend, aber ich lasse Sie trotzdem nicht raus.«
»Gibt es nichts, was ich Ihnen im Austausch gegen meine Freiheit anbieten könnte?«
»Nein.«
»Sie haben den Höllenhunden erlaubt, die Burg zu verlassen.«
»Schlechtes Beispiel. Wir retteten sie aus der Sklaverei bei Warlords wie Ihnen.«
Miru-kai erhob sich, nahm seine eigene Flasche in die Hand und steckte sie in die Tasche seiner Tunika. Es wurde Zeit, die Taktik zu ändern. »Sagen Sie hinterher nicht, ich hätte nicht höflich gefragt!«
Mac stellte sein Glas ab und stand gleichfalls auf. »Was soll das heißen?«
»Ich war lange genug ein Gefangener. Es ist der Moment gekommen, von diesem Ort fortzugehen.«
Plötzlich hielt Mac wieder seine Waffe in der Hand. »Kommt nicht in Frage! Nicht, ehe ich auch nur ansatzweise überzeugt bin, dass Sie sich benehmen. Was Sie gerade über die Entführungen erzählt haben, spricht eher dagegen.«
»Sie würden mich als Verbündeten gewinnen. Überlegen Sie, was das bedeuten könnte!«
»Ich tippe auf jede Menge Kopfschmerzen. Sie sind von Natur aus verschlagen. Sie können gar nicht anders.«
Unwillkürlich regte sich Wut in Miru-kai. So grotesk es anmuten mochte, begehrte er die Freundschaft des Dämons. Was ihn wunderte. »Dann erfahren Sie, was geschieht, wenn man die Dunkelfeen gegen sich aufbringt!«
Er sah etwas in der Miene des Dämons aufflackern, das Angst hätte sein können.
Schön!
»Drohungen reißen Sie nur noch tiefer rein«, knurrte Mac.
Es war, als würde man einen bissigen Hund necken – amüsant und beängstigend zugleich. »Ich
werde
diesen Ort verlassen.«
Macs Gesicht verdunkelte sich; Feuer loderte in seinen Augen. »Und wie wollen Sie das anstellen?«
Zeit zu gehen.
Der Prinz machte auf dem Absatz kehrt, blieb jedoch an der Tür noch einmal stehen, seine Hand auf dem Knauf, und blickte sich um. »Es ist ein Schachspiel, wissen Sie nicht mehr? Sie sehen meine Züge, wenn ich sie mache.«
»Das ist kein Spiel, und Sie gewinnen nicht. Sie können nicht fliehen.«
»Ich verfüge über die Mittel …« Miru-kai grinste, wobei er nun seine Reißzähne zeigte. »Gewiss kann ich mindestens bewerkstelligen, was ein Kaninchen kann. Sie sind nicht einmal in der Lage, ein Häschen hinter Gittern zu halten.«
Er öffnete die Tür.
Oh!
Fünf Wächter standen dort mit Eisenketten, um den Prinzen zu fesseln.
Keine Dunkelfee entkam kaltem Eisen.
Bei Oberons Eiern!
»Merken Sie sich«, riet Mac ihm, »nur weil Sie keine Sicherheitsleute sehen, heißt das noch lange nicht, dass keine da sind! Dieses Büro ist mit Überwachungskameras und einem stummen Alarm ausgestattet.«
Miru-kai wirbelte herum, als einer der Wächter seine Handgelenke packte und die Metallschellen zuschnappten. »Was hat das zu bedeuten?«
Mac verschränkte seine Arme. »Ich mag kein Schach.«
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12
Samstag, 4. April, 11.00 Uhr 101.5 FM
H ier ist Oscar Ottwell mit den CSUP -Nachrichten. Unser Hauptthema ist der gestrige Angriff eines Vampirs von außerhalb in der North-Central-Bücherei. Die Anführer der Übernatürlichengemeinde gehen davon aus, dass dieser überraschende und sehr öffentliche Zwischenfall ein Nachspiel haben wird. Wir bitten unsere Hörer nochmals: Sollten Sie etwas über fremde Vampire in Ihrer Nähe wissen, rufen Sie sofort im Sender an! Wir benachrichtigen dann die zuständigen Behörden.«
»Natürlich passen wir auf Eden auf«, sagte Holly. »Ehrlich, wir haben alles gesichert. Wir und die vier Höllenhunde im Vorgarten. Als Alessandro von
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