Seelenkuss
vornüber und lag reglos im Gras. Oqwen hatte seine eigene Waffe fortgeworfen, kniete sich eben neben den DúnAnór und drehte ihn auf den Rücken, als Darejan sie erreichte. Das Erste, was sie sah, war das Blut, das sein Gesicht bedeckte. Doch ehe sie etwas sagen konnte, packte der Isârde sie am Handgelenk und zwang sie, ihn anzusehen.
» Nasenbluten. « Er schüttelte ihre Hand, bis er sicher war, dass sie begriff, was er sagte. » Versteht ihr, er ist nicht verletzt. Er hat Nasenbluten von der Anstrengung. «
Benommen nickte sie. » Kaltes Wasser « , murmelte sie. Hinter ihr stürmte jemand davon, während sie den DúnAnór mit Oqwens Hilfe aufrichtete, damit das Blut ungehindert fließen konnte. Sein Kopf sackte auf seine Brust. Sie glaubte, ein Stöhnen zu hören, und lehnte ihn leicht vornübergebeugt an ihre Schulter, zwängte ihre Finger zwischen seine Lippen, damit er durch den Mund atmete. Mirija kam mit einem nassen Tuch angerannt, das sie ihm hastig in den Nacken legte. Über ihren Kopf hinweg gab Oqwen Befehle, die schweigend befolgt wurden. Als das Blut versiegte, trugen die Krieger den DúnAnór zum Feuer hinüber, wo sie ihn behutsam auf ein paar Decken legten. Sie halfen Darejan, ihm das rotfleckige Hemd auszuziehen und es ihm möglichst bequem zu machen, ehe sie sich respektvoll ein wenig zurückzogen. Darejan hob wie schon so oft seinen Kopf auf ihren Schoß und legte ihm das kalte, feuchte Tuch erneut in den Nacken. Die Narbe auf seiner Brust war gerötet, wie immer am Ende eines Tages, wenn er seinen erschöpften Körper bis an die Grenzen getrieben hatte. Unter dem Brei aus Aynraute, Blauklee und Sildknoten hatte sie sich in eine fahle, runzelige Linie verwandelt, die die Runenlinien deutlich sichtbar zerschnitt. Mirija hielt ihr eine Schale mit Wasser und half ihr, ihn von den letzten Blutresten zu säubern, ehe sie ihm die Decke über die Schultern zogen. Sie sah auf, als sie Oqwen neben sich bemerkte.
» Hat er sich erinnert? « Sie erschrak selbst über die Bitterkeit in ihrem Ton.
Der Krieger nickte. » Ja. Und ich bete darum, dass ich ihm niemals wieder in einem Kampf gegenübertreten muss. So etwas habe ich noch nie erlebt, und ich will es auch nie wieder erleben « , murmelte er ehrfürchtig. » Zum Schluss hat er nicht nur mit mir gekämpft, sondern auch mit der Qual in seinem Kopf. « Erschreckend behutsam strich er eine Falte über der Brust des DúnAnór glatt. » Kümmert euch gut um ihn. Er hat alles gegeben, was er konnte, und noch mehr. « Er blickte zu seinen Männern empor. » Ihr werdet bei eurer Ehre und eurem Blut schwören, dass das, was ihr jetzt hören werdet, niemals an die Ohren anderer dringen wird. «
Einer nach dem anderen gelobten die Krieger mit einem gemurmelten » Bei meiner Ehre und meinem Blut: Ich schwöre « Stillschweigen.
Er wartete, bis auch Darejan und Mirija die Worte wiederholt hatten, dann nickte er. » Wir suchen keinen Weg auf die ShaAdon hinauf, sondern einen, der unter ihr hindurchführt « , teilte er den Männern mit. Seine erhobene Hand beendete ihr erstauntes Gemurmel. » Wir müssen nach einer Felsspalte Ausschau halten. Sie ist gerade groß genug, dass ein Karren und vielleicht noch ein Reiter nebeneinander hindurchpassen. Sie dürfte ziemlich schwer zu finden sein, da die Felsen an ihrem Eingang einander überschneiden, sodass man ihn wahrscheinlich auf den ersten Blick nicht sehen kann. Achtet auf dünne Felsnadeln, die ein klein wenig vorgelagert sind. « Oqwen zögerte, schaute auf den DúnAnór hinab, der still unter den Decken lag. » Ehe er zusammenbrach, sagte er noch etwas, das wie Mittagsfeuer und Schreie klang, aber ich kann nicht erklären, was er damit meinte. Allerdings wäre es denkbar, dass der Zugang zum CordánDún nicht nur gut verborgen, sondern auch gesichert ist. Wir müssen also äußerst wachsam sein. « Er sah seine Krieger wieder an. » Morgen früh, bei Sonnenaufgang sind wir an den Felsen und beginnen mit der Suche. Einer von uns bleibt mit den beiden Frauen und der Klinge hier. Wir werden sie erst nachholen, wenn wir den Eingang gefunden haben. « Die Männer bekundeten nickend ihre Zustimmung und zogen sich dann auf die andere Seite des Feuers zurück. Auch Oqwen erhob sich und ging zu seinen Decken hinüber. Und nachdem sie die junge Frau gebeten hatte, ihr noch einmal die Schale mit frischem Wasser zu füllen und den Wasserschlauch zusammen mit einem Becher in ihrer Reichweite zu lassen, schickte
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