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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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ein Zeichen und sie saßen am Fuß der Treppen ab. Auch Darejan und Mirija glitten von den Rücken der Ragon, während die Krieger ihre Säbel zogen und wachsam die Blicke über die Mauern gleiten ließen. Zu beiden Seiten des Tores führten steinerne Stufen zu den Wehrgängen empor. Niemand war zu sehen.
    Auf der Treppe bückte sich der DúnAnór nach etwas, das auf einer der Stufen gelegen hatte. Selbst auf die kurze Entfernung erkannte Darejan, dass es ein eleganter Eineinhalbhänder war. Er sah auf das Schwert, dann glitten seine Augen durch den Hof, wanderten über das Burghaus und das düstere Gebäude dahinter. Nichts regte sich.
    Die Waffe in der Hand stieg der DúnAnór die Stufen weiter hinauf. Mit pochendem Herzen folgte Darejan ihm zusammen mit den Isârden. Sie holten ihn ein, als er das schmale, zweiflügelige Portal am Ende der Treppe aufstieß. Die schweren Türhälften schwangen in einen kleinen Vorraum auf. Eine hing schief in ihren Angeln und schabte knirschend über den aus dunklen Platten gefügten Steinboden. Als der Laut verhallt war, klangen ihre Atemzüge unnatürlich laut in der Stille. Gegenüber des Portals öffnete sich ein geschwungener Türbogen in einen hohen Bogengang, der sich über zwei Stockwerke erhob und von massigen schwarzen Pfeilern getragen wurde. Und obwohl über allem frühmorgendliche Schatten lagen und in den Ecken noch die Dunkelheit nistete, waren die prächtigen Wandteppiche und Wappenbanner an den Säulen deutlich zu erkennen. Einige waren alt und verblichen, andere neu und von kräftigen, leuchtenden Farben. Auf einem erkannte Darejan die Meereswoge mit dem Schwert, die seit den ersten Tagen das Wappen der Könige von Kahel war. Sie schluckte beklommen. Die Korun mochten sich von den DúnAnór abgewandt und sie vergessen haben, doch die DúnAnór erinnerten sich der Korun noch immer. Das Murmeln der Isârden sagte ihr, dass auch sie die Banner entdeckt und ihre Bedeutung begriffen hatten. Hier hingen die Zeugen eines Bundes, der in längst vergangenen Zeiten geschlossen worden war. Und der in manchen Fällen schon lange nicht mehr geachtet wurde.
    Auf den Längsseiten des mächtigen Gewölbes führten Stufen zu einer steinernen Galerie. Kunstvoll gehauene, hüfthohe Säulen aus Stein, die auf den ersten Blick wie Tiere oder blütengeschmückte Büsche aussahen, trugen dort oben einen polierten Handlauf aus dunklem Stein. In den beiden kleineren Seitengewölben unter der Galerie lauerten an den Wänden entlang und in den Ecken tiefe Schatten. Nur ihre Schritte hallten unter der hohen Decke wider, während sie weiter in den Bogengang hineingingen.
    Sie hatten sein Ende fast erreicht, als der DúnAnór plötzlich mit einem Keuchen vorwärtshastete, nur um schon nach wenigen Schritten neben einer der letzten Säulen des Gewölbes auf die Knie zu sinken. Alarmiert folgten ihm die anderen. Mirija stieß einen entsetzten Schrei aus, als sie die Kriegerin sah, die da verkrümmt in einer bereits getrockneten Lache lag. Das silberblonde Haar der Frau war zu einem langen Zopf geflochten, der ihr über die Schulter hing. Die Muschelsplitter darin verrieten, dass sie aus einem der Kriegerclans der Jerden stammte. Auf der linken Seite war ihr schwarzes Hemd von einem Schwerthieb quer über die Brust zerfetzt. Darunter klaffte eine grauenvolle Wunde. Die ockernen Runenlinien der DúnAnór stachen von ihrer fahlen Haut ab. Ihre dunklen Augen waren gebrochen. Ihr Schwert war aus ihrer leblosen Hand und die zwei breiten Stufen hinabgerutscht, die in eine mächtige Halle hinunterführten. Auf dem schwarzen Mosaikboden wanden sich goldene, ineinander verschlungene Runenmuster, halb verdeckt von den Leichen von Männern, Frauen und Kindern. Einen Augenblick lang starrte Darejan fassungslos auf dieses Bild des Grauens, die Hand vor den Mund gepresst. Manche waren in Schwarz gekleidet wie die Kriegerin, andere trugen die einfachen Gewänder von Bauern oder Handwerkern. Doch durch die Risse in ihren Hemden hindurch schimmerten stets die Runentätowierungen der DúnAnór. Und jeder der Männer und Frauen hielt noch im Tod ein Schwert umklammert.
    Dunkle, noch nicht ganz getrocknete Lachen bedeckten das Gold und Schwarz des Fußbodens. Unter ihnen waren vier Kreise unterschiedlicher Größe zu erkennen, in deren Mitte sich ein weiteres, rundes Symbol befand, das zugleich auch das Zentrum der Runenlinien bildete. Die Leiche eines der schwarz gewandten Krieger lag halb darüber. Eine enge Hose

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