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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Fackeln den Stollen.
    Oqwen führte sie in einem schnellen Schritt vorwärts. Binnen kurzer Zeit hatten sie die Stelle hinter sich gelassen, an der sie bei ihrem ersten Versuch aus dem Stollen geflohen waren. Dennoch lag die Anspannung der Krieger weiter wie etwas Greifbares über ihnen.
    In den Felswänden um sie her schimmerten die Kristalladern nach und nach in der schwarzblauen Farbe der Mitternacht. Das weiße Gestein verwandelte sich immer mehr in glatte, spiegelnde Flächen, die das Licht der Fackeln unruhig zurückwarfen. Zuweilen scheute eines der Tiere vor der plötzlichen Bewegung seines eigenen Spiegelbilds. Jenseits der Felsdecke musste der Mond seinen Zenit bereits wieder überschritten haben.
    Darejan war irgendwann in einen leichten Halbschlaf gesunken, aus dem sie aufschreckte, als der DúnAnór sein Ragon abrupt zum Stehen brachte und sich wachsam umsah. Sofort befahl Oqwen seinen Männern mit einer knappen Handbewegung anzuhalten.
    » Was ist? « – Was ist? – Was ist? – Obwohl der Krieger leise gesprochen hatte, hallten seine Worte von den Kristallwänden wider. Doch anstatt leiser zu werden, wurden sie lauter, und plötzlich schien es, als würden sie von unzähligen Echos wiederholt, die sie mit jedem Was ist? zu einem schmerzhaften, in den Ohren dröhnenden Lärm steigerten. Ein Lärm, der die Ragon erschrocken schnauben und knurren ließ. Und auch diese Geräusche hallten von den Wänden wider. Darejan schlang die Arme um den Kopf, in dem verzweifelten Versuch, den Krach zu dämpfen.
    Hinter ihr im Sattel brachte der DúnAnór sein Reittier mit Händen und Knien mühsam zumindest so weit zur Ruhe, dass er es wenden und in dem Tunnel ein Stück zurückreiten und so den qualvollen Lärm hinter sich lassen konnte.
    In einiger Entfernung zügelte er sein Ragon erneut. Die Stille, die sie umgab, war reinstes Balsam für ihr geschundenes Gehör.
    » Was war das? « Oqwen verhielt sein Reittier neben ihnen.
    Der DúnAnór schüttelte den Kopf. » Ich weiß nicht, wie es heißt, aber ich glaube, ich erinnere mich daran, wie es funktioniert. Vor uns sind Kristalle, die bei dem geringsten Geräusch zu schwingen beginnen. Sie sind wie ein endloses Echo, das sich immer weiter steigert. «
    » Und wie kommen wir jetzt an diesem Krach vorbei, ohne dass uns nach kurzer Zeit das Blut aus den Ohren läuft? «
    » Irgendwie klingt es nach einer gewissen Zeit aus, wenn keine neuen Geräusche dazukommen. Glaube ich. « Darejan musste sich nicht umdrehen, um zu merken, wie er sich mit den Fingerspitzen die Schläfe rieb.
    » Glaubt ihr. « Der Anführer der Isârden klang gereizt. » Also gut. Wir werden warten. Und dann versuchen wir es noch einmal. « Er sah sich im Kreis seiner Männer um. » Ihr wisst, was das bedeutet: kein Laut. Am besten führen wir die Ragon, damit wir sie absolut ruhig halten können. Zurrt die Steigbügel fest, und auch sonst alles, was in irgendeiner Form ein Geräusch verursachen könnte. «
    Die Fackeln waren heruntergebrannt und neue angezündet worden, als Oqwen schließlich das Zeichen zum Aufbruch gab. Jedes Stück Metall, das irgendwie klirren oder klingeln könnte, war festgebunden oder zumindest mit etwas gepolstert worden. Die Krieger hatten sogar die Hufe der Ragon mit Deckenfetzen umwickelt, um ihre Tritte zu dämpfen. Schon weit vor der Stelle, an der sie beim letzten Mal das Echo überrascht hatte, verfielen sie in angespanntes Schweigen.
    Schritt für Schritt bewegten sie sich den Stollen entlang. Glitzernde dünne Kristallfäden hingen von der Decke. Manche schwangen lose hin und her, andere waren mit dem Boden verwachsen und trugen hauchdünne, flache Kristallscheiben, die im Schein der Fackel wie Regenbögen schillerten und den Stollen in ein märchenhaftes Farbenspiel verwandelten. Doch es waren diese Kristallscheiben, um die sie, so gut es ihnen möglich war, einen Bogen machten, damit noch nicht einmal ein Lufthauch sie zum Schwingen bringen konnte.
    Erst als die glitzernden Kristallfäden erneut weißen, von funkelnden Kristalladern durchzogenen Felssäulen gewichen waren, wagte Darejan wieder tiefer zu atmen. Den Kriegern schien es ebenso zu gehen, und selbst die Ragon spürten offenbar, dass die Anspannung von ihren Reitern abfiel, denn einige ließen ein Schnauben hören, das beinah erleichtert klang. Sie tänzelten fast ein wenig übermütig, als sie wieder in die Sättel stiegen und weiterritten.
    Das Licht in den Kristalladern begann allmählich von

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