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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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steckte in hohen Stiefeln. Ein breiter Gürtel raffte ein lose fallendes Hemd mit weiten Ärmeln um seine Mitte. Eine leere Schwertscheide hing an seiner Seite, fast gänzlich verborgen unter einer langen Robe. Er hatte die schmalen, eleganten Gesichtszüge eines Jerden. Wie bei der Kriegerin war sein Haar zu einem langen Zopf geflochten und mit Muschelsplittern geschmückt. Auch unter seiner Hand lag noch sein Schwert.
    Mit einem Schaudern riss Darejan ihren Blick von ihm los und sah zu dem Mann, der neben ihr stand. Seine silbernen Augen glitten durch den Raum, fassungslos und voller Grauen. Zögernd machte er einen Schritt vorwärts, noch einen, stieg die Stufen hinab und vorsichtig über die Leiche eines Mannes hinweg, dann über die einer jungen Frau. Wie ein Schlafwandler bewegte er sich langsam durch die mächtige Halle. Sein Blick huschte von einem Toten zum anderen. Zuweilen kniete er neben einem nieder und streckte die Hand nach ihm aus. Doch er zog sie jedes Mal wieder zurück, ohne ihn tatsächlich zu berühren.
    Sie sah, wie Oqwen den Kopf schüttelte. » Das ist sinnlos. Wer auch immer das war: Sie haben keinen am Leben gelassen « , hörte sie den Anführer der Isârden murmeln. Selbst in seiner Stimme war Entsetzen.
    Darejan beobachtete stumm, wie der DúnAnór sich weiter zwischen den Leichen bewegte. Ob er Oqwens Worte gehört hatte, wusste sie nicht. Diese Menschen waren seine Hoffnung gewesen. Sie ballte die Hände zu Fäusten und bemühte sich, trotz der Enge in ihrer Brust zu atmen. Sie konnten ihm nicht mehr helfen. Und auch ihr nicht.
    Als die Hand des Kriegers sich um ihren Arm legte und er sie entschieden die Stufen in die Halle hinabzog, blickte sie ihn überrascht an.
    Mit dem Kinn wies er auf den DúnAnór. » Bleibt in seiner Nähe. Das hier könnte auch eine Falle sein. « Er gab seinen Männern ein Zeichen, die sich daraufhin in einem lockeren Halbkreis um sie herum verteilten, während er angespannt mit ihr durch die Toten zu dem DúnAnór schritt. Eine seltsame Kälte hing wie unsichtbarer Nebel in der Halle.
    » Hier können wir nichts mehr tun, Klinge. Ich respektiere euren Schmerz, aber vielleicht sind die, die das getan haben noch hier. Lasst uns von diesem Ort verschwinden, solange wir es noch können. «
    Der DúnAnór schien ihn nicht zu hören. Er kniete neben dem Krieger im Zentrum des Kreises, doch sein Blick hing auf etwas im hinteren Teil der Halle. Flache Stufen führten zu einer niederen Empore hinauf. Auch auf ihnen lagen Leichen. Etwas wie ein Ratstisch schien sich in den Schatten zu verbergen. Und dann entdeckte Darejan die Gestalt, die dort in gespenstischer Bewegungslosigkeit im grauen Halblicht saß.
    Die tiefrote Sarinseide ihres Gewandes umfloss ihre Füße wie ein See aus Blut. Lange, weite Ärmel hingen über die Lehnen des Stuhles bis auf den Boden herab. Ihre Haut schimmerte selbst in den Schatten wie helles, poliertes Perlmut und betonte weich ihre eleganten Wangenknochen. Ein seltsames Feuer brannte in ihren dunkelblau schillernden Augen, während sie sich mit einem unergründlichen Zug um die Lippen vorwärtsneigte und zuerst Darejan und dann den DúnAnór ansah …
    » Seloran. « Darejans Stimme versagte.
    Oqwen warf ihr einen schnellen Blick zu, dann zischte er einen Befehl und seine Krieger schlossen den Kreis um sie enger.
    Königin Selorans Mund verzog sich zu einem Lächeln, das sie schaudern ließ.
    » Willkommen im CordánDún, meine Liebe. Ich hatte euch früher erwartet. « Die Worte waren voller kaltem Hohn und klangen zugleich rau und brüchig. Die dunklen Augen richteten sich auf Oqwen. » Ich hätte wissen müssen, dass die Isârden auch diesmal die Kettenhunde der DúnAnór sein würden. « Aus dem Mund der Königin kam ein ärgerliches Schnalzen. » Deinesgleichen war schon einmal ein Dorn in meinem Fleisch, Isârde. Es wird mir ein Vergnügen sein, dich und deine Männer zu denen zu schicken, die es vor dir gewagt haben, sich mir in den Weg zu stellen. Legt die Waffen weg und meine Diener werden euch einen nicht allzu qualvollen Tod bereiten. «
    Zur Antwort hoben die Isârden ihre Säbel. Und fuhren herum, als eine Gruppe bleicher Korun lautlos auf der Treppe hinter ihnen erschienen. Ihre toten Augen starrten sie seelenlos an, während sie sich langsam und mit steifen Bewegungen näherten und sie einkreisten. Auf der Empore traten sechs grau gewandete Krieger aus den Schatten hervor. Ihre Gesichter waren unter ihren Helmen nicht zu

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