Seelenkuss
dabei gesehen wurde, wie er in die Bibliothek ging.– Und warum sich die Soldlinge deiner Königin für ihn interessiert haben. «
» Was? « Überrascht sah Réfen auf.
Kajlan drehte ihren Kelch versonnen zwischen den Fingern. Schließlich blickte sie ihn wieder an. » Er wurde auf Befehl Königin Selorans festgenommen und zusammen mit seiner Bestie heimlich zum GônBarrá gebracht. «
» Woher weißt du das? « Mit einer harten Bewegung stellte er seinen Kristallkelch auf den Tisch zurück und beugte sich jetzt seinerseits vor.
Scheinbar gleichgültig hob sie die Schultern. » Von einem der Soldlinge. Sozusagen aus erster Hand. «
» Was hat der Mann noch gesagt? «
» Bei den Sternen, Réfen… «
» Was hat der Mann noch gesagt?! «
» Nicht mehr viel. Irgendetwas von der Königin, einem Ritual und dass sie die Bestie auf ein Zeichen von ihr töten sollten… «
» Haben sie das getan? Das Tier getötet, meine ich. «
» Verdammt, Réfen, was soll das? Ich sollte für dich etwas über einen Jarhaal mit hellen Augen herausfinden, nicht über irgendeinen Pferdeadler oder ein Adlerpferd, oder was auch immer das für ein Vieh gewesen sein mag. « Ärgerlich strich sie sich eine Strähne aus den Augen. » Aber, ja, nachdem, was der Kerl gesagt hat, haben sie das Tier getötet. Ihm die Kehle durchgeschnitten, glaube ich.– Weshalb willst du das alles wissen? Warum ist dieser Jarhaal so wichtig für dich, dass du Sterne und Meer in Bewegung setzt, um herauszufinden, wo der Kerl steckt? «
» Wo dieser Mann ist, weiß ich. Ich muss wissen, wer er ist und was er hier wollte. « Réfen schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. » Kannst du mir sagen, wo ich diesen Söldling und seine Kameraden finde? «
» Wie bitte?– Du setzt mich auf diesen Jarhaal an und weißt selbst schon die ganze Zeit, wo der Kerl ist? « Auch Kajlan stand abrupt auf. » Verdammt seist du, Réfen! Wenn das ein Scherz sein soll, finde ich ihn nicht besonders gelungen. «
» Kajlan… «
» Nein! Ehe ich nicht weiß, was du weißt, erfährst du von mir kein Wort mehr. « Die Art, wie sie ihn ansah, zeigte ihm sehr deutlich, dass es ihr ernst war. Nach einem langen Zögern nickte Réfen schließlich. Da er nicht wusste, was sich tatsächlich hinter alldem verbarg, was im Palast vor sich ging, widerstrebte es ihm, ausgerechnet der Prinzessin der Diebe und Schmuggler von Kahel möglicherweise zu viel zu erzählen. Allerdings waren sie und ihr Bruder Noren unschätzbare Informationsquellen, wenn es darum ging, von jenen Dingen zu erfahren, die sich insgeheim in der Stadt zutrugen. Ganz abgesehen davon, dass er die beiden schon seit etlichen Jahresläufen seine Freunde nannte.
» Also gut! « Er ließ sich auf seinen Stuhl zurücksinken, stemmte die Ellbogen auf die Lehnen und wartete, bis auch Kajlan sich wieder gesetzt hatte. » Der Mann, von dem wir reden, befindet sich im Kerker des Palastes. Auf Befehl der Königin darf niemand zu ihm, außer diesen Grauen Kriegern, die ihn offenbar jede Nacht foltern. Er soll ein Spion der Nordreiche sein.– Allerdings glaube ich das nicht mehr. Ich war gestern bei ihm. Zugegeben, der Mann ist ein Jarhaal– aber er trägt auch die Edelsteintätowierungen eines KâlTeiréen. «
Auf der anderen Seite des Tisches pfiff Kajlan leise durch die Zähne. » Ein KâlTeiréen.– Das erklärt, warum du nach diesem Tier gefragt hast. Und warum du nicht an die Spionageanschuldigungen glaubst. « Sie lehnte sich über den Tisch und goss Réfen noch einmal Wein ein, ehe sie sich selbst nachschenkte. » Aber wenn du diesen Mann sozusagen unter deinem eigenen Dach hast, warum gehst du dann nicht einfach noch einmal zu ihm und fragst ihn nach seinem Namen und was er hier will? «
» Sein Geist ist verwirrt. Vermutlich durch die Folter der Grauen. «
» Ich verstehe.– Und du bist zu ehrenhaft, einen möglicherweise Unschuldigen weiter in den Händen dieser Grauen Kerle zu lassen, auch wenn er vermutlich für den Rest seines Lebens als blödsinniger Narr vor sich hin vegetieren wird. Andererseits kannst du nicht mit Sicherheit ausschließen, dass der Mann tatsächlich ein Spion ist– auch wenn vieles dagegen spricht–, und ihn einfach laufen lassen. « Sie tippte sich mit dem Finger gegen das Kinn. » Und wenn der Mann tatsächlich auf Befehl deiner Königin von den Grauen gefoltert wird, hängt sie garantiert in der Sache mit drin, sollte an der ganzen Sache wirklich etwas faul sein. Vor allem, da er ja
Weitere Kostenlose Bücher