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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Plankenboden, sodass man zuweilen nur noch gebückt gehen konnte, bei Ebbe hingen sie bedenklich schwankend frei über dem schwarzen Wasserspiegel.
    Langsam nahm er die Hand von der Waffe und ließ den Blick wandern. Auf der anderen Seite der Hafenbucht, wo die großen Handelsschiffe vertäut lagen, bewegten sich einzelne Lichtpunkte am Fuß des Waldes aus Masten, Spieren und Tauen, wenn die Meeresknechte ihre Wachrunden drehten. Ein Stück weiter links reckte sich hinter der Kristallkuppel der Bibliothek der Jisteren-Palast mit seinen hohen Türmen bleich schimmernd in den Nachthimmel. Beinah meinte er, auf seinen hellen Mauerkronen die Schatten der Wachen erkennen zu können.
    » Du hast mich warten lassen! « Er neigte den Kopf ein wenig, um einen Blick zum Mond hinaufzuwerfen.
    Ein entrüstetes Schnauben erklang, dann schälte sich eine schlanke Gestalt aus der Dunkelheit und lehnte sich lässig neben ihn an die Hüttenwand. » Du warst zu früh! « , murrte sie zu ihm hinunter. » Woher wusstest du, dass ich es bin? «
    » Die Duftessenz, die du benutzt. Selbst wenn du dich mit Fischtran einreibst, umgibt dich ihr Geruch immer noch « , erklärte er mit leisem Lachen, wurde dann aber sofort wieder ernst. » Ich war überrascht, dass du mir das vereinbarte Zeichen nach noch nicht einmal einem Tageslauf geschickt hast. Ist dir die Aufgabe zu schwer? «
    » Offenbar hatte ich vergessen, dass du die Nase eines Bluthundes hast. « Dieses Mal war das Schnauben eindeutig ärgerlich. » Willst du mich verspotten? Schwer! Pah! Sie war eine Beleidigung! « Die Gestalt stieß sich von der Hüttenwand ab, streckte ihm die Hand hin und zog ihn von den Planken hoch. Jetzt, da er direkt vor ihr stand, überragte er sie um einen halben Kopf. » Ich habe die Antworten, die du wolltest.– Aber lass uns an einem gemütlicheren Ort reden. Noren hat gestern Nacht ein paar Fässer Sommerbeerenwein aufgetan und wir haben schon lange nicht mehr zusammen getrunken. «
    Überrascht hob er eine Braue. » Noren ist hier? «
    » Nein! Du weißt doch: Für meinen Bruder ist die Nacht, was für andere der Tag ist.– Er ist geschäftlich auf dem Meer. Und zudem hat heute am späten Abend ein Handelsschiff aus Resgivan angelegt. Bis unter die Luken voll mit Gewürzen und kostbaren Pelzen. So etwas lässt Noren sich doch nicht entgehen.– Aber jetzt komm endlich. « Ohne seine Hand loszulassen, drehte die Gestalt sich um und marschierte los.
    Schweigend schritten sie durch die engen Gässchen. Die schwankenden Stege, die sie immer wieder überquerten, waren manchmal kaum mehr als eine schmale Planke, die sich gefährlich unter ihnen bog. Obwohl ihre Stiefel kein Geräusch auf den Bohlen verursachten, tauchten immer wieder aus irgendwelchen verborgenen Nischen und Winkeln Schatten auf, die sich nach ein paar gemurmelten Worten, zuweilen auch nur einem kurzen Nicken oder einer grüßenden Geste wieder in die Dunkelheit zurückzogen.
    Schließlich erreichten sie eine niedrige Tür, hinter der ein enger Flur an einer rauen Bretterwand entlangführte. Vereinzeltes Gelächter und die eindeutigen Laute eines Bordells erklangen auf der anderen Seite. Der Gang machte einen scharfen Knick und endete vor einer weiteren Tür, die sich zu einem erstaunlich geräumigen und behaglich eingerichteten Raum öffnete. Dicke Teppiche, deren leuchtende Farben verrieten, dass sie aus den fernen Ländern stammen mussten, die Jenseits des Windmeeres lagen, bedeckten den Boden. Kerzen verbreiteten ein warmes Licht, das gold- und silberverzierte Kandelaber ebenso glänzen ließ wie die polierten Möbel, auf denen sie standen. Den hinteren Teil des Raumes nahm ein breites Bett ein, dessen Himmel mit unzähligen glitzernden Bergedelsteinen bestickt war. Seine zurückgebundenen Vorhänge und die aufgeschlagenen Seidendecken waren eine unausgesprochene Einladung.– Allerdings würde nur ein Narr diese Einladung annehmen, ohne sich zuvor zu vergewissern, dass sie auch wirklich ihm galt. Auf dem schweren Tisch in der Mitte des Zimmers wartete dunkler Wein in einer Kristallkaraffe. Zwei goldgeränderte Kelche standen zusammen mit einer flachen Schale, in der sich eine dunkle Paste befand, und einem Teller mit Barrássfladen daneben bereit.
    » Setz dich, Réfen! « Mit einer eleganten Bewegung streifte die schmale Gestalt den Mantel ab und warf ihn achtlos über eine geschnitzte Truhe, ehe sie sich mit einem jener Lächeln zu ihm umwandte, für die Kajlan Lìran Nadrahl,

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