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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Füße und stieß sie zum Tisch. Ein Stuhl wurde hinter sie geschoben. » Hinsetzen! « , befahl eine Stimme. Auch wenn sie sich hätte weigern wollen, hätten ihre Beine sie gezwungen zu gehorchen.
    » Ich dachte, er wäre zahm! «
    Die scharf hervorgestoßenen Worte kamen von dem hochgewachsenen Korun mit dem Rossschweif. Die Frau murmelte etwas Unverständliches, füllte einen Becher mit Wein und ging hinüber zu dem Mann, der immer noch reglos am Boden kauerte. Als sie ihn an der Schulter berührte, zuckte er mit einem heiseren Laut vor ihr zurück und schlang die Arme um sich. Darejan konnte hören, wie die Frau leise auf ihn einsprach. Etwas wie ein Fieberschauer schüttelte ihn, unvermittelt krümmte er sich vornüber, die Fäuste gegen die Schläfen gepresst. Die Laute, die aus seiner Kehle kamen, klangen eher nach einem Tier denn einem Menschen. Die Erkenntnis traf Darejan wie ein Schlag: Réf hatte sein Leben für einen Schwachsinnigen riskiert. Die Frau beugte sich näher zu dem Mann, hielt ihm den Wein hin, sagte wieder etwas– diesmal war ihr Ton drängend. Im nächsten Augenblick zerschellte der Becher auf den Dielen. Der Verrückte hatte ihn ihr aus der Hand geschlagen und war so jählings aufgesprungen, dass die anderen Männer im Raum erschrocken nach ihren Waffen gegriffen hatten. Nun stand er an der Wand, die Stirn gegen das raue Holz gedrückt, die Worte, die er hervorstieß, abgehackt und halblaut, zu leise, dass Darejan sie hätte verstehen können. Er schüttelte den Kopf, immer wieder, während seine Fingernägel über die Bretter scharrten, als wolle er sich hindurchkratzen. Seine Hände kamen schließlich zur Ruhe, doch das leise Schluchzen, das jetzt zu ihr herüberdrang, ließ Darejan schaudern.
    Ihr Mund wurde trocken, als sie bemerkte, wie der Mann mit dem Rossschweif sie ansah.
    » Mern sagte uns, ihr sucht Kajlan. Was wollt ihr von ihr? «
    Darejan versuchte zu schlucken. » Ich habe eine Nachricht für sie « , brachte sie endlich hervor.
    Der Mann neigte den Kopf in Richtung der Frau. » Das ist Kajlan. Wer schickt euch und wie lautet die Nachricht? «
    » Réfen… Hauptmann Réfen.– Ich soll ihr sagen: › Die Grauen suchen den Jarhaal. ‹«
    Einen Moment maß der Mann sie mit schmalen Augen, ehe sein Blick weiterwanderte. » Tolren, Zadalen, ihr wisst, was ihr zu tun habt. Verschwindet! « Eine kurze Handbewegung schickte zwei seiner Kumpane hinaus. Er nickte den Übrigen zu. » Bereitet alles vor. Sollten die Grauen tatsächlich vor Ablaufen der Flut hier auftauchen, müssen wir schnell verschwinden. « Abgesehen von dem jungen Mann in der Robe, Kajlan und einem schmalgliedrigen Mann mit Fuchsgesicht verließen auch die anderen den Raum. Einer von ihnen hatte den Jungen am Kragen.
    Darejan rutschte unwillkürlich auf ihren Sitz so weit zurück, wie es ihr möglich war, als der Korun mit dem Rossschweif dann zu ihr herüberkam– den Verrückten wie einen widerspenstigen jungen Hund am Arm mit sich ziehend. Er schob den Mann vor sie. Zu Darejans Erleichterung in mehr als einem Schritt Abstand zu ihr und ohne ihn loszulassen.
    » Kennt ihr ihn? « Die Frage kam vollkommen überraschend.
    Sie starrte den Verrückten an– er starrte zurück. Die Lippen zu einem feindseligen Strich zusammengepresst, riss er vergeblich an der Hand, die seinen Oberarm fest umschlossen hielt. Im Licht blitzten die Edelsteinlinien über seiner Braue. Er war bleich und hohlwangig. Kaum beherrschter Hass sprach aus seinen hellen Augen, unter denen tiefe Schatten lagen, in den Winkeln umgeben von einem feinen Netz aus Lachfältchen, die seine Gesichtsknochen scharf hervortreten ließen. Darejan blinzelte, als sie zum ersten Mal den dunklen Kreis wahrnahm, der das Silber seiner Iris umschloss. Bei den Sternen, ein Dämonenring! Von Menschen mit solchen Augen sagte man, sie hätten ihre Seele an die Finsternis verkauft.
    Sie schüttelte den Kopf. » Nein! Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen. «
    » Er sagt, ihr hättet jemanden ermordet, der ihm sehr nahe stand. «
    Darejan ignorierte das leise Ziehen hinter ihrer Stirn und hob das Kinn. » Er lügt! «
    » Mörderin! Hexe! « Die Worte waren ein heiseres Fauchen. Wieder versuchte der Verrückte sich aus dem Griff des anderen Mannes zu befreien; wieder erfolglos.
    Zischend stieß sie den Atem aus. » Und wen soll ich ermordet haben? «
    In den Tiefen seiner Silberaugen flackerte es. Er leckte sich über die Lippen, schloss für einen Moment die Lider.

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