Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
Vom Netzwerk:
schüttelte aber den Kopf, als sie einen neuen abbrechen wollte, nickte stattdessen in Richtung des Wasserschlauchs. » Gib mir zu trinken! «
    Darejan zögerte, riss dann aber ein weiteres Stück ab, hob es an seinen Mund. » Iss noch… «
    Brüsk drehte er das Gesicht weg. » Nein! Gib mir zu trinken! « , verlangte er erneut. Einen Moment sah sie ihn an, dann griff sie nach dem Wasserschlauch und löste mühsam den Korken. Sie konnte ihn kaum zum Essen zwingen, wenn er nicht wollte. Ungeschickt erhob sie sich auf die Knie und hielt ihm die Öffnung an die Lippen. Er trank mit der Gier eines Verdurstenden. Silberne Rinnsale flossen über sein Kinn, seinen Hals hinab. Gebannt folgte sie den glitzernden Tropfen mit den Augen, beobachtete die Bewegung seiner Kehle, als er schluckte– und ertappte sich bei dem Gedanken, wie es wohl sein würde, ihm die Nässe von der Haut zu küssen, die feuchte Kühle zu schmecken und darunter, warm und samtig …
    Sie schrak zurück, ein Schwall Wasser ergoss sich über sein Gesicht, er verschluckte sich, musste husten.
    » Willst du mich ersäufen, Hexe? « , stieß er böse hervor, als er endlich wieder atmen konnte, und holte sie so endgültig in die Wirklichkeit zurück. Darejan zerbiss die Antwort zwischen den Zähnen, nicht sicher, ob ihre Stimme ihr tatsächlich gehorchen würde. Stattdessen ließ sie sich auf die Fersen zurücksinken, kehrte ihm den Rücken und verzehrte den Rest von Brot und Wasser selbst. Tief in ihrem Inneren zitterte etwas.
    Am Feuer hatten sich die Männer in ihre Decken gewickelt. Nur einer, der mit den Kratzern im Gesicht, war noch wach und blickte von Zeit zu Zeit zu ihnen herüber. Darejan rollte sich zusammen, wandte sich von ihm ab. Verstohlen drehte sie die Handgelenke gegeneinander, versuchte den Knoten mit den Zähnen zu erreichen. Erfolglos. Für die Dauer mehrere Atemzüge presste sie die Lider aufeinander, kämpfte die Verzweiflung nieder, die sie mit einem Mal würgte. Dann holte sie ein paar Mal tiefLuft, bemühte sich ruhig zu werden, und konzentrierte sich auf ihre Magie. Sie hatte sie in der Gasse für einen kurzen Augenblick gespürt, kurz bevor einer der Männer sie niedergeschlagen hatte. Es war nicht mehr als ein Hauch gewesen, und doch hatte sie sie gespürt. Sie stieß den Atem aus, konzentrierte sich wieder, stellte sich vor, wie unsichtbare Finger die Knoten lockerten, lösten– nichts geschah. Die nächtliche Kälte kroch über den Boden, in ihre Glieder, ließ sie frösteln. Darejan beachtete sie nicht, versuchte es abermals. Wieder ohne Erfolg.
    » Hexe! « Etwas stieß leicht gegen ihre Schulter. » Hexe! « Sie blinzelte, begriff, dass sie gemeint war, und hob den Kopf. Ihre Augen begegneten den silbernen des Verrückten. Er sah davon ab, sie noch einmal zu treten, nickte ihr stattdessen auffordernd zu. » Komm her! « Als sie ihn verständnislos anschaute, knurrte er: » Du frierst, mir ist kalt! Rutsch rüber, dann können wir uns wenigstens gegenseitig wärmen. « Er sprach gedämpft, aber dennoch laut genug, dass der Mann am Feuer sich wachsam aufrichtete. Darejan zögerte. Seine Augen zogen sich zu wütenden Schlitzen zusammen. » Verdammt! Tu, was ich sage! Komm her! « Dieses Mal zischte er die Worte nur hervor.
    Unter dem misstrauischen Blick ihres Bewachers tat sie schließlich, was er verlangte. Mit gefesselten Händen und Füßen zu schlafen, war unangenehm genug. Sie zögerte, als sie ihn erreicht hatte. Sein Mund verzog sich in bösem Spott.
    » Nur keine falsche Scham, Hexe. Ich bin ganz der deine. Mach es dir bequem. « Das Verlangen, ihn zu schlagen, war einen Moment lang beinah übermächtig. Fren hatte recht gehabt. Er war arrogant und unverschämt. Ohne auf seine beißenden Worte einzugehen, rutschte sie noch näher, schmiegte sich an ihn und lehnte den Kopf gegen seine Schulter. Sein Körper war warm. Zu warm, beinah fiebrig. Er roch nach Wein und Schweiß– und nach Felsen und Wind. Warum war ihr das nicht schon früher aufgefallen? Der Mann am Feuer sah noch einige Zeit zu ihnen her, entspannte sich dann aber wieder. Darejan schloss die Augen. Das gleichmäßige Heben und Senken der festen Brust unter ihrer Wange war das Letzte, was sie spürte, ehe sie einschlief.

24
    D ie Reiter kamen mit dem Einbruch der Dunkelheit. Söldner und blasshäutige Korun mit leeren, toten Augen. Ein grau gewandeter Krieger auf einem mächtigen, fahlen Streitross führte sie an. Kälte umgab ihn. In dem tödlichen

Weitere Kostenlose Bücher