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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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gefesselt. Leder dehnte sich, wenn es nass wurde– ob von Blut oder von Wasser war dabei gleichgültig. Ihre Augen weiteten sich. Schon als er sie zu sich herübergerufen hatte– vorgeblich, damit sie sich gegenseitig wärmen konnten–, hatte er geplant zu fliehen. Er hatte laut genug gesprochen, dass die Männer am Feuer ihn hören konnten, und so verhindert, dass sie misstrauisch wurden. Nachdem sie sich an ihn geschmiegt hatte, war sie zwischen ihm und dem Lichtschein gewesen und hatte seine verstohlenen Bewegungen vor ihren Blicken verborgen. Aber warum hatte sie selbst dann nichts gemerkt? Hatte er gewartet, bis sie auf seiner Brust eingeschlafen war, und sie war zu erschöpft gewesen, um davon zu erwachen?
    Auch Nakeen war abgestiegen und kam zu ihnen herüber. Die Stute folgte ihm dicht auf, blieb aber dann ein paar Schritt entfernt zögerlich stehen. Im Licht glänzten die kupfernen Strähnen in seinem dunklen Haar mit den Edelsteintätowierungen an seiner Stirn um die Wette. Seine hellen grüngoldenen Augen bildeten einen reizvollen Kontrast zu seiner dunkel gebräunten Haut. Er schien sogar ein wenig jünger zu sein als Darejan selbst, und doch hatte irgendein Schmerz harte Linien um seinen Mund gegraben. Wie am Abend zuvor streifte sein Blick sie nur kurz, ehe er zu dem Verrückten ging– und wie in der Nacht schien er für einen Moment nach etwas Ausschau zu halten, hob dann aber wieder die Schultern.
    » Wir sind tief im WrenVarohn. Bis hierher wagt sich niemand. Hier können wir ein paar Stunden ausruhen. Dort drüben, zwischen den Felsen, ist eine kleine Quelle.– Zaree und ich gehen unseren Weg zurück, um zu sehen, ob sie uns noch verfolgen und ich eine falsche Spur legen muss. « Jetzt sah er Darejan doch an, bedeutete ihr wortlos abzusteigen. Sie zögerte, blickte zu dem Verrückten hin, doch als er keinen Einspruch erhob, glitt sie gehorsam vom Rücken des Hengstes, damit Nakeen aufsitzen konnte. Einen Augenblick später preschte er aus der Senke heraus und verschwand zwischen den Bäumen.
    » Warum vertraust du ihm? « Darejan konnte die Frage nicht länger zurückhalten. Der Verrückte blickte sie an.
    » Sie tun es. « Er nickte zu der Stute hin. Die Worte klangen, als sei das alles, was er wissen müsste.
    » Aber wenn es stimmt, was er gesagt hat… «
    » …hätte er uns nicht hierher geführt und allein zurückgelassen. « Müde schüttelte er den Kopf. » Wir sollten uns ausruhen. «
    Noch immer zögernd folgte ihm die CayAdesh-Stute in einigem Abstand, als er sich umwandte und zu dem Felsen hinüber ging. Schweigend sah Darejan ihm nach. Jede seiner Bewegungen sprach von abgrundtiefer Erschöpfung. Im Augenblick schien sein Verstand klar, doch es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er wieder im Wahnsinn versinken würde. Am Fuß der Felsen kniete er schwerfällig nieder und beugte sich vor. Offenbar hatte er die Quelle gefunden, von der Nakeen gesprochen hatte. Er trank lange und scheinbar mit der gleichen Gier wie am Abend zuvor. Die Stute stand die ganze Zeit beinah auf Armeslänge neben ihm, den Kopf vorgereckt, ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn konzentriert. Irgendwann begann sie unruhig mit ihrem Federschweif zu schlagen, rührte sich aber ansonsten nicht. Doch als er sich schließlich wieder wankend auf die Beine mühte und die Hand nach ihr ausstreckte, legte sie unvermittelt die Ohren an und wich mit gebleckten Zähnen vor ihm zurück. Mehrere Herzschläge lang stand er vollkommen regungslos, sichtlich erschrocken und verwirrt. Der Stute schien es ebenso zu gehen. Obwohl sie sich von ihm fernhielt, witterte sie angestrengt, streckte immer wieder den Kopf in seine Richtung. Die leisen Laute, die sie ausstieß, klangen beinah verstört. Dennoch legte sie jedes Mal, wenn er auf sie zugehen wollte oder nur die Hand zu ihr hob, die Ohren zurück, schüttelte ihre Mähne und entfernte sich ein Stück weiter. Er war es schließlich, der aufgab und sich im Schatten der Felsen zu Boden sinken ließ. Darejan sah, dass er dabei die Hand gegen die Brust presste. Schon am vergangenen Abend war ihr die unnatürliche Wärme seines Körpers aufgefallen. Eine Wärme, aus der im Laufe der Nacht fiebrige Hitze geworden war.
    Die Stute wich ihr aus, als sie die Senke durchquerte, ließ sie aber nicht aus den Augen. Neben dem Verrückten kniete sie sich ins Laub. » Lass mich nach deiner Wunde schauen. «
    Einen Moment sah er sie schweigend an. Wie schon so oft war sein Blick voller

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