Seelenlos
Gandhi über Woodrow Wilson bis zu Jassir Arafat.
Jemand schlug vor, die Statue von Gandhi solle die Gesichtszüge von Ben Kingsley tragen, der den großen Mann im Film gespielt habe. Dann könne man den Schauspieler vielleicht dafür gewinnen, bei der Enthüllung anwesend zu sein.
Daraufhin brachte meine gute Freundin Terri Stambaugh, Besitzerin des Grills, den Vorschlag vor, als Modell für die Gandhi-Statue Brad Pitt zu nehmen. Wenn der zur Einweihung käme, dann wäre das erst recht ein absolutes Großereignis, zumindest nach den Maßstäben von Pico Mundo.
Bei derselben Bürgerversammlung bot Ozzie Boone sich selbst als Thema des Denkmals an. »Männer meines beachtlichen Leibesumfangs werden nie in den Krieg geschickt«, sagte er, »und wenn jeder so fett wie ich wäre, dann gäbe es keine einzige Armee.«
Manche hatten das als Spott verstanden, andere waren von der Idee durchaus angetan gewesen.
Vielleicht wird die derzeitige Skulptur eines Tages durch einen sehr fetten Gandhi ersetzt werden, der nach dem Vorbild von Johnny Depp geschaffen ist, aber vorläufig bleiben die Soldaten an Ort und Stelle. In jener Nacht waren sie in Dunkelheit gehüllt.
An den größeren Straßen entlang stehen im Stadtzentrum alte Jacaranda-Bäume, die im Frühling üppig mit purpurfarbenen Blüten bedeckt sind; der Memorial Park hingegen hat prächtige Phönixpalmen zu bieten. Unter den Wedeln eines solchen Exemplars setzte ich mich mit Blick zur Straße auf eine Bank. Die nächste Straßenlaterne war ein Stück weit entfernt, und der Baum schirmte mich von dem zunehmend rötlichen Mondlicht ab.
Obwohl ich im Dunkeln saß, fand Elvis mich ohne Weiteres. Er materialisierte sich, indem er plötzlich neben mir saß.
Gekleidet war er in eine Armeeuniform aus den späten 1950er-Jahren. Ich kenne mich nicht genug aus, um sagen zu können, ob es tatsächlich eine Uniform aus seiner Militärzeit war oder das Kostüm, das er in Café Europa – respektive G. I. Blues – getragen hat. Der Film wurde 1960 innerhalb von fünf Monaten nach seinem Abschied aus der Army gedreht, geschnitten und ins Kino gebracht.
Alle anderen ruhelosen Toten, die ich kenne, erscheinen in der Bekleidung, in der sie gestorben sind. Nur Elvis tritt in der Garderobe auf, die er im jeweiligen Moment für angemessen hält.
Vielleicht wollte er nun Solidarität mit den Leuten ausdrücken, die sich für den Erhalt des Soldatendenkmals einsetzten. Oder er war einfach der Meinung, in einer Khakiuniform sehe er cool aus, was zweifelsohne auch der Fall war.
Wenige Menschen haben ein so öffentliches Leben geführt, dass man praktisch über jeden ihrer Tage Bescheid weiß. Elvis ist einer von ihnen.
Weil selbst seine banalsten Aktivitäten so gründlich dokumentiert sind, kann man mit hinreichender Gewissheit sagen, dass er Pico Mundo zu Lebzeiten nie besucht hat. Er ist auch nie mit der Eisenbahn durchgekommen, hatte nie eine Affäre mit einem von hier stammenden Mädchen und auch sonst keinerlei Verbindung zu unserer Stadt.
Wieso er sich entschlossen hat, ausgerechnet in dieser gut gerösteten Ecke der Mojave-Wüste zu spuken statt in Graceland, wo er gestorben ist, weiß ich nicht. Ich habe ihn gefragt, aber er weigert sich, das unter den Toten geltende Schweigegebot zu brechen.
Gelegentlich versuche ich trotzdem, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, meist abends, wenn wir in meinem Wohnzimmer sitzen und uns seine besten Titel anhören, was wir in letzter Zeit oft tun. Ich habe vorgeschlagen, er solle als Antwort eine Art Zeichensprache verwenden: Daumen nach oben für ja , Daumen nach unten für nein und so weiter.
Er blickt mich jedoch nur mit seinen von schweren Lidern beschatteten, halb blutunterlaufenen Augen an, die noch blauer sind, als sie in seinen Filmen aussehen, und behält seine Geheimnisse für sich. Oft grinst und zwinkert er, boxt mir spielerisch an den Arm oder tätschelt mein Knie.
Er ist eine umgängliche Erscheinung.
Neben mir auf der Parkbank sitzend, hob er die Augenbrauen und schüttelte den Kopf, als wollte er ausdrücken, meine Neigung,
mich in Schwierigkeiten zu bringen, würde ihn immer wieder erstaunen.
Früher habe ich gedacht, er sträube sich dagegen, diese Welt zu verlassen, weil die Leute so nett zu ihm waren und ihn in so großer Zahl verehrt haben. Obwohl seine Auftritte zunehmend zur Katastrophe wurden und er von diversen verschreibungspflichtigen Medikamenten abhängig geworden war, befand er sich bei seinem Tod –
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