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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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können so mystisch sein wie ein verdammter …« Terrible Chester saß immer noch auf der obersten Treppenstufe und starrte mich fasziniert an. »… so mystisch wie ein verdammter Kater.«
    »Das nehme ich als Kompliment.«
    »So war es nicht gemeint.« Ich schob meinen Stuhl zurück. »Jetzt muss ich aber wirklich gehen.«
    Wie üblich, wenn ich gehe, ließ er es sich nicht nehmen, mühsam auf die Beine zu kommen. Dabei habe ich immer Angst, durch die Anstrengung könnte sein Blutdruck in den roten Bereich steigen und einen Schlaganfall verursachen.
    Er umarmte mich, und ich umarmte ihn, wie wir es beim Abschied immer tun, als würden wir nicht erwarten, uns wiederzusehen.
    Ich frage mich, ob bei der Verteilung der Seelen manchmal etwas schiefläuft, sodass in dem einen oder anderen Baby die falsche Seele landet. Wahrscheinlich ist das Blasphemie, aber mit meinen frechen Sprüchen habe ich mir jede Chance auf Heiligkeit bekanntlich schon verbaut.
    Mit seiner Herzensgüte wäre Ozzie jedenfalls dazu bestimmt gewesen, ein schlankes, gesundes Leben zu führen und nur zehn Finger zu haben. Und mein Leben würde mehr Sinn ergeben, wenn ich als sein Sohn geboren wäre statt als Sprössling verkorkster Eltern, die mich im Stich gelassen haben.
    Als wir mit der Umarmung fertig waren, fragte er: »Was nun?«
    »Das weiß ich nicht. So ist es immer. Es fliegt mir zu.«
    Chester pinkelte mir nicht auf die Schuhe.
    Ich ging zum Ende des breiten Rasens, dann durch das Wäldchen und durch das Tor im Zaun hinaus.

12
    Ohne dass es mich sonderlich überrascht hätte, landete ich wieder am Blue Moon Café.
    Der Mantel der Nacht hatte die Gasse mit etwas Romantik verhüllt, doch das Tageslicht beraubte sie ihrer vorgeblichen Schönheit. Nicht, dass hier Dreck und Ungeziefer geherrscht hätten, aber es war einfach grau, eintönig, trostlos und ungastlich.
    Fast überall verwendet die Architektur mehr Sorgfalt auf Frontfassaden als auf Hintereingänge. Auch der öffentliche Raum wird höher bewertet als der private. Hauptsächlich ist das eine Folge beschränkter Geldmittel.
    Danny Jessup meint, in diesem Aspekt der Architektur spiegele sich auch die menschliche Natur. Schließlich kümmerten die meisten Leute sich mehr um ihr Aussehen als um den Zustand ihrer Seele.
    Obwohl ich nicht so zynisch wie Danny bin, und obwohl ich die Analogie zwischen Hintertüren und Seelen nicht besonders gelungen finde, muss ich zugeben, dass ich in seiner Einschätzung eine gewisse Wahrheit sehe.
    Was ich nun im zitronenbleichen Morgenlicht nicht sehen konnte, war irgendein Hinweis, der mich wenigstens einen einzigen Schritt näher an ihn oder seinen psychotischen Vater herangebracht hätte.
    Die Polizei hatte ihre Arbeit erledigt und war abgezogen. Den Lieferwagen hatte man abtransportiert.

    Ich war nicht mit der Erwartung hergekommen, etwas zu finden, was die Cops übersehen hatten, damit ich Sherlock Holmes spielen und die Übeltäter mit detektivischem Scharfsinn aufspüren konnte.
    Vielmehr war ich hier, weil dies der Ort war, an dem mein sechster Sinn mich im Stich gelassen hatte. Den hoffte ich wiederzufinden wie eine Spule Garn, die mir aus der Hand gefallen und unter dem Sofa verschwunden war. Wenn es mir gelang, das lose Ende des Fadens zu entdecken, dann konnte ich ihm bis zur Spule folgen.
    Gegenüber dem Kücheneingang des Cafés befand sich das Fenster im Obergeschoss, aus dem die alte Frau im blauen Bademantel geschaut hatte. Nun waren die Gardinen zugezogen.
    Ich überlegte kurz, ob ich mich mit der Frau unterhalten sollte. Sie war jedoch schon von der Polizei befragt worden, und deren Mitarbeiter waren wesentlich versierter als ich, wenn es darum ging, irgendwelchen Zeugen wertvolle Beobachtungen zu entlocken.
    Langsam ging ich nach Norden bis zur nächsten Querstraße. Dann drehte ich mich um und ging in südlicher Richtung am Café vorbei.
    Zwischen den Müllcontainern waren Lastwagen einrangiert; Waren wurden ausgeladen, inspiziert und inventarisiert. Fast eine Stunde, bevor ihre Angestellten erschienen, waren die Geschäftsinhaber am Hintereingang ihrer Läden oder Lokale schon im Einsatz.
    Der Tod kam, der Tod ging, doch Handel und Wandel gingen unaufhörlich weiter.
    Einige Leute bemerkten mich. Keinen von ihnen kannte ich gut, manche überhaupt nicht.
    Die Reaktion derer, die mich erkannten, war mir ebenso unangenehm wie vertraut. Für sie war ich ein Held – der Typ, der
im August den Irren aufgehalten hatte, von dem das

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