Seelenmoerder
fallen gelassen wird, aber da hab ich ihr was gehustet. Das beweist doch wohl, dass ich Privates und Berufliches nicht vermischt habe. Ich habe meine Position nicht dazu benutzt, Sondervergünstigungen für sie rauszuholen.«
Ryne starrte McElroy ungläubig an. »Ja, das beweist natürlich, was für ein feiner Mensch du bist. Du kapierst tatsächlich nicht, in was für einen Schlamassel du uns da hineingeritten hast, oder?« Es hielt ihn nicht mehr auf seinem Stuhl, und er ging erbost auf und ab. »Du hast deinem Schwanz das Denken überlassen und monatelang eine Prostituierte gevögelt. Die Chan hat die Vermutung geäußert, dass du der gesuchte Vergewaltiger bist, weißt du das?«
McElroy machte ein finsteres Gesicht. »Sie will mir nur eins auswischen. Das liegt doch auf der Hand.«
Ryne rang um ein Minimum an Geduld, was ihm schwerfiel, da er McElroy nach wie vor am liebsten einen Fausthieb versetzt hätte. »Schon möglich, aber wir verschwenden wertvolle Zeit, um sie zu widerlegen, weil wir jeden Hinweis verfolgen müssen, der bei uns eingeht. Außerdem haben wir ohnehin zu wenig Leute. Es wird mindestens eine Woche dauern, bis der Neue über den Stand der Ermittlungen auf dem Laufenden ist.«
»Ich bin also schon ersetzt worden?« McElroy stand auf.
Sein Gesichtsausdruck war verzerrt. »Du hast nicht lange gefackelt, was? Wahrscheinlich hast du den anderen bereits vorher ausgesucht. Du wolltest mich bei dem Fall sowieso nicht mit an Bord haben. Das war schon die ganze Zeit klar.«
McElroy trat einen Schritt vor, und Ryne wappnete sich. Wütend wie er war, hätte er die Gelegenheit zu einer Schlägerei beinahe willkommen geheißen.
Der Impuls war so stark, dass er tief Luft holte und langsam wieder ausatmete. »Wir dürften eigentlich gar nicht miteinander reden«, sagte er in bemüht ruhigem Tonfall. »Alles, was du dazu zu sagen hast, muss über Captain Brown laufen.«
McElroy sank in sich zusammen, während seine Wut ebenso rasch verflog, wie sie gekommen war. »Eigentlich hätte ich mir von dir mehr Verständnis erwartet. Ich brauche dringend eine Beschäftigung. Meine Frau … sie hat mich vor sechs Monaten verlassen und meine kleine Tochter mitgenommen. Ich hab sie seit zwölf Wochen nicht mehr zu Gesicht gekriegt. Manchmal ist der Job alles, was ich habe, weißt du? Ich drehe durch, wenn ich nur zu Hause rumsitze.«
Ryne schwieg, doch ihn durchzuckte heftiges Mitleid. Er hatte nicht gewusst, dass McElroy ein Kind hatte. Ehe McElroy zu seiner Sonderkommission gestoßen war, hatte er ihn nur flüchtig aus dem Fitnessstudio gekannt.
»Wenn du mich fragst, dann sieht es tatsächlich so aus, als wollte uns die Chan ein Schnippchen schlagen, indem sie dich anschwärzt. Sobald wir deine Alibis für die fraglichen Nächte überprüft haben, bist du in dem Zusammenhang aus dem Schneider. Aber alles andere …« Er schüttelte den Kopf. »Du wirst schon die ganze Disziplinarmühle über dich ergehen lassen müssen.« Ganz egal, wie unsympathisch
ihm McElroy im Moment auch war, er beneidete ihn nicht um das, was ihm bevorstand. »Hast du schon einen Termin mit deinem Gewerkschaftsvertreter ausgemacht?«
»Um vier.«
»Hör ihm gut zu. Und such dir eine Beschäftigung, damit du etwas zu tun hast, statt herumzusitzen und den ganzen Tag darüber nachzugrübeln.« Vor nicht allzu langer Zeit war er selbst ein Experte für ausdauerndes Grübeln gewesen. Es brachte gar nichts, sondern bereitete nur den Weg zu einem tieferen, dunkleren emotionalen Loch.
Er ging zur Tür des Besprechungsraums und machte sie auf. »Wenn wir deine Zeitangaben hinsichtlich der fraglichen Nächte abgeklärt haben, hast du ein Alibi. Dann musst du dir schon über einen Punkt weniger den Kopf zerbrechen.«
McElroy nickte trübsinnig und ging ohne ein weiteres Wort hinaus. Ryne sah ihm einen Augenblick nach, registrierte die demonstrative Geschäftigkeit der anderen an ihren Schreibtischen und schlug die Tür zu. Dann ließ er sich auf einen Stuhl fallen und rieb sich müde den Nacken.
Die neuesten Erkenntnisse des Chemikers und die mögliche Spur zur Pharmaindustrie hatten einen großen Teil von Dixons Ärger verpuffen lassen – zumindest bis er von den Vorgängen um McElroy erfahren hatte und regelrecht explodiert war. Auch Captain Brown war nicht gerade erfreut gewesen. Was als vielversprechender Tag für die Ermittlungen begonnen hatte, war mit einem Schlag ins Gegenteil umgekippt.
Missmutig überlegte Ryne, ob er das Pech
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