Seelenmoerder
sich leisten, ein bisschen mit ihr zu spielen und sie zu der Schiebetür laufen zu lassen, die verschlossen und durch ein Holzscheit blockiert war, das sie selbst in die Laufschiene gerammt hatte, um Eindringlinge fernzuhalten.
Ein paar Momente hatte er sie am Schloss herumfummeln lassen, ehe er zuschlug. Bei ihrem Kampf hatten sie einen Stuhl umgeworfen, der nach wie vor auf dem Teppich lag. Der Zaun um den kleinen Garten sorgte dafür, dass er seinen Plan ohne Störungen durch neugierige Nachbarn umzusetzen vermochte.
Abbie krümmte die Finger der einen Hand um die Handfläche, als hielte sie eine Spritze. Barbara Billings hatte ausgesagt, sie habe die Spritze kurz nach dem ersten Handgemenge bekommen, also musste der Täter sie parat gehabt haben. In einer Hemdtasche oder einem Ärmel vielleicht. Mit einer Plastikkappe über der Nadel, um sich nicht versehentlich selbst zu stechen.
Sie spürte Robel neben sich, ehe sie ihn sah. »In welchen Arm hat sie die Spritze bekommen?«, fragte sie leise, in Gedanken noch ganz bei den Ereignissen, die sich zwei Tage zuvor hier abgespielt hatten.
»Den linken.«
»Was fast sicher darauf schließen lässt, dass er die rechte Hand benutzt hat. Sie hat gesagt, sie sei bereits zu Boden gegangen, bevor er ihr die Spritze gegeben hat.« Sie wandte Robel den Blick zu und verließ die gestörte Gedankenwelt des Vergewaltigers. »Sie haben sie gefragt, mit welcher Faust er sie geschlagen hat …«
»… und sie hat geantwortet, mit beiden. Ich weiß, worauf
Sie damit hinauswollen, aber die ersten beiden Opfer haben die Spritzen anfangs von hinten in den linken Arm gerammt bekommen, was auf einen linkshändigen Angreifer schließen lässt. Die letzten beiden jedoch eher auf einen Rechtshänder. Entweder benutzt er beide Hände gleichermaßen gewandt, oder er wechselt ab, um uns durcheinanderzubringen.«
»Wenn sich herausstellen sollte, dass er Beidhänder ist, wäre auch das eine wichtige Information«, sagte sie ruhig. »Hat man die Messer schon gefunden?«
Robel nickte. »In der Mülltonne in der Garage. Sie wurden bereits auf Fingerabdrücke überprüft.« Jemand rief nach ihm, und er ging davon. Ein paar Männer standen im Garten und untersuchten die Fenster auf Einbruchspuren. Falls sich der Täter durch eines davon Zugang verschafft hatte, waren die Aussichten auf Spuren in der Erde schlecht. In der Gegend hatte es tagelang nicht geregnet, wie sie bereits auf dem Weg nach Savannah anhand des Online-Wetterberichts herausgefunden hatte.
Da kam ihr eine Idee. Sie kehrte zur Haustür zurück, streifte die Überschuhe ab und ging hinaus. Die Veranda war eine kleine zementierte Fläche mit zwei Pfeilern, die das Dach stützten. Zwischen Veranda und Einfahrt standen dicht an dicht sorgfältig gepflegte, üppig blühende Hortensienbüsche.
Sie ging hinüber und musterte die Büsche. Sie waren etwa anderthalb Meter hoch und lieferten damit eine gute Deckung für jemanden, der sich hinter ihnen verbarg und nur darauf wartete, in die Garage huschen zu können, sowie das Tor aufging und die Besitzerin mit ihrem Wagen herausfuhr. Wenn er schnell war und in der Hocke blieb, hatte sich das Tor bereits wieder herabgesenkt, ehe Barbara Billings ihn über das Heck ihres Wagens sehen konnte. Der Wagen
selbst hätte ihm Sichtschutz gegeben, während er sich in eine Garagenecke duckte, bis sich das Tor geschlossen hatte und er in Sicherheit war.
Abbie musterte die Umgebung der Büsche, doch auf dem Splitt in den Beeten würden sich keine Fußspuren finden.
Barbara Billings hatte angegeben, sie habe die Tür zwischen Haus und Garage unverschlossen gelassen. Sie war nicht die Einzige, die sich durch ein elektrisch betriebenes Tor in falscher Sicherheit wiegte. Abbie betrat die Garage. Es gab keine anderen Türen nach draußen und nur ein einziges Fenster, das für einen Erwachsenen zu klein war.
Sie spähte durchs Wagenfenster in das dort geparkte rote Sebring-Cabrio und sah einen Türöffner an der Sonnenblende klemmen. Rasch kehrte sie zur Haustür zurück, um erneut Überschuhe anzuziehen, ehe sie im Haus die Tür zur Garage ansteuerte. Barbaras Schlüssel lagen noch auf dem Tischchen im Flur, gleich neben einem zweiten elektrischen Türöffner.
Sie machte sich auf die Suche nach Robel und fand ihn in der Küche, wo er mit dem Handy telefonierte. Soweit sie es anhand seiner Äußerungen beurteilen konnte, gab er Informationen an einen Vorgesetzten weiter. Sie wartete, bis er geendet
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