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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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noch ein paar weitere Notizen, ehe sie den Stift beiseitelegte und sich dem ersten Stapel zuwandte, in dem es um die Vergewaltigung und Folterung von Ashley Hornby ging. Nachdem sie die Lampe zurechtgerückt hatte, um optimale Beleuchtung zu haben, begann sie zu lesen.
    Erst kurz vor Mitternacht lehnte sie sich zurück und rieb sich die Augen. Ein Blick auf die Wanduhr ließ sie aufstöhnen. Normalerweise stand sie um sechs Uhr morgens auf, um vor der Arbeit noch zu trainieren. Doch sie kannte sich
gut genug, um zu wissen, dass sie am nächsten Tag mehrmals die Snooze-Taste drücken würde, ehe sie aus dem Bett käme. Im Grunde war sie alles andere als eine geborene Frühaufsteherin.
    Sie sortierte die Unterlagen ordentlich wieder in die Mappe ein, damit sie sie am nächsten Tag zurückgeben konnte, ehe sie sich bettfertig machte. Ihre Gedanken kreisten nach wie vor um den Fall. Sie wollte Kopien von sämtlichen Unterlagen aus der Mappe für sich haben; darum würde sie Robel morgen bitten. Auch bräuchte sie noch mehrere Abende wie diesen, um sich einen soliden Eindruck von den Hintergründen zu verschaffen. Doch sie konnte es kaum erwarten, ein Raster der Opfer anzulegen, ein Verfahren, das sie immer anwandte, um Überschneidungen in der Opferstruktur zu erkennen. Sie machte die Lampe am Nachttisch an und tappte noch einmal zurück, um das Deckenlicht auszuschalten, ehe sie sich ins Bett legte.
    Schon vor langer Zeit hatte sie gelernt, ihre Gedanken abzuschalten und den Schlaf kommen zu lassen, und heute Abend beschleunigte ihre Erschöpfung den Prozess. Binnen weniger Minuten war sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf gesunken.
     
     
    Sie erwachte in völliger Finsternis. Undurchdringlich. Erstickend. Orientierungslos schlug sie die Augen auf, ehe sie im Bett in die Höhe schoss und nach der Nachttischlampe tastete. Zwei hastige Klicks verrieten ihr, was ihr schlaftrunkener Verstand bereits begriffen haben sollte. Die Lampe funktionierte nicht. Wahrscheinlich war die Birne kaputt.
    Mit eingeschnürter Lunge holte sie tief Luft und kämpfte gegen die alten Geister an, die sie zu überfallen drohten.
    Ganz allein im Dunkeln, kleines Mädchen?
    Das perfide Flüstern schlängelte sich durch ihren Kopf
und hinterließ eine eisige Spur. Sie verließ das Bett und stolperte durchs Zimmer in Richtung Lichtschalter.
    In ihrer Eile stieß sie mit dem Knie gegen die Kommode und wäre fast gefallen. Die Schatten im Raum schienen immer näher zu kommen und sie zu bedrängen.
    Du brauchst nicht allein zu bleiben. Mach die Tür auf und lass mich rein.
    Ihr Atem ging stoßweise, und ihr Puls jagte dahin wie eine Lokomotive. Obwohl sie spürte, dass sie sich bewegte, schien die Distanz nicht abzunehmen. Sie streckte die Hand aus, doch als ihre Finger den Schalter berührten, rutschten sie ab. Fluchend warf sie sich gegen die Wand und schlug mit der offenen Hand blind nach dem Schalter. Endlich hatte sie ihn unter den Fingern, drückte ihn und tauchte das Zimmer in helles Licht.
    Ihre Knie wurden weich, und sie sank erleichtert zu Boden. Mit einem Zipfel ihres Nachthemds wischte sie sich den kalten Schweiß aus dem Gesicht und wartete darauf, dass ihr Puls sich beruhigte.
    Ganz allein im Dunkeln, kleines Mädchen?
    Mit der Kraft langjähriger Übung schlug sie das Echo dieser Stimme und die damit verbundenen düsteren Erinnerungen in die Flucht. Sie war kein kleines Mädchen mehr. Sie war nicht hilflos.
    Und fast schon länger, als sie denken konnte, wusste sie dafür zu sorgen, dass sie nie wieder schutzlos der Dunkelheit ausgeliefert sein würde.

4. Kapitel
    Die Frau auf dem Bildschirm wehrte sich nur noch schwach, die Augen vor Furcht geweitet. Aus den Schnittwunden an den Brüsten rann ihr Blut über den Bauch. Nach einem Klick ertönten ihre gellenden Schreie, zwar gedämpft, doch immer noch schrill genug, um die Erregung zu steigern. Ein Widerhall des ersten Machtrauschs.
    Barbara Billings hatte sich als guter Fang erwiesen. Mit einer winzigen Ausnahme war bei ihr alles wie geplant verlaufen. Vielleicht war sie bislang sogar die Befriedigendste gewesen.
    Aber nicht die Letzte. Die Fotos auf dem Anschlagbrett über dem Computer zeigten eine Reihe weiterer, ebenso lohnender Frauen. Die Auswahl durfte nicht überstürzt werden, denn Vorfreude machte einen Teil des Kitzels aus. Der vertraute Drang war nicht gestillt, das nie, sondern köchelte jetzt vor sich hin, ohne aufzuwallen und nach Befriedigung zu verlangen. Es war genug

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