Seelenmoerder
sah er immer aus, als hätte
er zu lange in der Sonne gesessen, und das glatt nach hinten frisierte Haar mitsamt dem billigen Sportsakko ließ ihn eher wie einen Gebrauchtwagenhändler wirken als wie einen Cop.
»Tut mir leid, Nick.« Die Tür ging erneut auf, während sie sprach. »Ich wusste nichts von deinem Unfall.«
McElroy sah zuerst die anderen an und dann wieder sie. »Was soll das?«
»Na, der Unfall, bei dem du dir das Bein gebrochen hast. Weshalb du dir jetzt nicht selbst Kaffee holen kannst.«
Die anderen Detectives lachten, doch McElroys Miene verdüsterte sich. »Wenn du mein Bein sehen willst, Herzchen, das lässt sich arrangieren.«
»Sehr verlockend, aber ich verzichte.«
»Wenn du Kaffee willst, McElroy, besorg dir welchen, wenn wir hier fertig sind. Ich möchte jetzt anfangen.« Als Abbie aufsah, stand Ryne an dem Tisch an der Vorderseite des Raums. Ein Mann um die fünfzig in einem zerknitterten Anzug setzte sich auf einen Stuhl neben ihn. Sein Gesicht war voller Sommersprossen, und seine roten Haare standen in kleinen schütteren Büscheln vom Kopf ab. Das musste Captain Brown sein, Rynes unmittelbarer Vorgesetzter in diesem Fall. Dixon hatte ihn erwähnt, nicht ohne zu betonen, dass er selbst die Ermittlungen überwachen werde.
Ryne ließ den Blick über die Anwesenden schweifen und hielt einen Moment bei Abbie inne. Er sah aus, als hätte er auch nicht besser geschlafen als sie, dies allerdings gewiss aus anderen Gründen.
»Phillips, möchten Sie die anderen darüber ins Bild setzen, was das Klinkenputzen gestern Abend erbracht hat?«
Abbie erhob sich und musterte die anderen Detectives. »Die Nachbarn südlich vom Haus der Billings, ein Paar Mitte sechzig, sind auf Verwandtenbesuch in Montana.
Auf der anderen Seite wohnt ein geschiedener Mann namens Kevin Williams. Er ist Maschinenschlosser und arbeitet Spätschicht. Er hat gesagt, er war in der Arbeit, und das hat sich bestätigt. Die Kollegen werden heute noch die Nachbarn aufsuchen, die gestern nicht mehr befragt werden konnten. Bis jetzt hat niemand etwas Verdächtiges gesehen außer Ethel Krebbs, die zwei Blocks südlich von Barbara Billings wohnt.«
»Lasst mich raten«, knurrte McElroy. »Ethel Krebbs hat alles durch ihr Panoramafenster verfolgt.«
»Nein, aber sie hat bei der Polizei angerufen und sich über einen älteren Geländewagen beschwert, der vor ihrem Haus geparkt hat. Sie hat Gäste erwartet und wollte, dass er abgeschleppt wird. Niemand hat sich darum gekümmert.« Abbie zuckte die Achseln. »Es war nicht auf Privatgrund, also hat man den Anruf vermutlich als unwichtig eingestuft. Als ihre Gäste um neun Uhr abends gingen, war der Wagen weg. Aber sie hat sich dermaßen geärgert, dass sie sich die Nummer notiert hat.« Gespannte Stille legte sich über den Raum. »Wir haben die Nummernschilder überprüft. Sie wurden eine Woche zuvor von einem Neunundneunziger Chevy Impala gestohlen.«
Cantrell meldete sich zu Wort. »Wusste sie Marke und Modell?«
Abbie nickte und warf Ryne einen fragenden Blick zu. Er nahm einen Stapel Blätter, die er mitgebracht hatte, ging zu Cantrell hinüber und drückte sie ihm in die Hand. »Wir haben sowohl Zulassungen für ältere Broncos überprüft als auch sämtliche in den letzten zwei Wochen gestohlen gemeldete Fahrzeuge. Wayne, du und McElroy könnt die hier durcharbeiten. Mal sehen, was ihr herausfindet. Isaac, du kümmerst dich um den Hundezwinger – wer der Hersteller ist, wer die Dinger hier in der Gegend vertreibt, wie viele
sie verkauft haben und ob sie Unterlagen darüber haben … du kennst ja die Leier.«
Holmes’ Miene ähnelte gleich noch mehr der eines geprügelten Hundes. »Eine Stecknadel im Heuhaufen«, knurrte er.
»Genau. Aber das ist der Heuhaufen, in dem wir heute herumstochern.«
»Und was ist mit Tinkerbell?« Elroy warf Abbie einen verächtlichen Blick zu. »Was macht sie? Kaffee holt sie jedenfalls schon mal nicht.«
Rynes Miene wurde ausdruckslos. »Ms Phillips wird ein Profil des Vergewaltigers erstellen.«
Auf einmal hing knisternde Spannung in der Luft. Isaac Holmes sah Abbie an. »Von welchem Revier sind Sie noch mal, Phillips?«
Abbie wollte gerade antworten, doch Robel kam ihr zuvor. »Sie ist freie Beraterin. Commander Dixon hat beschlossen, eine Agentur von außen hinzuzuziehen, Raiker Forensics. Vielleicht habt ihr schon davon gehört.« Rynes Stimme barg keinen Hauch von Emotion. In Abbies Ohren klang sein leidenschaftsloser Tonfall so
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