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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
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schwante Übles, als er die Stimme erkannte. Es war nicht Dixon, sondern dessen Frau. »SueAnne. Ist irgendwas?«
    »Nein. Na ja, Holly ist krank, und ihr Fieber macht mir langsam Angst. Derek hat gesagt, Sie hätten heute Abend eine Besprechung, aber ich konnte ihn nicht erreichen. Da dachte ich, Sie wären vielleicht in seiner Nähe. Und ich würde ihn so ans Telefon bekommen.«
    Sie sprach hastig zu Ende, und Ryne spürte, wie sich ein Bleigewicht in seinen Magen senkte. Er hatte SueAnne, eine hübsche Blondine mit dem Charme der alten Südstaaten, schon immer gemocht und sich gefragt, was zum Teufel sie an dem verlogenen Frauenhelden fand, den sie geheiratet hatte. Demselben verlogenen Typen, der ihn und diesen Fall heute Abend als Alibi benutzt hatte.
    »Tut mir leid, ich bin zu Hause. Aber wenn Sie Holly ins Krankenhaus bringen wollen, kann ich gerne rüberkommen und auf Hillary aufpassen, bis Derek nach Hause kommt.«
    »Ach, ich möchte Ihnen keine Umstände machen. Wahrscheinlich zerbreche ich mir nur unnötig den Kopf. Aber ich würde Derek gern Bescheid sagen. Wenn ich nur wüsste, wann er kommt.«

    In diesem Moment begriff Ryne, dass Holly Dixon nicht annähernd so krank war, wie ihre Mutter behauptete. Und obwohl er nicht vorhatte, für ihren charakterlosen Ehemann zu lügen, wollte er doch ebenso wenig derjenige sein, der das brüchige Vertrauen zerstörte, das sie womöglich noch zu ihrem Mann hatte. »Er kommt bestimmt bald. Aber mein Angebot ist ernst gemeint, SueAnne. Ich kann in zwanzig Minuten da sein, wenn Sie mich brauchen. Ich bin zwar kein Experte im Babysitten von Vierjährigen, aber solange sie schläft, kann mir Hillary ja wohl nicht viel Ärger machen.«
    »Sie würden sich wundern.« Seine Worte hatten irgendwie die Anspannung von ihr genommen, doch er wusste nicht, ob er sich freuen oder schämen sollte. »Ich warte einfach, bis er kommt. Sie haben wahrscheinlich recht, und Derek ist schon unterwegs. Tut mir leid, dass ich Sie belästigt habe, aber wo ich Sie jetzt schon mal am Apparat habe, muss ich Sie doch noch schimpfen, weil Sie alle unsere Barbecue-Einladungen ausgeschlagen haben.« Ihr Tonfall wurde leicht kokett. »Ich glaube, ich habe Sie erst zweimal gesehen, seit Sie hierhergezogen sind.«
    Er stand auf, nahm das Glas, ging damit zur Spüle und kippte es aus. »Sie wissen doch, wie es ist. Ein neuer Job. Massenhaft unaufgeklärte Fälle. Ich schaue in den nächsten Tagen mal vorbei.«
    »Da nehme ich Sie aber beim Wort. Ach, ich glaube, jetzt höre ich Derek.« Sie geriet ins Stocken. »Ich komme mir so dumm vor … also, ich wäre froh, wenn Sie ihm nichts von diesem Anruf sagen würden. Er wirft mir ohnehin schon immer vor, ich würde überreagieren.«
    »Geht klar, SueAnne«, erwiderte er leise. Nachdem sie sich eilig verabschiedet hatte, legte er auf und starrte einen Moment lang das Telefon in seiner Hand an. Er hatte sie nicht direkt angelogen, aber dennoch irregeführt. Ein besserer
Mensch hätte deswegen Schuldgefühle, doch bei seinem bereits überlasteten Gewissen spielte es keine große Rolle mehr.
    Ryne verband das Mobiltelefon mit dem Aufladegerät, ehe er in sein Schlafzimmer ging, wo er wahrscheinlich ohnehin kein Auge zutun würde. Wenn SueAnne Dixon die Lügen glauben wollte, die ihr Mann ihr auftischte, warum sollte er dann ihren Glauben erschüttern? Sie trafen alle ihre Entscheidungen.
    Das Höllische war nur, dass man hinterher mit ihnen leben musste.
     
     
    Der diensthabende Sergeant schickte Abbie zu dem Besprechungsraum, in dem sie die Mitglieder der Sonderkommission auch am Vortag angetroffen hatte. Drinnen saßen die Detectives, die sie bereits kannte, sowie mehrere Uniformierte. Nur Ryne fehlte.
    »Guten Morgen.«
    Die anderen erwiderten ihren Gruß nur durch ein Nicken, abgesehen von McElroy, der von seiner lümmelnden Sitzhaltung aufblickte. »Hey, Tinkerbell. Hol mal Kaffee, ja?«
    Abbie zog eine Braue hoch und setzte sich. »Ich trinke keinen Kaffee.«
    »Das heißt nicht, dass du für uns keinen holen könntest.«
    Sie hatte schon viele Männer wie McElroy getroffen, die ihren Charme einsetzten, falls sie welchen hatten, und ansonsten mit Einschüchterung arbeiteten, um zu bekommen, was sie wollten. Und er konnte etliche Leute einschüchtern. Er war mindestens dreißig Zentimeter größer und fünfzig Kilo schwerer als sie. Seine Statur eines ehemaligen Football-Spielers war zwar weicher geworden, aber nicht füllig. Mit seinem dunklen Teint

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