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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder Kostenlos Bücher Online Lesen
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egal unter welchem Vorwand ihn der Mann auch hierhergelockt hatte.
    Dixon winkte mit einem Finger nach der Bedienung, die sofort reagierte. Ryne hätte beinahe aufgelacht. Frauen hatten schon immer auf Derek reagiert. Und seine Reaktion auf sie war ebenso vorhersagbar. »Bringen Sie mir ein Premium Light vom Fass«, sagte er und schenkte ihr sein Zahnpastalächeln. »Und zwei Fingerbreit Jim Beam für meinen Freund, ohne Eis.«
    »Das will ich nicht.«
    »Bringen Sie’s.« Dixon scheuchte die Frau davon, und Ryne wusste, dass sie seinen Wunsch erfüllen würde. Genauso wie er wusste, dass die Bestellung eine Methode war, ihn zu drangsalieren.
    »Kommst du oft hierher?« Ryne ließ den Blick durch den weitläufigen Raum schweifen. »Bestimmt gefällt es SueAnne.« Mit den dicken Eichensäulen und den hohen Rückenwänden in den Nischen bot das Lokal viel Intimsphäre. Er hätte seinen monatlichen Gehaltsscheck gewettet, dass SueAnne Dixon nicht einmal von seiner Existenz wusste.
    »Werd bloß nicht fies, Ryne.« Derek sprach die Worte ohne Groll aus. »Wir haben beide Entscheidungen getroffen, mit denen andere vielleicht nicht einverstanden sind.«

    Ryne grinste sarkastisch. »Wo wir schon dabei sind, da hab ich noch was, was du auf die Liste setzen kannst. Dass wir mit dem Profil an die Öffentlichkeit gehen wollen, war ein Publicity-Gag, nichts weiter. Es wird unsere Ermittlungen eher behindern als voranbringen.«
    »Das kannst du nicht wissen.« Dixon verstummte, als die Bedienung mit seiner Bestellung wiederkam. Er reichte ihr einen großen Schein, garniert mit einem falschen Lächeln, und entließ sie gnädig, ehe er sich wieder Ryne zuwandte. »Auf jeden Fall war es ein berechenbares Risiko. Wie könnte man Kritik an der Polizei besser begegnen als dadurch, dass wir unsere Kompetenz demonstrieren? Das Profil kommt den Spuren nicht in die Quere, die du momentan verfolgst, aber es verleiht der Fahndung einen modernen, wissenschaftlichen Anstrich. Die Öffentlichkeit wird begeistert sein.«
    Ryne schüttelte den Kopf. Es war sinnlos, mit einem Mann zu streiten, der nur an flotte Sprüche und Imagepflege dachte. Außerdem war es ohnehin zu spät. Der Schaden war bereits angerichtet. »Falls es der Zweck dieses Treffens sein soll, mich von der Redlichkeit deiner Motive zu überzeugen, so nehme ich das zur Kenntnis. Wir müssen uns eben darauf einigen, dass wir uns nicht einig sind.«
    Zum ersten Mal blickte Derek Dixon etwas betreten drein. Er griff nach seinem Bierglas und trank einen großen Schluck, ehe er antwortete. »Nein, ich muss noch etwas anderes mit dir besprechen. Etwas, das deine absolute Diskretion erfordert.«
    Schlagartig argwöhnisch geworden, lehnte sich Ryne zurück. Falls der Mann ihn oder diesen Fall dazu benutzen wollte, seine Frau erneut an der Nase herumzuführen, war es höchste Zeit, ihn zum Teufel zu jagen. »Und das wäre?«
    Dixon trank noch einen Schluck Bier, als müsste er sich
stärken. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass es vielleicht noch ein weiteres Opfer gibt. Eines, das sich noch nicht gemeldet hat. Eines, das nie von deiner Sonderkommission befragt worden ist.«
    Ryne konnte Dixon nur sprachlos anstarren. Ein nicht aktenkundiges Opfer des Serienvergewaltigers? War das denkbar? Natürlich kannte er die Statistik. Man schätzte, dass weniger als vierzig Prozent aller Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffe bei der Polizei angezeigt wurden. Doch angesichts des Medieninteresses an diesem Fall konnte man sich kaum vorstellen, dass ein Opfer schwieg.
    Er schob sein Glas beiseite, verschränkte die Arme auf dem Tisch und lehnte sich vor. »Wer? Wann?«
    »Ihr Name ist Karen Larsen.« Derek griff in die Hosentasche, nahm einen kleinen Zettel heraus und reichte ihn Ryne. Darauf standen der Name und zwei Adressen. »An der ersten Adresse hat sie bis vor sechs Wochen gewohnt, bis ihr Haus ausgebrannt ist. An der zweiten wohnt sie jetzt.«
    Ryne versuchte die Tragweite dieser Enthüllung zu erfassen, doch er schaffte es nicht. »Wie kommst du darauf, dass sie auch ein Opfer war?«
    »Sicher bin ich nicht. Es ist dein Job, ihr auf den Zahn zu fühlen.« Dixon leerte sein Glas und hielt es in die Höhe, um die Bedienung auf sich aufmerksam zu machen. Er schwieg, als sie ihm ein frisches Bier hinstellte, und reichte ihr das Geld, ohne erneut seinen Charme sprühen zu lassen.
    Ryne verfolgte in Gedanken bereits mehrere Möglichkeiten. »Hat sie angegeben, dass sie vergewaltigt worden ist?

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