Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelennoete

Seelennoete

Titel: Seelennoete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
Vom Netzwerk:
sie hier zurück … sie musste mit Abernathy reden.
    Laine kniete sich vor das Metallgitter und zog ein Brötchen zu sich in die Zelle. Es brachte auf Dauer nichts, zu schmollen. Ein leises Geräusch ließ sie aufhorchen. Abernathy räumte im hinteren Teil der Halle irgendwelche Sachen auf.
     „Ich muss dringend mit dir reden“, sagte Laine laut.
    Abernathy seufzte.
    „Nur, wenn es sein muss, Kind. Ich habe zu tun.“
    „Es muss sein. Schon mal drüber nachgedacht, dass meine Eltern die Polizei rufen? Weißt du, was die mit Sam machen, wenn sie ihn hier finden?“
    „Sie finden ihn nicht.“
    „Ich bin natürlich dagegen, dass du Sam hier gefangen hältst, aber auf keinen Fall will ich, dass er in ein staatliches Labor gebracht wird.“
    „Das möchte ich auch nicht. Keine Sorge. Ich habe an alles gedacht.“ Abernathy nahm ein Braunglasfläschchen und hielt es kurz ins Licht.
    „Und wenn doch? Die Polizei ist nicht so blöd, wie man denkt und mein Vater wird auf jeden Fall die Bullen anrufen. Er wird nicht locker lassen, bis sie uns finden. Ich könnte eine Nachricht auf Band sprechen, dass es mir gut geht und dass sie die Polizei aus dem Spiel lassen sollen. Ich kann meinen Eltern nichts von Sam sagen, aber Bill wird es verstehen.“
    Abernathy sah sie skeptisch an.
    „Dein Vater erfährt erst mal gar nicht, dass du weg bist. Da lässt sich dein Undercover-Bill schon was einfallen. Ist ja sonst nicht um Ausreden verlegen, der Junge.“
    „Es geht mir wirklich nur um Sam“, sagte Laine. „Ich könnte es nicht aushalten, wenn er in so einem Labor oder Aquarium wäre … und alle ihn anglotzen.“
    „Das könnte ich auch nicht ertragen“, sagte Abernathy. „Da sind wir ausnahmsweise mal einer Meinung.“
    Aber aus anderen Gründen, dachte Laine grimmig.
    „Also gut“, sagte Abernathy. „Ich denke darüber nach.“ 
    Er räumte weiter und beachtete sie nicht mehr.
    „Was wirst du mit Sam machen?“, fragte Laine weiter. „Wo bringst du ihn hin, wenn ihr hier nicht mehr sein könnt?“
    Abernathy lächelte, ohne aufzusehen.
    „Warum willst du das wissen? Geht es dir denn wirklich um ihn oder nur um dich?“
    „Was hat das mit mir zu tun?“, fragte Laine halb wütend, halb interessiert.
    „Alles. Sam ist etwas Außergewöhnliches. Als du ihn kennengelernt hast, warst du von ihm fasziniert, nicht wahr? Er sieht gut aus, du konntest bei deinen Freundinnen angeben mit ihm. Du hast dir eingebildet, etwas Besonderes zu sein, jemand, dem er vertraut. Und du warst stolz, sein Geheimnis zu kennen. Sam hat sich dir blind anvertraut, aber nur, weil er unsicher, traumatisiert und einsam war und keine anderen Menschen kannte. Das war ein großer Reiz für dich. Der Fischjunge, das faszinierende Fabelwesen, das abhängig von dir ist, auf dich wartet, an deinen Lippen hängt, wenn du redest. Du, die alles überblickende Auserwählte, die sein Schicksal in der Hand hält ... aber das wurde auch mit der Zeit langweilig und Sam taugte nicht für alles. Er hatte kein Auto und konnte dich nicht schick durch die Gegend fahren. Außerdem ist er etwas naiv und unerfahren, im Gegensatz zu Bill, mit dem du ebenfalls vor deinen Freundinnen gut dastehst. Also hast du ihn dir geschnappt und dir Sam nebenbei warmgehalten … und Bill fährt dich zu den Treffen mit Sam und passt auf, dass euch keiner sieht, während du mit den Gefühlen der beiden Jungs spielst, wie du lustig bist.“
    „Du hast doch ne Vollmeise!!“, rief Laine und ärgerte sich, dass er sie so auf die Palme bringen konnte.
    „Schon möglich“, sagte Abernathy gelassen und schloss den Karton sorgfältig. „Aber dass Sam in dich verliebt ist, das weißt du, oder etwa nicht?“
    „So ein Quatsch. Er hat mir selber gesagt, dass es ihm nichts ausmacht, dass ich mit Bill zusammen bin!“
    „Ja, damals war das vielleicht so. Aber er hat Gefühle für dich entwickelt, warum auch immer. Und jetzt leidet er unter deiner Beziehung zu Bill. Und du lässt ihn am ausgestreckten Arm verhungern.“
    „Du hast doch nicht die geringste Ahnung von Sam. In seinem Volk ist das ganz anders als bei uns. Er ist nicht eifersüchtig.“
    „Tja“, sagte Abernathy. „Vielleicht ist er ja menschlicher, als er sich selbst bewusst war. Jedenfalls lasse ich ihn, im Gegensatz zu dir, nicht einfach fallen. Und das wird er bald selbst merken.“ Er nahm den Karton und trug ihn zu einer kleinen Metalltür, hinter der er verschwand.
    Laine sah ihm betroffen nach.
     
     
    Jemand

Weitere Kostenlose Bücher