Seelennoete
verstehe ich … oh sieh mal, da sind die Angestellten, die im Aquarium arbeiten!“
Eine Gruppe junger Männer lief durchs Bild, die alle grüne Overalls trugen.
Sam gab einen erstickten Laut von sich.
„Das ist Bill!“, rief er aufgeregt.
„Oh … tatsächlich … ach richtig, Bill arbeitet ja auch im Aquarium. Hat er das nie erwähnt?“ Abernathy musste sich schwer am Riemen reißen, um nicht zu grinsen.
Sam sank kreidebleich in den Sessel zurück. Er bedeckte das Gesicht mit einer Hand und sirrte leise.
Abernathy ließ den Schmerz ein paar Sekunden arbeiten.
„Enttäuscht zu werden gehört zum Menschsein dazu“, sagte er dann unbarmherzig und stand auf.
„Ich gehe jetzt wieder in die Halle, ich hab noch was zu tun.“
Sam schluchzte auf. Abernathy öffnete schwungvoll die Tür und machte Anstalten, den Raum zu verlassen.
„Bitte“, sagte Sam und seine Stimme zitterte.
Jackpot, dachte Abernathy. Er blieb stehen und tat überrascht, als er sich umdrehte.
„Was denn, mein lieber Junge?“
„Ich will nicht allein sein. Ich kann das nicht aushalten. Bitte, geh nicht“, schluchzte Sam.
„Wenn du es willst, bleibe ich natürlich hier. Die Arbeit kann warten“, sagte Abernathy sanft.
Er ging zu seinem Sessel zurück und setzte sich neben Sam, dessen Kopf auf die Armlehne gesunken war. Und während Sam vor sich hin weinte, strich Abernathy ihm über das Haar und hielt seine Hand.
„Verfluchter Mist! Ich bin so ein Vollidiot!“ Bill stand neben seinem Wagen und hielt einen Peilsender in der Hand.
„Er hat drauf gesetzt, dass ich mein Auto in der Panik nicht kontrolliere, wie sonst. Er hatte mich die ganze Zeit auf dem
Schirm. Jetzt kennt er Sams Bucht … alles! Jetzt weiß er auch, dass ich gerade zu Hause bin. Und er hat mich kommen sehen, als ich auf dem Weg war, Sam abzuliefern.“
George legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Das wäre wohl jedem so ergangen in der Situation.“
„Das ist keine Entschuldigung“, sagte Bill.
„Komm, lass uns ins Haus gehen und überlegen, was wir als Nächstes tun. Bring den Sender am besten wieder an. Er muss jetzt noch nicht wissen, dass wir ihn gefunden haben.“
Eine Tür fiel geräuschvoll ins Schloss und Laine kam zurück in ihr Zimmer gesaust. Sie hatte das Bad zum zehnten Mal erfolglos auf verwendbare Ausbruchswerkzeuge untersucht. Sie sah Sam mit Abernathy durch die Halle gehen. Sam hielt den Blick gesenkt. Was hatte dieser Kerl schon wieder mit ihm angestellt?
„Hey, Sam“, rief sie. „Alles klar?“
Sam sah nicht auf. Abernathy legte den Arm um Sams Schultern.
„Du kannst gerne zu ihr gehen, wenn du möchtest. Hab ich euch ja versprochen“, sagte Abernathy. Sam schüttelte kaum merklich den Kopf.
„Schon gut, du musst ja nicht. Komm, ich mach dir was zu essen und kümmere mich ein wenig um dich. Möchtest du das?“
Sam nickte. Abernathy nahm einen kleinen Kasten aus der Tasche und legte ihn vor das Gitter.
„Ich habe deinen Vorschlag erwogen und die Vorteile sind unübersehbar. Sprich hier deine Nachricht an Bill drauf. Ich hole es mir später wieder ab. Aber keinen Unfug anstellen.“ Er zwinkerte ihr zu und nahm Sam mit sich.
Laine sah ihnen nach, bis sie außer Sicht waren. Dann griff sie durch das Gitter und zog das Diktiergerät zu sich. Sie hatte sich einen Plan zurechtgelegt, wie sie die Nachricht an Bill nutzen konnte, um ihm einen Hinweis zu geben, wo sie waren. Das war nicht einfach und sie war nicht sicher, ob Bill das verstehen würde. Mit Sicherheit würde Abernathy nichts durchgehen lassen, was sich im Entferntesten nach einer verschlüsselten Nachricht anhörte. Rasch griff sie nach ihrem Rucksack und suchte Zettel und Stift. Sie machte sich ein paar Notizen. Dann ging sie ins Bad, um das Duschgel zu holen.
Abernathy gab Mehl in eine Glasschüssel und begann zu rühren. Sam saß an dem kleinen Tisch auf einem Stuhl und beobachtete ihn.
„Wofür ist das?“, fragte Sam.
„So kann man Essen herstellen“, erklärte Abernathy. „Das haben Bill und Laine dir nie gezeigt, was? Essen gibt es nicht fertig, man muss es erst kochen. Die beiden haben dir immer nur was gekauft, hab ich recht?“
„Ich weiß nicht. Das Essen war in einer Tüte“, sagte Sam.
„Sag ich doch.“ Abernathy lächelte Sam zu, der jede seiner Handbewegungen verfolgte.
Das ist surreal, dachte Abernathy. Da stehe ich an meinem Zweiplattenkocher und mache Pfannenkuchen für das seltenste Lebewesen der
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