Seelennoete
schneller.
schrieb Abernathy. Das stimmte zwar nicht, aber Abernathy sorgte schon mal vor, für später. Er würde sich selbst als einzige Bezugsperson für Sam präsentieren, sobald C.C. ins Spiel kam. Das war seine Versicherung, um nicht einfach vom Spielfeld gewischt zu werden wie ein Plastikhütchen.
C: kannst du in absehbarer Zeit Blut- oder Gewebeproben schicken
A: gib mir noch einen Tag
Abernathy sah, dass Sam sich in seinem Becken aufrichtete.
A: ich muss Schluss machen, er wacht auf
tippte er schnell, als Sam zur Beckenwand schwamm und ihn durch die Scheibe ansah.
C: OK, dann schmeiß dich mal ran
Abernathy schloss den Chat und lächelte Sam zu. Dann erhob er sich und stieg die Stufen zur Plattform hinauf. Sam glitt zur Oberfläche.
„Na, mein Junge, was ist denn?“
„Ich kann nicht schlafen“, sagte Sam. „Ich muss immer daran denken.“
„Ich verstehe“, meinte Abernathy.
„Meinst du, dass Laine mich am Anfang richtig gern hatte? Es kam mir so vor … ich verstehe nicht, warum das jetzt nicht mehr so ist.“ Sam stützte die Arme auf die Plattform und sah zu Abernathy auf, der sich neben ihm niederließ.
„Tja mein Junge, die Liebe geht oft die merkwürdigsten Wege. Und sehr oft tut sie weh. Sehr weh sogar.“
Sam sah zu Laine hinüber, die sich auf dem Sofa zusammengerollt hatte.
„Das Wichtigste ist, dass du weißt, dass dieses Gefühl wieder vergeht“, sagte Abernathy freundlich. „Es geht vorbei. Irgendwann hört es auf.“
„Das kann ich mir gar nicht vorstellen“, meinte Sam traurig. Abernathy strich ihm über den Kopf.
„Doch, glaub mir, es hört wieder auf. Ich weiß es. Und weißt du, was am besten hilft?“
Sam schüttelte den Kopf.
„Abstand nehmen. Sie nicht sehen, nicht mehr besuchen. Dann heilt es am schnellsten.“
„Das geht nicht“, sagte Sam. „Ich sehe sie doch jede Woche.“
Abernathy frohlockte innerlich. Das lief ja wunderbar.
„Hm … ich hätte da eine Idee, die dir helfen könnte. Ich weiß nicht, ob das was für dich wäre.“
„Was denn?“ Sam sah unter seinem blonden Haarschopf zu ihm hoch und Abernathy ließ ein paar Sekunden verstreichen, um die Spannung zu steigern.
„Ach, weißt du … vielleicht geht es doch nicht“, sagte er dann mit deutlichem Bedauern in der Stimme.
„Du hast ja meine Freundschaft nicht akzeptiert … also wirst du auch meinen Vorschlag nicht annehmen.“
Mit diesen Worten stand Abernathy auf.
„Wo gehst du hin?“, fragte Sam und Abernathy hörte einen Unterton von Angst in Sams Stimme, der ihm sehr gefiel.
„Ich habe noch was zu tun, das sich nicht aufschieben lässt. Tut mir leid, Sam. Vielleicht ein anderes Mal, okay? Nicht böse sein.“
„Nein! Bitte geh nicht. Ich will den Vorschlag noch hören!“, rief Sam ihm nach.
„Ich sagte später . Ich habe jetzt keine Zeit.“ Abernathy ging die Stufen hinunter und ließ Sam allein zurück.
„Ich brauch noch nen Kaffee“, sagte Bill und griff nach der Kanne, während George sich durch eine Internetseite scrollte.
„Das bringt so nichts. Wir müssen anders vorgehen. Also … sie macht keinerlei Ortsangaben und man kann auch keine Nachrichten aus den Anfangsbuchstaben der Wörter bilden, es gibt keine Hintergrundgeräusche … das bringt doch nichts. Wir sitzen schon einen ganzen Tag da dran.“
Bill ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen.
„Vielleicht sind wir ja völlig auf dem Holzweg. Sicher ist jedenfalls, dass Laine so nie weinen würde, also macht sie das extra, um uns was zu sagen.“
„Ja, aber wir haben doch schon alles durch, wir haben die Schluchzer gezählt und die Sekunden bis zum nächsten Schluchzer …“ George schüttelte den Kopf und nahm das Blatt mit seinen Notizen in die Hand. Bill drückte zum gefühlt tausendsten Mal auf den Play-Knopf. Laines Schluchzen war eine Mischung aus kurzen Schluckgeräuschen und längeren weinerlichen Seufzern.
George erschrak, als Bill ihn plötzlich fest am Arm packte.
„George … ich glaub, ich hab’s! Hier! Hör dir das an! Kurzes Schlucken, Schlucken, Pause, Seufzer, Schlucken, Pause … ich glaube, sie morst!“
„Ach, du Scheiße!!“, schrie George. „Junge, du bist genial, einfach genial!! Das war so naheliegend, dass wir nicht drauf gekommen sind, Wahnsinn!“
Bill fühlte, wie sein Gesicht ganz heiß wurde vor Aufregung.
„Jetzt finden wir sie, Mann, wir finden sie!“
Das Bild auf dem Monitor wechselte von Laines
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